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Duft der Bakterien

Chemie. - Wir leben in einer Welt der Wohlgerüche. Unangenehme Gerüche sind verpönt, und so rollt man Deos unter die Achsel, schmiert parfümierte Cremes ins Geicht oder bestäubt sich mit duftenden Essenzen. Der ganze Aufwand hat vor allem eines zum Ziel: weg mit dem Schweißgeruch. Da man aber bis heute noch gar nicht alle Duftstoffe im Achselschweiß kennt, suchten Schweizer Forscher erst einmal weiter nach der Ursache für den Geruch. Dabei fanden sie sechs neue Substanzen.

Von Sabine Goldhahn |
    Die Forschungs-Laboratorien des Aromaherstellers Givaudan sind ein Genuss für die Sinne. In den Gängen duftet es nach Pfirsich und Rosen, im Treppenhaus mischt sich die blumige Note mit Küchengerüchen, im Innenhof riecht es nach Erdbeermilch, und in den Labors wird man überrascht von Karamelaroma. Einzig im Gefrierschrank von Andreas Natsch lagert eine kleine Plastikbox mit mehreren Fläschchen und Gläschen, deren Inhalt anders ist als bei den anderen. "Mal Odor" steht auf der einen Flasche, schlechter Duft. Was sich dahinter verbirgt, demonstriert der Biologe mit ein paar Tropfen Flüssigkeit, die er auf einen Papierstreifen träufelt.

    Das ist jetzt in Alkohol gelöst, wenn man es ganz frisch riecht. Zusammen mit dem Alkohol ist es gar nicht so schlimm. Sie müssen sich einen Moment gedulden, damit es richtig ... Jetzt kommt es langsam. Aber Sie werden es noch viel, viel besser im Gaschromatographen riechen, denn das sind Dinge, die nicht sehr stark flüchtig sind. Auf der geheizten Haut oder im geheizten Gaschromatographen kommen sie schön in die Gasphase. Hier auf dem Riechstreifen ist es relativ harmlos.

    Relativ harmlos!? Binnen weniger Sekunden hat sich ein Geruch verbreitet, der stark an die Umkleidekabine einer Turnhalle erinnert. Es ist Achselschweiß, aufgefangen auf kleinen Baumwollläppchen nach intensiven Sporteinheiten, hochkonzentriert in wenigen Tropfen. Der erste Eindruck reicht völlig: Es riecht sauer, ein wenig nach Grapefruit, aber schon der zweite Tropfen stinkt typisch und erinnert an Zwiebel oder unangenehm an Küchengeruch. Grapefruit und Zwiebel sind die Hauptgerüche unter der Achsel - wenngleich der Achselschweiß ein ganzer Cocktail von Substanzen ist.

    Das setzt sich zusammen aus ganz verschiednen Dingen. Da sind die Salze, die Aminosäuren und Proteine, alles, was im Blut vorkommt, aber da gibt es ganz spezifische Substanzen, die nur in der Achselregion vorkommen .Es sind diese spezifischen Substanzen, die die Vorläufer sind von dem, was nachher den Duft ausmacht.

    Fettsäuren und Sulfanylalkohole - das sind die spezifischen Duftstoffe. Diese hängen normalerweise fest an den Aminosäuren dran und riechen nach gar nichts. Erst die Anwesenheit bestimmter Bakterien in der Achselhöhle spaltet diese Duftstoffe ab und macht aus dem völlig geruchlosen Schweiß ein stark riechendes Gemisch.

    Das sind eigentlich zwei große Gruppen, die eine Gruppe nennt man Corynebakterien, und Staphylokokken die andere Gruppe. In beiden Gruppen gibt es bekannte gefährliche Krankheitserreger, aber diese Bakterien, die jetzt auf der Haut leben, sind absolut nicht krank machend,

    weiß Andreas Natsch. Die Staphylokokken zählen eher zu den harmlosen Bewohnern unserer Achselhöhle. Die Nase müssen wir nur über die Corynebakterien rümpfen.

    Das Interessante ist jetzt, als wir unsere Forschungen gemacht haben und gesucht haben, ja, was sind diese Enzyme, die diese nicht riechenden Substanzen spalten, und nachdem wir diese Enzyme gefunden haben, haben wir natürlich geschaut, wo kommen sie vor, in welchen Bakterien, und sie kommen nur in den Corynebakterien vor.

    Der Achselschweiß stinkt also nur bei Leuten mit Corynebakterien. Dort wandeln Lyasen und Proteasen-ähnliche Enzyme den Schweiß um. Das bestätigten auch Andreas Natschs Versuche an E.-coli-Bakterien. E. coli haben normalerweise nichts mit dem Achselschweiß zu tun. Natsch und seine Kollegen übertrugen nun jenes Gen der Corynebakterien auf E. coli, das den Bauplan für die spezifischen Protease-ähnlichen Enzyme enthält. Das Ergebnis: Innerhalb weniger Minuten roch es in der Colibakterienkultur, die mit den geruchlosen Schweißkomponenten gefüttert wurden, nach Achselschweiß. Doch die Forschungen der Schweizer Wissenschaftler haben noch einen ganz anderen Hintergrund:

    Unsere Frage ist, können wir spezifische Substanzen entwickeln, die den Bakterien nichts tun, aber die einfach den Schritt der Geruchsentstehung stoppen. Und solche Substanzen haben wir entwickelt, die genau diese Enzyme hemmen, und wir sind jetzt daran, das auch in klinischen Studien zu untersuchen.

    Zunächst einmal haben die Forscher den zwiebel-fleischartigen Geruch zum Patent angemeldet: als möglichen Aromastoff für Lebensmittel. Wenn das nichts ist.