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Dschungel statt Öl

Ecuador schlägt vor, zugunsten des Natur- und Klimaschutzes auf die Ölforderung im Yasuní-Nationalpark zu verzichten, will sich das aber von der internationalen Gemeinschaft bezahlen lassen. Doch die Initiative ist ins Stocken geraten; unter anderem Deutschlands Entwicklungsminister Dirk Niebel will sich nicht beteiligen.

Von Julio Segador | 23.09.2011
    Werbung für ein Naturparadies. Der Yasuní-Nationalpark in Ecuador ist eine Verpflichtung für den gesamten Planeten, erklärt der Indianer im TV-Spot. Und weil das so ist, gibt es diesen Hinweis gleich in mehreren Sprachen, auch in Deutsch.

    Der fast eine Million Hektar große Nationalpark in Ecuador zählt zu den letzten unberührten Naturparadiesen. Kein anderer Regenwald in Südamerika bietet einen solchen Reichtum an Tierarten, in dem Areal wachsen mehr Baumarten als in ganz Nordamerika. Doch der von der Unesco als Biosphärenreservat ausgezeichnete Nationalpark ist in Gefahr. Unter der Erde schlummert Öl, viel Öl. Fast 900 Millionen Barrel.

    Öl oder Dschungel, auf diese einfache Formel bringt es nun Ecuadors streitbarer Präsident Correa mit seiner Yasuní-Iniitiative. Die Weltgemeinschaft soll etwa 3,6 Milliarden US-Dollar in einen von den Vereinten Nationen verwalteten Treuhandfonds einzahlen, was etwa der Hälfte des Wertes des Öls entspricht.

    Auch Deutschland wollte sich ursprünglich an dem Fonds beteiligen. Der Regierungwechsel in Berlin und die anhaltende Finanzkrise haben aber zu einem Umdenken geführt. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel denkt gar nicht daran, in den Fonds einzuzahlen:

    "Einzahlungen in den Yasuní-Fonds halte ich für ausgeschlossen. Das Instrument ist nicht zielführend, wir können die gleichen Ziele mit unseren gut eingeführten Instrumentarien über den sogenannten REDD-Mechanismus erreichen, dazu sind wir bereit. Das haben wir auch der ecuadorianischen Regierung widergespiegelt."

    REDD steht als Kürzel für die Reduktion von Emissionen durch Entwaldung und Schädigung von Wäldern. Dieses Konzept wurde 2008 ins Leben gerufen, um die CO2-Emissionen durch Waldzerstörung in Entwicklungsländern zu vermindern. Allerdings konnten sich die Staaten bei der Klimakonferenz in Cancún auf die Details von REDD nicht einigen.

    Für Niebel ist das aber allemal besser, als Millionen in einen Fonds einzuzahlen, von dem er nicht überzeugt ist, und den er als Präzedenzfall für andere Staaten fürchtet.

    "Das wär im Prinzip nicht anders, als würden wir in Somalia Piraten dafür finanzieren, das sie keine Schiffe entführen. Wenn man anfängt für 'Unterlassen' zu zahlen, bedeutet das, dass große Gasfelder in den peruanischen Anden auch von uns finanziert werden müssten, obwohl sie gar nicht technisch ausgebeutet werden können. Hier öffnen wir die Büchse der Pandora und dazu bin ich nicht bereit."

    In Ecuador stößt die Haltung Deutschlands und anderer europäischer Staaten auf Unverständnis. Präsident Rafael Correa droht bereits mit Plan B. Das heißt, dass zumindest an einigen Stellen im Yasuní-Nationalpark nach Öl gebohrt wird. Correa reagiert sauer auf die deutsche Ablehnung:

    "Wir haben es satt, dass man uns wie eine Kolonie behandelt, als etwas Minderwertiges. Bei der Yasuní-Initiative ist der größte Beitragszahler das ecuadorianische Volk. Wir bringen das größte Opfer."

    Knapp 200 Millionen US-Dollar sind bisher von einzelnen Staaten eingezahlt worden, etwas mehr als ein Prozent der erhofften Summe. Deutlich weniger als geplant. Ecuadors Naturerbe-Ministerin Maria Fernanda Espinosa will diesen Beitrag aber nicht kleinreden:

    "Ein Prozent der Summe ist gar nicht so schlecht, wenn man sich den Kontext ansieht. Unsere wichtigsten Beitragszahler, die europäischen Länder, stecken schließlich in einer faustdicken Finanzkrise. Man muss das berücksichtigen. Ich lade alle Länder ein, dass sie die Initiative mit Interesse, Optimismus und viel Hoffnung weiter begleiten."

    Bei der laufenden UN-Vollversammlung will Rafael Correa das Thema zusammen mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon noch einmal forcieren. Um an weitere zahlungswillige Yasuní-Unterstützer zu gelangen, haben die UN und Ecuador nun den Kreis erweitert. Anders als bisher sollen künftig nicht nur Nationalstaaten, sondern auch Regionen und Privatpersonen in den Fonds einzahlen können.