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Düsterer Blick in die Zukunft

Umwelt. - Der Klimawandel werde - sofern nicht entschieden gehandelt werde - verheerende wirtschaftliche Folgen zeitigen, vergleichbar mit denen der Weltkriege, zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der britischen Regierung. Wie dramatisch allerdings allein dieses Jahr Klimagase angestiegen sind, präsentierten UNO-Experten am Dienstag in Bonn.

Von Volker Mrasek | 30.10.2006
    Vom Umbau der Energiesysteme ist viel die Rede, aber noch nicht viel zu spüren, wenn man sich die aktuellen Trends beim Ausstoß von Treibhausgasen anschaut. Zwischen 1990 und 2004 gingen die Emissionen im Energie-Sektor zwar zurück. Doch lediglich um unbedeutende 0,1 Prozent. Das gilt für alle Staaten zusammen, die sich im Kioto-Protokoll dazu verpflichtet haben, ihren Kohlendioxid-Ausstoß zu senken. Der isländische Biologe Halldor Thorgeirsson, im Klima-Sekretariat der Vereinten Nationen UNFCCC zuständig für Wissenschaft und Technik:

    "Es ist wichtig, zu erwähnen, dass die Emissionen nicht im gleichen Maße zugenommen haben wie die Energieproduktion. Und daran haben die Erneuerbaren Energieträger durchaus ihren Anteil."

    Doch so richtig macht sich das in den Klimabilanzen noch nicht bemerkbar. Denn bisher sind es nur einige wenige Industrieländer, die stark in Erneuerbare Energien investieren, etwa in Windkraft oder in Solarenergie, und so fossile Ressourcen wenigstens zu einem Teil schonen. Yvo de Boer, der Exekutiv-Sekretär der Internationalen Klimarahmenkonvention, sieht hier immerhin länderspezifische Lichtblicke. Und das sogar bei Staaten, für die das Kioto-Protokoll gar nicht gilt:

    "Wir können hier von zwei Erfolgsgeschichten sprechen. Die eine spielt in Deutschland, die andere in China. Beide Länder haben im vergangenen Jahr rund sieben Milliarden Dollar in Erneuerbare Energien investiert. Und man kann ruhig auch noch Dänemark erwähnen. Es ist zum Weltmarktführer bei der Nutzung und beim Export von Windenergie geworden. Wir haben hier also ein Land, dessen Wirtschaft bereits davon profitiert, dass sie dem Klimawandel begegnet."

    Verhagelt wird die Bilanz der Kioto-Vertragsstaaten vor allem durch die Entwicklung im Transport-Sektor. Kein anderer Zweig im Bereich Energieerzeugung und Energienutzung legt nach den Daten aus dem UN-Klima-Sekretariat im Moment so stark zu. Im Verkehr sind die Kohlendioxid-Emissionen in den anderthalb Jahrzehnten von 1990 bis 2004 um 24 Prozent gestiegen - also um fast ein Viertel. Besonders mulmig zumute ist UN-Klimaexperte Thorgeirsson bei den Zahlen aus dem Luftverkehr. Da beträgt der Zuwachs sogar über 50 Prozent ...

    "Den stärksten Trend sieht man tatsächlich beim Flugverkehr. Aber auch die Emissionen des Straßenverkehrs haben zugenommen. Das ist sehr besorgniserregend. Hier hat man die Option, stärker auf öffentliche Verkehrsmittel zu setzen und alles zu versuchen, um den Kraftstoffverbrauch von Autos weiter zu senken. Aber unsere größte Sorge ist wirklich die Zunahme im Luftverkehr."

    Dass sich Klimaschutz auch heute schon wirkungsvoll betreiben lässt, demonstriert ein anderer Bereich. So sind die Treibhausgas-Emissionen der Landwirtschaft in den Industrieländern deutlich gesunken, und zwar um 20 Prozent im Zeitraum von 1990 bis 2004. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass die Agrarproduktion weiter rückläufig ist wie etwa in der Europäischen Union:

    "In der Landwirtschaft hat man zum Beispiel den Umgang mit Stickstoff-Düngemitteln überdacht. Man kann sie heute klüger einsetzen: so, dass weniger klimaschädliches Lachgas in die Luft entweicht. Auch die Tierhaltung und die Behandlung von Gülle und Stallmist haben sich zum Teil verbessert. Dadurch entsteht nicht mehr so viel Methan. Auch das ist ein Treibhausgas."

    Die Treibhausgas-Inspekteure der Vereinten Nationen bleiben weiter optimistisch. Auch im Energiesektor, glauben sie, werde sich die Lage bald bessern. Dafür sorge ein neues Instrument unter dem Kioto-Protokoll. Ab sofort können sich westliche Industrieländer auch Klimaschutzprojekte in früheren Ostblockstaaten anrechnen lassen. Dort gebe es großen Bedarf für eine effizientere Energienutzung. Erste Projekte, hieß es heute im Klima-Sekretariat, seien bereits in der Pipeline.