Auf dem Second-Hand-Kleidermarkt an der U-Bahnstation Shuliavska, wirkt Kiew wie Paris: viele Schwarze und Araber sind unter den Markthändlern. Martin kam vor 20 Jahren aus Nigeria. Noch zur Gorbatschow-Zeit studierte er Internationales Recht in der Ukraine. Nun verkauft er Sportschuhe auf dem Markt.
"Es ist sehr traurig, dass man in der Ukraine keinen qualifizierten Job als Ausländer findet. Für einen Schwarzen ist es absolut unmöglich. Deshalb tue ich das hier um zu überleben, weil ich eine Familie habe. Ich bin mit einer Ukrainerin verheiratet, wir haben einen 11-jährigen Jungen."
Martin trägt ein weißes Muskelshirt und Goldkette, er ist ein kräftiger Typ Anfang 40. Doch sicher fühlt er sich in Kiew nicht: fünf Morde an Afrikanern und Arabern allein in diesem Jahr verunsichern auch ihn aufs Tiefste.
" Wenn ich nach Hause gehe, habe ich Angst, wenn ich herkomme habe ich Angst, man muss immer sehr vorsichtig sein, du weißt nicht, wer dich angreifen wird."
Ein paar Buden weiter wühlen ein paar ukrainische Frauen in Kisten mit Modeschmuck. Arafat beobachtet sie. Er ist 30 und stammt – wie sein Vorname andeutet – aus Palästina. Vor 10 Jahren kam der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann zum Studium in die Ukraine. Mittlerweile ist er ausgebildeter Zahnarzt, doch auch er muss auf dem Markt arbeiten. 1000 Dollar im Monat verdient er als Manager des Schmuckstandes.
"Ich arbeite hier von acht Uhr morgens bis sieben Uhr abends. Es gibt keine Wochenenden und nur zwei Feiertage: Weihnachten und Ostern. "
Auch Arafat hat Angst. Sein jüngerer Bruder, ebenfalls Medizinstudent in Kiew, wurde Mitte Juni auf offener Straße von zwei Männern überfallen und zu Tode geprügelt. Mit zitternden Händen zieht Arafat einen blauen Schnellhefter mit Fotos aus dem Kassentresen. Auf einem Bild sieht man einen hübschen jungen Mann, die anderen stammen aus dem Leichenschauhaus und zeigen den grausam zugerichteten Kopf seines Bruders.
" Er war auf dem Heimweg nach der Arbeit. Zwei junge Männer sprachen ihn an. Sie gaben sich als Polizisten aus, fragten nach seinen Papieren, und was er hier mache, warum er hier sei. Sie waren betrunken und plötzlich schlugen sie auf ihn ein. Das ist alles, was ich bisher weiß. Er starb an einer offenen Kopfwunde."
Charles Asante-Yeboa kennt den Fall genau. Der Ghanaer ist Präsident des African Center in der Ukraine, das sich als Interessenvertretung der rund 30.000 Afrikaner im Land versteht. Asante-Yeboa wurde selbst im Januar von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen, als er ein Opfer eines rassistischen Übergriffs besuchen wollte. Die Jugendlichen beschimpften ihn erst, dann schlugen sie mit Metallstangen und Fäusten zu. Nur weil plötzlich ein Auto kam, sei er noch am Leben, glaubt Asante-Yeboa. Was er dann erlebte, sei typisch, sagt er:
" Die Polizei hat die Kerle verhaftet, sie haben zugegeben, dass sie mich angegriffen haben, aber nichts ist passiert. Wie die Polizei mir sagte, erlauben es die ukrainischen Gesetze nicht, Minderjährige für mehr als drei Tage festzuhalten, sie haben 11 Täter wieder freigelassen, und auch die anderen vier wurden wieder feigelassen, weil sie Beweise vorgelegt haben, dass sie zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort gewesen sind."
Die Flüchtlingsorganisationen der Vereinten Nationen beobachten die gewaltsamen Übergriffe mit großer Sorge. Die Deutsche Simone Wolken leitet das Länderbüro des UNHCR in der Ukraine:
"Wenn man sieht, welche E-Mails und Telefonanrufe die UN-Flüchtlingsorganisation und viele andere jeden Tag erhalten, dann ist da von großer Angst die Rede. Von Todesangst, von Angst vor die Tür zu gehen, einkaufen zu gehen, zum Arbeitsplatz zu gehen. Und das ist alarmierend, weil das die Lebensgrundlage der Menschen in Frage stellt – und ihre Würde."
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration, IOM, operieren rund 500 Skinheads in Kiew, landesweit sollen es etwa 1000 sein. Seit Mai 2007 hat das ukrainische Innenministerium einen Aktionsplan aufgestellt, um Rassismus und fremdenfeindlicher Gewalt Einhalt zu gebieten. Doch der Regierung fällt es immer noch schwer, die Existenz des Problems anzuerkennen, sagt Simone Wolken.
"Es gibt einen Plan und viele gute Erklärungen, aber es ist schwierig bisher zu sehen, dass das einen Unterschied gemacht hat in dem Leben von Ausländern hier in der Ukraine."
"Es ist sehr traurig, dass man in der Ukraine keinen qualifizierten Job als Ausländer findet. Für einen Schwarzen ist es absolut unmöglich. Deshalb tue ich das hier um zu überleben, weil ich eine Familie habe. Ich bin mit einer Ukrainerin verheiratet, wir haben einen 11-jährigen Jungen."
Martin trägt ein weißes Muskelshirt und Goldkette, er ist ein kräftiger Typ Anfang 40. Doch sicher fühlt er sich in Kiew nicht: fünf Morde an Afrikanern und Arabern allein in diesem Jahr verunsichern auch ihn aufs Tiefste.
" Wenn ich nach Hause gehe, habe ich Angst, wenn ich herkomme habe ich Angst, man muss immer sehr vorsichtig sein, du weißt nicht, wer dich angreifen wird."
Ein paar Buden weiter wühlen ein paar ukrainische Frauen in Kisten mit Modeschmuck. Arafat beobachtet sie. Er ist 30 und stammt – wie sein Vorname andeutet – aus Palästina. Vor 10 Jahren kam der hochgewachsene, dunkelhaarige Mann zum Studium in die Ukraine. Mittlerweile ist er ausgebildeter Zahnarzt, doch auch er muss auf dem Markt arbeiten. 1000 Dollar im Monat verdient er als Manager des Schmuckstandes.
"Ich arbeite hier von acht Uhr morgens bis sieben Uhr abends. Es gibt keine Wochenenden und nur zwei Feiertage: Weihnachten und Ostern. "
Auch Arafat hat Angst. Sein jüngerer Bruder, ebenfalls Medizinstudent in Kiew, wurde Mitte Juni auf offener Straße von zwei Männern überfallen und zu Tode geprügelt. Mit zitternden Händen zieht Arafat einen blauen Schnellhefter mit Fotos aus dem Kassentresen. Auf einem Bild sieht man einen hübschen jungen Mann, die anderen stammen aus dem Leichenschauhaus und zeigen den grausam zugerichteten Kopf seines Bruders.
" Er war auf dem Heimweg nach der Arbeit. Zwei junge Männer sprachen ihn an. Sie gaben sich als Polizisten aus, fragten nach seinen Papieren, und was er hier mache, warum er hier sei. Sie waren betrunken und plötzlich schlugen sie auf ihn ein. Das ist alles, was ich bisher weiß. Er starb an einer offenen Kopfwunde."
Charles Asante-Yeboa kennt den Fall genau. Der Ghanaer ist Präsident des African Center in der Ukraine, das sich als Interessenvertretung der rund 30.000 Afrikaner im Land versteht. Asante-Yeboa wurde selbst im Januar von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen, als er ein Opfer eines rassistischen Übergriffs besuchen wollte. Die Jugendlichen beschimpften ihn erst, dann schlugen sie mit Metallstangen und Fäusten zu. Nur weil plötzlich ein Auto kam, sei er noch am Leben, glaubt Asante-Yeboa. Was er dann erlebte, sei typisch, sagt er:
" Die Polizei hat die Kerle verhaftet, sie haben zugegeben, dass sie mich angegriffen haben, aber nichts ist passiert. Wie die Polizei mir sagte, erlauben es die ukrainischen Gesetze nicht, Minderjährige für mehr als drei Tage festzuhalten, sie haben 11 Täter wieder freigelassen, und auch die anderen vier wurden wieder feigelassen, weil sie Beweise vorgelegt haben, dass sie zum Tatzeitpunkt nicht am Tatort gewesen sind."
Die Flüchtlingsorganisationen der Vereinten Nationen beobachten die gewaltsamen Übergriffe mit großer Sorge. Die Deutsche Simone Wolken leitet das Länderbüro des UNHCR in der Ukraine:
"Wenn man sieht, welche E-Mails und Telefonanrufe die UN-Flüchtlingsorganisation und viele andere jeden Tag erhalten, dann ist da von großer Angst die Rede. Von Todesangst, von Angst vor die Tür zu gehen, einkaufen zu gehen, zum Arbeitsplatz zu gehen. Und das ist alarmierend, weil das die Lebensgrundlage der Menschen in Frage stellt – und ihre Würde."
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration, IOM, operieren rund 500 Skinheads in Kiew, landesweit sollen es etwa 1000 sein. Seit Mai 2007 hat das ukrainische Innenministerium einen Aktionsplan aufgestellt, um Rassismus und fremdenfeindlicher Gewalt Einhalt zu gebieten. Doch der Regierung fällt es immer noch schwer, die Existenz des Problems anzuerkennen, sagt Simone Wolken.
"Es gibt einen Plan und viele gute Erklärungen, aber es ist schwierig bisher zu sehen, dass das einen Unterschied gemacht hat in dem Leben von Ausländern hier in der Ukraine."