Diese Eisenbahn fährt aus Kinshasa, der Hauptstadt des Kongo, in den Atlantikhafen Matadi. Vor etwa 100 Jahren wurde die Strecke entlang dam Kongofluss gebaut. In den neunziger Jahren wurde sie privatisiert. Wenn der Verfall weiter voranschreitet, die tropische Schwüle die Gleise rosten lässt und die Bahnbediensteten ihre Waggons vergammeln lassen, dann wird in 100 Jahren gar keine Eisenbahn mehr zwischen Kinshasa und Matadi fahren. Der Dschungel wird den früheren Belgisch-Kongo zurückerobern Vor 40 Jahren konnte man ganz bequem in zwei Tagen mit einem Kleinwagen den Kongo durchqueren. Heute gibt es keine durchgehende Straße mehr. Niemand hat sich um den Unterhalt gekümmert. Und die Gelder, die Im Staatshaushalt des damaligen Zaire dem besser, denn der Westen und der Osten schickten Geld, Berater und Panzer, um die afrikanischen Regierungen wohlgesonnen zu stimmen. Damals gab es noch Universitäten, damals gab es noch afrikanische Wissenschaftler, die im Lande blieben, anstatt aus wirtschaftlicher Not zu emigrieren Damals bekamen die Staatsangestellten noch ein Gehalt, von dem sie leben konnten. Damals konnte man Polizeisperren, ohne von den Polizisten zur Zahlung von Bestechungsgeldern gezwungen zu werden. Damals, so wird der Professor berichten, galten auch die afrikanischen Stimmen in der UN-Vollversammlung noch etwas.
Die Studenten werden sich diese Berichte aus einer vergangenen Epoche anhören und zutiefst beunruhigt sein. Weil im Vergleich zu damals, ihre Gegenwart so voller Probleme scheint. Die Berichte vom Kontinent lehren die Studenten das Gruseln: In einem Landstrich, den man im 20. Jahrhundert Senegal nannte, toben Religionskämpfe, Islamische Fundamentalisten bekriegen sich mit protestantischen Klerikalen, die aus den USA kamen, um die "afrikanischen Heiden" zu missionieren und dem Erfolg des Islams etwas entgegenzusetzen , Auch in anderen Gegenden des Kontinentes bekämpfen sich Menschen, weil sie einem anderen Volk oder einer anderen Religion angehören. In einer Welt, in der die Erlöse aus dem Verkauf von Rohstoffen nur den Diktatoren dienen und es außerdem nichts zu verteilen gibt. bekämpfen sich diejenigen, die doch eigentlich Man kämpft um Ideologie und Glauben. Immer häufiger aber auch um das knapper werdende Land. Denn die einzige Chance gegen den Hunger anzugehen, ist etwas Gemüse auf der eigenen Scholle anzubauen. Die ländliche Armut, wie wir sie heute manchmal in Afrika sehen, wo ein Bauer von seinen acht Kindern nur vier auf die Schule schicken kann, ist nichts, verglichen mit der Armut, über die im Jahre 210O der Korrespondentenkollege wird berichten müssen. Gibt es denn gar keine Hoffnung? Doch: an der Küste Kenias, auf der Insel Sansibar oder auch im südafrikanischen Kapstadt bestehen Inseln des Friedens und des Wohlstands. Die Mehrheit der Afrikaner aber lebt ärmlich. Und sie rebellieren nicht gegen diese ungerechte Welt im Jahre 2100, so wie sie noch nie rebelliert haben. Die Langmut, mit der das Schicksal ertragen wird, ist beeindruckend und bedrückend.
Und was bleibt? Afrikas Schönheit, die Macht der Naturgewalten. Die Lehmhäuser von Timbuktu werden sicher noch stehen. Und die Regenwälder des Kongo werden, hoffentlich, nicht vollkommen abgeholzt sein, Elefanten werden auf der Nahrungssuche in die Vororte von Nairobi kommen. Sie haben sich wegen der vielen Touristen in den letzten 150 Jahren so sehr an Menschen gewöhnt, dass man sie, waren sie nicht so groß, als Haustiere halten könnte, j EINBL. Straßenlärm Nairobi
Aber- Gewissheiten gibt es nicht. In Afrika noch weniger als in der durchgestylten und technisierten Welt von Köln oder Boston. Doch, eine Gewissheit, so sagen zumindest die Geologen, die gibt es der ostafrikanische Grabenbruch wird jedes Jahr einige Zentimeter breiter werden. Da entsteht ein Spalt in der Erde. Und der wird in hundert Jahren einige Meter breit sein.