Archiv


Duftender Fingerabdruck

Technik. - Kann man den Geruch eines Menschen wiegen? Man kann. Zumindest Forscher an der Yale University. Sie haben ein Massenspektrometer entwickelt, das die einzelnen Moleküle in den menschlichen Ausdünstungen sehr präzise und schnell wiegt und damit eine Identifikation ermöglicht.

Von Tomma Schröder |
    "Die Seele aller Wesen ist der Duft", heißt es im "Parfum" von Patrick Süskind. Als Fernandez de la Mora die Ausdünstungen von Menschen analysierte, konnte er die Seele darin zwar nicht finden. Immerhin aber konnte er mit seinem Team nachweisen, dass jeder Mensch einen ganz individuellen Duft besitzt. So eine Art duftenden Fingerabdruck. Hunde machen sich das zu nutze. Sie erkennen ihr Herrchen an dessen Geruchskomponenten.

    "Es bleibt ein Rätsel, was genau die Hunde riechen. Wir haben aber mit unserer Methode herausgefunden, dass es eine sehr große Gruppe von Chemikalien gibt, die Fettsäuren. Sie kommen in ausreichender Menge in der Haut vor, und daher können wir sie erfassen. Sie haben ein sehr reichhaltiges Bouquet, weil es sehr viele von ihnen gibt – ungefähr 300. Und die Kombination dieser Säuren erzeugt einen sehr genauen Fingerabdruck. Damit können Menschen identifiziert werden."

    Und das funktioniert sogar ein Leben lang. Ob geduscht oder dreckig, ob jung oder alt, ob parfümiert oder nicht – einige charakteristische Bestandteile des individuellen Duftes bleiben stets gleich, so die Ergebnisse der Forscher. Doch während Hunde ihr Herrchen über die Nase erschnüffeln, müssen sie für ihre Analysen jedes Duft-Molekül auf die Waage legen. De la Mora:

    "Die Luft enthält eine enorme Menge an Gerüchen – von Blumen, von Wein, von einem Stück toten Fleisch, von Fisch, von Käse. Jeder dieser Gerüche ist nur eine ganz bestimmte Sorte von Molekülen, die in der Atmosphäre herumfliegen. Je stärker es riecht, desto höher ist die Konzentration der Moleküle. Und das Massenspektrometer ist eine Maschine, die im Prinzip wie eine extrem genaue Waage funktioniert, welche die Masse der Moleküle genau bestimmt."

    Mannshoch, etwa zwei Meter lang und 400 Kilogramm schwer ist diese Waage auf Rädern. Damit passe sie immerhin noch in einen Van, wie Fernandez de la Mora zu berichten weiß. Doch nicht die für Massenspektrometer durchaus normalen Ausmaße machen diese elektronische Nase so besonders, sondern ihre Schnelligkeit und bisher unerreichte Präzision. Innerhalb von Sekunden kann sie menschliche Gerüche analysieren.

    "Die Prozedur ist folgende: Man lädt die Moleküle elektrisch auf, die in der Luft sind, und saugt sie in ein Massenspektrometer. Und dann misst das Spektrometer ihre Masse mit sehr hoher Präzision. Wenn man also 10.000 unterschiedliche Moleküle hat, wird das Massenspektrometer eben diese 10.000 angeben und die Masse von jedem einzelnen bestimmen. Und aufgrund dieser Massenangaben kann man eben eine Menge Informationen über die Ausdünstungen gewinnen."

    Und diese Informationen könnten nicht nur zur Identifikation von Personen genutzt werden, sondern auch für medizinische Zwecke. Denn Krankheit verändert den Geruch von Menschen. Hunde, die mit einer hohen Trefferquote bestimmte Krebserkrankungen bei Menschen erschnüffeln konnten, sorgten in der Vergangenheit immer wieder für Aufsehen. Doch weil die Zuverlässigkeit der Hundenase sehr umstritten ist, suchen Forscher nach anderen Mitteln. Zum Beispiel nach elektronischen Nasen, die solche Geruchs-Veränderungen objektiv erfassen und deuten können. De la Mora:

    "Viele Forscher haben das bereits gemacht. Aber in der Vergangenheit war es nur möglich, sehr einfache Moleküle zu erfassen. Alles, was stark riecht. Was wir nun machen, ist viel komplizierter. Es geht um Moleküle oder schwere Substanzen, die viel relevanter sind für die biologischen Prozesse und den Stoffwechsel im Körper."

    Die Präzision und Schnelligkeit des neuen Massenspektrometers muss sich in der Medizin allerdings noch bewähren. Bei der Identifikation von Menschen konnte das Gerät in laufenden Studien dagegen schon erste Erfolge aufweisen. Und auf einem ganz anderen Gebiet konnte Fernandez de la Mora mit seiner präzisen Nase sogar schon einen Weltrekord aufstellen: Beim Aufspüren von TNT. Denn auch der Sprengstoff gibt einzelne Moleküle in die Atmosphäre ab. Das Massenspektrometer kann ein solches Molekül unter unzähligen anderen aufspüren. Genauer: Ein einziges unter einer Trillionen Moleküle, das entspricht einer 1 mit 18 Nullen. Das ist bisher Rekord, und selbst die Hundenase kann da nicht mehr mithalten.