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Düstere Aussichten

Medizin. - Heute geht in Barcelona die 14. Weltaidskonferenz zu Ende. Es ergibt sich ein beunruhigendes Bild: Wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es zwar, doch mangels Geld oder Interesse werden sie nicht in die Tat umgesetzt. Nach Afrika droht jetzt Asien ein Opfer der Seuche zu werden.

    Eine Heilung kennt zwar noch niemand, doch weiß man inzwischen, wie die Vorsorgeprogramme auszusehen haben, damit sich die Menschen vor Aids schützen können. Auch bei der Behandlung bereits Infizierter kennt die Wissenschaft inzwischen Wege, damit die Krankheit möglichst lange nicht ausbricht. Sogar in den armen Ländern der Dritten Welt könnten diese Therapien verwirklicht werden. All das leidet allerdings unter dem Problem, dass das Geld zur Verwirklichung fehlt.

    Ein Beispiel ist die Aidsvorsorge in Afrika. Auf dem schwarzen Kontinent ist es praktisch unmöglich, die Männer von der Verwendung von Kondomen zu überzeugen. Eine Alternative sind Mikrobizide, die die Frau einsetzen kann, ohne dass es der Mann merkt. Doch die Entwicklung dieser chemischen Präservative hat derzeit einen Forschungsrückstand von rund zehn Jahren.

    Ebenfalls in den Anfängen ist der Aufbau eines weltweiten Kontrollnetzes zur Überwachung resistenter Virenstämme. So kann man bei der Medikamenteneinführung in Entwicklungsländern zunächst prüfen, welche Medikamente überhaupt sinnvoll eingesetzt werden. Immerhin hat die Weltgesundheitsorganisation Kontrollmechanismen entwickelt, mit denen Aids-Nachahmermedikamente auf Wirksamkeit und fachkundige Herstellung überprüft und lizenziert werden können.

    Das dringendste Problem ist die Organisation der Therapie in den armen Ländern. Wohnortnahe Labors, leistungsfähige Verteilsysteme für die Medikamente, aussagekräftige Impfstudien, die aber auch die Würde und Rechte der Patienten beachten. Rund zehn Milliarden Dollar sind für die dringendsten Maßnahmen nötig, bislang ist aber nur ein Drittel beisammen. Gleichgültigkeit ist an der Tagesordnung, gerade in den Staaten, in denen die nächste große Aids-Welle erwartet wird. Die Führungen in Asien verschließen lieber die Augen als das Problem anzugehen. Eine zögerliche Behandlung führt aber nur dazu, dass die Kosten steil ansteigen. Dabei ist es nicht auszuschließen, dass das Problem Aids auch die westlichen Staaten erreicht. Die weltweiten Verwerfungen dieser Seuche machen nicht vor den nördlichen Breiten halt.

    [Quelle: Martin Winkelheide]