Blumenthal: Herr Mrasek, im Mittelpunkt steht Perlwein, ein Getränk, das sich hierzulande sowohl bei Konsumenten als auch bei Produzenten zunehmender Beliebtheit erfreut, allerdings auch anderweitig von sich reden macht.
Mrasek: Ja, und zwar durch unzulässig viel Kohlensäure. Perlwein ist ja wie Sekt ein kohlensäurehaltiges Getränk. Es gab in Kaiserslautern [auf dem Deutschen Lebensmittelchemikertag Anfang September, d. Red.] ein wissenschaftliches Poster. Der erste Autor dieses Posters ist Mitarbeiter des Chemischen und Veterinäramtlichen Untersuchungsinstitutes Freiburg, das ist eine staatliche Fachbehörde, die die Analysen für die öffentliche Lebensmittelüberwachung durchführt. Und berichtet wurde von Untersuchungen an Perlwein im vergangenen Jahr, also 2007, und eine sehr, sehr hohen Beanstandungsquote. Ungefähr ein Sechstel der Produkte waren nicht mehr verkehrsfähig, weil sie zu viel Kohlensäure enthielten und damit einen zu hohen Überdruck aufwiesen. Der Grenzwert für Perlwein liegt bei 2,5 bar, bei 3 bar fängt schon Schaumwein an, also Sekt an, und die in Freiburg beanstandeten Proben hatten bis zu 4 bar. Dabei muss man sagen, dass Freiburg nicht das einzige staatliche Labor ist, das Perlwein überprüft hat. Noch viel aktiver war das Institut für Lebensmittelchemie und Arzneimittelprüfung in Mainz, so heißt das, das zählt zum Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz, dort sind in 2007 440 Proben deutscher Hersteller negativ aufgefallen, von über 800 untersuchten, das heißt, man kommt da auf eine Beanstandungsquote, die noch viel höher ist, und zwar über 50 Prozent beträgt. Das ist eine enorme Zahl, auch in 2008, also in diesem Jahr, gibt es noch Beanstandungen. Wobei man sagen muss, es geht oft um Produkte, bei denen "secco" auf dem Etikett steht, nicht umsonst. Der Verbraucher assoziiert damit Prosecco, also dieses italienische Modegetränk, und vermutlich ist dann so eine Bezeichnung "secco" verkaufsfördernd.
Blumenthal: Und wo liegen die Ursachen für diese Grenzwertüberschreitungen?
Mrasek: Das kann einmal technische Gründe haben. Wenn ein Winzer einen Perlwein anbieten will, dann bringt er seinen Tafel- oder Qualitätswein in der Regel in eine Kellerei, oder zu einem Lohnabfüller, der ihn im Auftrag verperlt, so nennt man das. Und dieser Verperler, der setzt dem Wein dann Kohlendioxid zu, oder er lässt ihn solange gären, bis genügend Kohlensäure im Getränk entstanden ist. Auf jeden Fall muss er dabei aber dem gesetzlichen Grenzwert einhalten. Da sprachen wir drüber, 2,5 bar. Und es gibt auch geeignete Kontrollinstrumente, die nennen sich Afrometer, die haben eine Nadel zum Durchstechen des Korkens und einem Druckmesser, aber es ist wohl schon einmal so, dass diese Geräte nicht richtig gewartet werden und deshalb keine korrekte Druckanzeige liefern. Das kann ein Grund für Grenzwertüberschreitungen sein. In Rheinland-Pfalz hat man allerdings eine andere Erfahrung gemacht, das kann man in einen Jahresbericht des Landesuntersuchungsamtes nachlesen, da heißt es wörtlich:
"in vielen Fällen hat man auf diese Prüfung ganz bewusst verzichtet."
Und in demselben Jahresbericht steht auch, was der Hauptgrund für die Grenzwertüberschreitung sein könnte:
"Ursache kann eine bewusste Überdosierung von Kohlendioxid sein, um einen Schaumweincharakter zu erzielen, ohne die entsprechende Steuer zu zahlen."
Es ist nämlich so: es gibt eine Sekt-, aber keine Perlweinsteuer in Deutschland. Wer Sekt anbietet, der muss einen Euro und genau zwei Cent pro Flasche an den Staat abführen. Wer Perlwein auf den Markt bringt, muss das nicht. Das heißt, es liegt ja auch ein Steuervergehen vor, wenn Perlwein halt mehr als drei bar Überdruck hat. Denn dann handelt es sich eigentlich um Schaumwein und für den ist eine Sektsteuer fällig. Klar ist jedenfalls, Perlwein ist ja eigentlich ein Getränk, das eigentlich nur schwach moussiert, wie man sagt, uns gefragt beim Verbraucher sind eher stark perlende, Sekt ähnliche Perlwein. Und das bestätigen auch die Aussagen von Anbietern
Blumenthal: Hat das denn dann auch schon straf- oder steuerrechtliche Konsequenzen gehabt?
Mrasek: Ja, die hatte es. Und zwar ziemlich weit reichende. Allerdings nicht gegen die Winzer, sondern gegen die Verperler in Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Das ist auch ein großes Weinbauland, das größte in Deutschland. In Bad Kreuznach, da gibt es eine Staatsanwaltschaft, die sich schwerpunktmäßig mit Weindelikten beschäftigt. Und auf Anfrage hat sie Auskunft gegeben über die Zahl der behandelten Fälle, wegen zu hoher Drücke im Perlwein. Und demnach hat es seit 2004 rund 130 Verfahren gegen Winzerbetriebe und gut ein Dutzend gegen Verperler gegeben. Mehr als 100 seien abgeschlossen, der Rest laufe noch. Und laut der Staatsanwaltschaft ging oder geht es in einzelnen Fällen um mehrere 1000 Flaschen Perlwein. Und die Steuernachzahlungen beliefen sich zum Teil auf über 20.000 €. In einem Fall gab es sogar eine Bewährungsstrafe. Das sind alles Angaben der Bad Kreuznacher Staatsanwaltschaft. Wobei man zum Schluss noch ergänzen kann, auch andere Staatsanwaltschaften in anderen Bundesländern haben Verfahren eingeleitet. Das ist aber ziemlich schwierig, di Fälle nachzuverfolgen. Niemand führt da eine Statistik speziell zu diesem Steuerdelikt "Perlwein, der in Wahrheit Sekt ist".
Mrasek: Ja, und zwar durch unzulässig viel Kohlensäure. Perlwein ist ja wie Sekt ein kohlensäurehaltiges Getränk. Es gab in Kaiserslautern [auf dem Deutschen Lebensmittelchemikertag Anfang September, d. Red.] ein wissenschaftliches Poster. Der erste Autor dieses Posters ist Mitarbeiter des Chemischen und Veterinäramtlichen Untersuchungsinstitutes Freiburg, das ist eine staatliche Fachbehörde, die die Analysen für die öffentliche Lebensmittelüberwachung durchführt. Und berichtet wurde von Untersuchungen an Perlwein im vergangenen Jahr, also 2007, und eine sehr, sehr hohen Beanstandungsquote. Ungefähr ein Sechstel der Produkte waren nicht mehr verkehrsfähig, weil sie zu viel Kohlensäure enthielten und damit einen zu hohen Überdruck aufwiesen. Der Grenzwert für Perlwein liegt bei 2,5 bar, bei 3 bar fängt schon Schaumwein an, also Sekt an, und die in Freiburg beanstandeten Proben hatten bis zu 4 bar. Dabei muss man sagen, dass Freiburg nicht das einzige staatliche Labor ist, das Perlwein überprüft hat. Noch viel aktiver war das Institut für Lebensmittelchemie und Arzneimittelprüfung in Mainz, so heißt das, das zählt zum Landesuntersuchungsamt Rheinland-Pfalz, dort sind in 2007 440 Proben deutscher Hersteller negativ aufgefallen, von über 800 untersuchten, das heißt, man kommt da auf eine Beanstandungsquote, die noch viel höher ist, und zwar über 50 Prozent beträgt. Das ist eine enorme Zahl, auch in 2008, also in diesem Jahr, gibt es noch Beanstandungen. Wobei man sagen muss, es geht oft um Produkte, bei denen "secco" auf dem Etikett steht, nicht umsonst. Der Verbraucher assoziiert damit Prosecco, also dieses italienische Modegetränk, und vermutlich ist dann so eine Bezeichnung "secco" verkaufsfördernd.
Blumenthal: Und wo liegen die Ursachen für diese Grenzwertüberschreitungen?
Mrasek: Das kann einmal technische Gründe haben. Wenn ein Winzer einen Perlwein anbieten will, dann bringt er seinen Tafel- oder Qualitätswein in der Regel in eine Kellerei, oder zu einem Lohnabfüller, der ihn im Auftrag verperlt, so nennt man das. Und dieser Verperler, der setzt dem Wein dann Kohlendioxid zu, oder er lässt ihn solange gären, bis genügend Kohlensäure im Getränk entstanden ist. Auf jeden Fall muss er dabei aber dem gesetzlichen Grenzwert einhalten. Da sprachen wir drüber, 2,5 bar. Und es gibt auch geeignete Kontrollinstrumente, die nennen sich Afrometer, die haben eine Nadel zum Durchstechen des Korkens und einem Druckmesser, aber es ist wohl schon einmal so, dass diese Geräte nicht richtig gewartet werden und deshalb keine korrekte Druckanzeige liefern. Das kann ein Grund für Grenzwertüberschreitungen sein. In Rheinland-Pfalz hat man allerdings eine andere Erfahrung gemacht, das kann man in einen Jahresbericht des Landesuntersuchungsamtes nachlesen, da heißt es wörtlich:
"in vielen Fällen hat man auf diese Prüfung ganz bewusst verzichtet."
Und in demselben Jahresbericht steht auch, was der Hauptgrund für die Grenzwertüberschreitung sein könnte:
"Ursache kann eine bewusste Überdosierung von Kohlendioxid sein, um einen Schaumweincharakter zu erzielen, ohne die entsprechende Steuer zu zahlen."
Es ist nämlich so: es gibt eine Sekt-, aber keine Perlweinsteuer in Deutschland. Wer Sekt anbietet, der muss einen Euro und genau zwei Cent pro Flasche an den Staat abführen. Wer Perlwein auf den Markt bringt, muss das nicht. Das heißt, es liegt ja auch ein Steuervergehen vor, wenn Perlwein halt mehr als drei bar Überdruck hat. Denn dann handelt es sich eigentlich um Schaumwein und für den ist eine Sektsteuer fällig. Klar ist jedenfalls, Perlwein ist ja eigentlich ein Getränk, das eigentlich nur schwach moussiert, wie man sagt, uns gefragt beim Verbraucher sind eher stark perlende, Sekt ähnliche Perlwein. Und das bestätigen auch die Aussagen von Anbietern
Blumenthal: Hat das denn dann auch schon straf- oder steuerrechtliche Konsequenzen gehabt?
Mrasek: Ja, die hatte es. Und zwar ziemlich weit reichende. Allerdings nicht gegen die Winzer, sondern gegen die Verperler in Bad Kreuznach in Rheinland-Pfalz. Das ist auch ein großes Weinbauland, das größte in Deutschland. In Bad Kreuznach, da gibt es eine Staatsanwaltschaft, die sich schwerpunktmäßig mit Weindelikten beschäftigt. Und auf Anfrage hat sie Auskunft gegeben über die Zahl der behandelten Fälle, wegen zu hoher Drücke im Perlwein. Und demnach hat es seit 2004 rund 130 Verfahren gegen Winzerbetriebe und gut ein Dutzend gegen Verperler gegeben. Mehr als 100 seien abgeschlossen, der Rest laufe noch. Und laut der Staatsanwaltschaft ging oder geht es in einzelnen Fällen um mehrere 1000 Flaschen Perlwein. Und die Steuernachzahlungen beliefen sich zum Teil auf über 20.000 €. In einem Fall gab es sogar eine Bewährungsstrafe. Das sind alles Angaben der Bad Kreuznacher Staatsanwaltschaft. Wobei man zum Schluss noch ergänzen kann, auch andere Staatsanwaltschaften in anderen Bundesländern haben Verfahren eingeleitet. Das ist aber ziemlich schwierig, di Fälle nachzuverfolgen. Niemand führt da eine Statistik speziell zu diesem Steuerdelikt "Perlwein, der in Wahrheit Sekt ist".