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Duft der Frauen

Biologie. - Einige Männchen einer tropischen Ameisenart imitieren in den ersten Tagen ihres Lebens den Duft ihrer weiblichen Artgenossen, um im Nest Kämpfen mit anderen Männchen aus dem Weg zu gehen. Das berichtet die Biologin Sylvia Cremer von der Universität Regensburg im Fachmagazin Nature. Die Männchen täuschen so zwar andere Männchen, die Weibchen erkennen aber dennoch das wahre Geschlecht.

    Im Volk der tropischen Ameise Cardiocondyla obscurior gibt es zwei Sorten von Männchen: eine mit und eine ohne Flügel. Die Forscher nennen das einen Männchendimorphismus. "Die Männchenform, die Flügel besitzt, verlässt circa ein bis zwei Wochen nach dem Schlupf das Nest", erklärt Sylvia Cremer. Die flügellosen Vertreter hingegen bleiben ihr Leben lang in der Kolonie, liefern sich dort aber heftige Kämpfe, bis nur eines übrig bleibt, um sich mit den Königinnen zu paaren. Wohl um sich zu schützen, haben die flügellosen Männchen eine Form des Mimikry entwickelt und tarnen sich mit Hilfe von Geruchsstoffen als Weibchen. Diese Duftstoffe bestehen aus Kohlenwasserstoffen und sind auf der so genannten Kutikula, dem Außenskelett der Ameise, zu finden. "Wir haben die kutikularen Kohlenwasserstoffe dieser Art untersucht und herausgefunden, dass sie genau das gleiche Profil besitzen, wie die Jungköniginnen kurz nach ihrem Schlupf", so Sylvia Cremer. "Wir würden erwarten, dass die ungeflügelten Männchen eigentlich auch die geflügelten attackieren, denn die geflügelten Männchen paaren sich ebenso wie die ungeflügelten im Nest, bevor sie es verlassen." Sie bilden also durchaus eine Konkurrenz um die Paarungspartnerinnen.

    Durch die chemische Verkleidung entgehen die Flügelmännchen aber nicht nur den Angriffen, berichtet Cremer: "Die ungeflügelten Männchen versuchen sogar, mit den geflügelten Männchen zu paaren. Sie zeigen Kopulationsverhalten in starkem Maße." Die Königinnen lassen sich aber nicht hinters Licht führen. "Das ist eigentlich der interessante Punkt, dass nämlich die geflügelten Männchen trotz ihres Weibchengeruchs überhaupt keine Nachteile bei den Weibchen haben", so Cremer. "Sie haben genau den gleichen Paarungserfolg." Allerdings scheint die Tarnung mit größerem Aufwand verbunden zu sein, nimmt die Regensburger Forscherin an. Sobald die Ameisenmännchen das Nest verlassen haben, verlieren sie auch den Duft der Weibchen.

    [Quelle: Ralf Krauter]