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Duftreise durch das Internet

Technik. - In breitbandigen Zeiten von ISDN und ADSL peppen immer öfter Musik und bewegte Bilder ansonsten vielleicht eher dröge erscheinende Internetseiten auf. Ausgerechnet aus dem Land des Parfüms kommt jetzt eine Entwicklung, die Webseiten in ganz anderer Weise zu mehr Volumen verhelfen soll: Eine Erfindung von France Telecom verschafft Webauftritten jetzt auch eine passende Duftmarke. Rund 400 verschiedene Gerüche soll das Gerät später erzeugen können.

    Schon jetzt prangen beiderseits des Monitors oft mindestens zwei voluminöse Soundboxen auf dem Schreibtisch von PC-Besitzern, die schon lange nicht mehr die Stereoanlage für den Klanggenuss bemühen. Bald wird der ohnehin knappe Platz rund um Tastatur und Maus noch enger, denn der Simulationsfetischist benötigt ihn dann für sein Duftdepot. "Machen wir doch eine Reise durch die Weinfelder des Burgunds", schlägt Jacques Messager vor und ruft eine Test-Webseite des französischen Winzerverbandes auf. Schnell umhüllt der Duft frischer Blumen den PC des Forschers von der Entwicklungsabteilung beim französischen Telekommunikationskonzern France Telecom und unterstreicht die Bilder von Weinbergen im Frühling.

    Die Quelle der betörenden Sinnesreize verbirgt sich indes in drei schmalen Holzboxen mit mehreren kreisrunden Öffnungen. "Gesteuert wird der Duftspender durch einfache Befehle in HTML-Kode auf der Webseite. Das Gerät selbst wird einfach an den USB-Port oder die serielle Schnittstelle eines PC angeschlossen. Der Rest funktioniert dann automatisch", erklärt Messager. Ein Treiberprogramm sorgt dafür, dass der Chip aus zwölf verschiedenen Basis-Aromakomponenten eine beachtliche Vielzahl von Duftbildern generiert - von der Frühlingswiese bis hin zum modrigen Weinkeller. Einziger Haken: Die virtuelle Weinprobe verzichtet bislang noch auf den exakten Geruch des angepriesenen Produktes selbst, denn für die Darstellung der hochkomplexen Weindüfte sei die Technik noch nicht reif, räumt der Experte ein.

    Dagegen verfügt das System über andere Kniffe. "Düfte, auf die ein Anwender allergisch reagiert, können einfach ausgefiltert werden. Außerdem kann die Duftabgabe auf ein dezentes Minimum gesenkt werden", erläutert Jacques Messager. Auch sonst gibt sich die Schnupperbox nicht sehr verschwenderisch: Nur wenige Duftmoleküle werden für kurze Sekunden aus ihrem Reservoir abgegeben, gerade genug, um eine psychologische Reaktion beim Betrachter auszulösen. Denn Rest besorge das Gehirn selbst, erklärt Messager, indem es die Erinnerung bemüht und Dufterlebnisse schlicht rekonstruiert. Auf diese Weise könnten in naher Zukunft Spiele aufgewertet oder Werbeseiten duftgewaltig unterlegt werden. Doch bis der Duftautomat private Haushalte erobert, werden noch einige Jahre vergehen, denn noch ist das Gerät zu groß und besitzt zu wenige Aromen, um wirkliche Duftvielfalt zu erzeugen.

    [Quelle: Suzanne Krause]