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Dürre Aussichten

Klima.- Rund ein Drittel der landwirtschaftlichen Produktion Australiens findet im sogenannten Murray-Darling-Becken statt, im Südosten des fünften Kontinents. Doch seit 1995 leidet die Region unter massiver Trockenheit. Die Aussichten für die Zukunft sind alarmierend.

Von Volker Mrasek | 15.12.2009
    Während des Zweiten Weltkriegs und danach herrschte schon einmal große Dürre im Murray-Darling-Becken. Doch heute ist die Situation kritischer. Wegen der Klimaerwärmung. Sie schreitet auch im Südosten Australiens voran. Seit 1950 ist die Temperatur dort um etwa ein Grad Celsius gestiegen. Das lässt Wasser schneller verdunsten. Die Böden, auf denen Weizen, Reis und Zitrusfrüchte wachsen, dörren aus und speichern immer weniger Wasser.

    Mithilfe von meteorologischen Messdaten und einem Wasserbilanz-Modell haben einheimische Experten jetzt eine Formel für die aktuelle Misere gefunden. Sie lautet: Jedes Grad Celsius mehr reduziert den Feuchtegehalt der Ackerböden im Murray-Darling-Becken um knapp zehn Prozent. Der Atmosphärenforscher Tim Cowan von der australischen Forschungsorganisation CSIRO:

    "Die meisten Klimamodelle sagen für dieses Jahrhundert eine weitere Temperaturzunahme um zwei bis vier Grad voraus. Es wäre ziemlich fürchterlich, wenn es dazu käme."

    Nach Cowans Formel würde der Wassergehalt der Ackerböden dann um weitere 20 bis 40 Prozent zurückgehen.

    Das könnte prinzipiell nur durch zwei Dinge ausgeglichen werden: Die Niederschläge in der Region müssten zunehmen oder die kleineren Murray-Darling-Zuflüsse mehr Wasser nachliefern. Doch weder mit dem einen noch mit anderen ist zu rechnen, im Gegenteil. Nach den Klimamodellen wird die Regenmenge im Süden Australiens abnehmen, und das womöglich im zweistelligen%bereich. Australiens Anbaugebiet Nummer eins steht vor einer ungewissen Zukunft.

    "Man wird mit diesen Dürren in Zukunft nur dann klarkommen, wenn man Wasser von woanders herholt. In unseren Studien haben wir abgeschätzt, was es kosten würde, die zu erwartenden Ausfälle beim Niederschlag und bei den Zuflüssen zu ersetzen, wenn es ein weiteres Grad wärmer wird. Dabei gehen wir mit 50 Cent pro Tonne Wasser sogar von einem moderaten Preis aus. Trotzdem kommen wir auf eine Summe von 900 Millionen Dollar. So viel müsste die Landwirtschaft künftig jedes Jahr investieren, um den Rückgang des Wasserangebotes im Murray-Darling-Becken auszugleichen."

    Australien gehört zu den Ländern, die sich schwer tun mit einer aktiven Klimaschutzpolitik. Auf dem fünften Kontinent gibt es noch üppige Kohlevorkommen. Da fällt der Abschied von fossilen Energieträgern sehr schwer.

    Andererseits bekommen die Australier den Klimawandel immer stärker zu spüren wie im Murray-Darling-Becken. Die Landwirtschaft wird sich umstellen oder sogar abwandern müssen, kann sich Atmosphärenforscher Cowan ausmalen:

    "Es gab bereits eine parlamentarische Anfrage, ob man nicht die Landwirtschaft aus dem Südosten des Kontinents in den Nordwesten verlegen sollte. Dort herrscht tropisches Klima. Es gibt Regen- und Trockenzeiten, und Niederschlage fallen viel verlässlicher als im Süden. Tendenziell haben sie im Norden sogar zugenommen. Deswegen denkt man in Australien zunehmend darüber nach, die Landwirtschaft umzusiedeln – vom trockenen Südosten in den feuchten Nordwesten."

    Wie lange die große Dürre im Murray-Darling-Becken noch anhält, kann im Moment niemand sagen. Über ihre Ursachen glaubt die Wissenschaft inzwischen aber mehr zu wissen. Auslöser könnte eine anhaltende Erwärmung des östlichen Indischen Ozeans sein. Normalerweise gibt es dort einen natürlichen Wechsel zwischen kühleren und wärmeren Phasen, einen sogenannten Dipol. Über ihn forscht auch die Ozeanographin Caroline Ummenhofer von der University of New South Wales in Sydney:

    "Man kann die aktuelle Dürre sehr gut mit dem Indischen Ozean-Dipol erklären. Und zwar ist es so, dass seit Beginn der Dürre keine kühle Phase des Dipols mehr aufgetreten ist. In diesem Zustand wird mehr Luftfeuchtigkeit nach Südosten transportiert und führt dort zu ergiebigen Niederschlägen. Diese Dipol-Phase ist nun aber schon seit 1992 ausgeblieben."

    Es wäre keine Überraschung, wenn die Dürre im Süden Australiens noch länger anhielte oder in Zukunft häufiger aufträte. Denn hinter der Erwärmung des Ostindischen Ozeans vermuten die Forscher ... den Klimawandel.