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Duales Praktikum

Was mache ich nach dem Abitur? Welches Studium ist das Richtige für mich? Viele Schüler stellen sich diese Fragen. In Münster ist gerade ein Projekt zu Ende gegangen, das Schülern bei der Entscheidung helfen soll. Rund 230 Gymnasiasten der Klasse 11 waren eine Woche an der Universität oder Fachhochschule, die zweite Woche verbrachten sie in einem dem gewählten Studienfach entsprechenden Berufszweig.

Von Florian Peter |
    Freitagmorgen, kurz nach 10 Uhr, im Januar. Acht Schüler des Annette-Gymnasiums und des Gymnasiums Wolbeck warten mehr oder weniger begeistert vor dem Hörsaal Sch 6 der Sozialwissenschaften der Universität Münster. Lehramtsstudent Milan Parwanow, der die Schüler heute begleitet, ruft sie zusammen.

    "Also wir besuchen jetzt gleich ich würde das mal Tutoriumsvorlesung "Die Zeit der Staufer" nennen. Also wer Geschichte im LK hat, der wird schon wissen, was das für ein Thema ist. Also wir besuchen jetzt gleich die Vorlesung und normalerweise wird da halt vorgelesen und vorgetragen, jetzt macht der Dozent das halt so, dass jetzt heute eine Diskussionsrunde der letzten Stunden stattfindet. "


    Der Besuch von Vorlesungen und Seminaren ist aber nur ein Teil des Projekts "Duales Praktikum" in dieser Januar-Woche an Uni und FH in Münster: Vor allem allgemeine Informationen zum Thema "Studium" wie der Besuch der zentralen Studienberatung, Gespräche mit Hochschullehrern aus den verschiedenen Fachbereichen und mit den Fachschaften stehen hier auf dem Programm. Für die 16-jährige Meike Ahlers ist jetzt schon klar, dass sie auf jeden Fall studieren möchte – ob es dann Spanisch, Archäologie, Französisch oder Geschichte ist, weiß sie noch nicht genau. Und auch die Vorlesung "Die Zeit der Staufer" konnte sie weder in die eine noch in die andere Richtung überzeugen.
    ""Also ich fand den Einstieg ein bisschen schwer, weil man eben die Vorlesungen vorher nicht mitgekriegt hat. Aber eigentlich sehr interessant – teilweise konnte ich es auch nachvollziehen, teilweise hatte ich auch das Allgemeinwissen dazu. Aber die Fragen waren auch aus ganz anderen Gebieten, was überhaupt nicht zum Thema gehört hatte. Also ein bisschen komisch."

    Genau diese Erkenntnisse sind es aber, die den Verantwortlichen des Projekts so wichtig sind: Die Schüler sollen sich mit ihrer Berufs- und Studienwahl auseinandersetzen, die Universität mit all ihren Eigenheiten, Vorteilen und auch Tücken schon in der Schule ein bisschen kennen lernen. Damit, wie Andrea Kalk vom Schulamt der Stadt Münster weiß, auch nicht gleich nach ein paar Semestern das Studium wieder abgebrochen wird.

    " "Wenn ich den Studiengang Jura toll finde an der Uni und das erlebt habe, heißt das nicht, dass ich den Beruf eines Rechtsanwalts auch klasse finde. Wenn ich Lehramt studiere, heiß das nicht, dass ich mir dessen bewusst bin, dass ich in der Schule Jugendliche treffe. Das ist leider so."

    Das "duale Praktikum" soll dabei beide Facetten eines akademischen Karrierelebens zeigen: Studium und den entsprechenden Berufsalltag. Aber nicht nur die Schüler sollen bei dem Projekt profitieren – auch die Lehramtsstudierende können bei der Betreuung ihre pädagogischen Fähigkeiten überprüfen. Und auch die Hochschulen wollen mit dem "dualen Praktikum" ein bisschen Werbung in eigener Sache betreiben. Hans-Joachim von Olberg vom Fachbereich
    Erziehungswissenschaften der Uni Münster.

    "Also wenn wir hier so Strukturreformen wie Bachelor-/Master-Studiengänge einführen, dann müssen wir das denn Schülern und den Schulen klar machen: Was sind damit für Veränderungen verbunden? Das können nicht die Lehrer an den Schulen leisten, das müssen die Unis schon gegenüber ihren zukünftigen Studenten selber machen."

    Und dass dabei beim ersten Versuch nicht alles immer ganz glatt geht, zeigt sich auch in Münster: Viele Veranstaltungen fallen aus, Schüler irren durch die Stadt auf der Suche nach dem nächsten Treffpunkt und doch sind viele am Ende mit dem Ausflug in die Welt der Universität zufrieden. (15)
    " Also es hat mir schon geholfen so ein bisschen besser vorstellen zu können, wie es an der Uni abläuft und so. Das war in vorigen Jahrgängen, wo es dieses Praktikum nicht gab, die haben keine Ahnung von Uni und ärgern sich auch darüber, dass der Informationsfluss bei denen nicht so gut gelaufen ist. Deswegen würde ich das auf jeden Fall weiterempfehlen.""

    Der 17-jährige Fabian Kantner möchte auch erstmal studieren – Geschichte höchstwahrscheinlich. Was danach kommt, interessiert ihn momentan noch wenig. Deshalb sieht er im zweiten Teil des "dualen Praktikums" auch mehr eine Pflicht, als die Kür.

    "Ja ich denke das wird so ein bisschen darauf hinauslaufen: "Ich mache das Praktikum, um die Unterschrift da zu bekommen. Für die Bestätigung. Ich erwarte da eigentlich nicht viel von.""