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Duisburg will "Opernehe" kündigen

Die langjährige Kooperation zwischen den Opernhäusern Düsseldorf und Duisburg soll offenbar beendet werden. Die Stadt Duisburg muss sparen und will aus dem gemeinsamen Vertrag aussteigen. Der Geschäftsführende Direktor der Rheinoper, Jochen Grote, erklärt, was ein Trennung bedeuten würde.

Jochen Grote im Gespräch mit Christoph Schmitz |
    Christoph Schmitz: Die Opern von Düsseldorf und Duisburg, sie sind schon lange vermählt. Seit 1956 hat die Opernehe bestand. Die Deutsche Oper am Rhein versorgt beide Städte mit so gutem Musiktheater und Tanztheater, wie es jede für sich kaum stemmen könnten. 43 Millionen Euro geben sie dafür aus plus sieben Millionen Einnahmen. Der Anteil Düsseldorfs beträgt 24 Millionen, der Duisburgs 11 Millionen. Aber Duisburg will nicht mehr so recht. Für 2014 drohte die Stadt eine Kürzung ihres Anteils um 2,5 Millionen Euro an. Möglicherweise müssten das Opern- und Ballettangebot in Duisburg sowie die erfolgreiche Kinderoper ganz eingestellt werden, heißt es in einem Aufruf der Oper an die Öffentlichkeit. Das war der Stand heute Nachmittag. Jetzt gibt es einen neuen. Den Geschäftsführende Direktor der Rheinoper, Jochen Grote, konnte ich kurz vor der Sendung mobil im Auto unterwegs erreichen. Sein neuester Stand also:

    Jochen Grote: Eben kam die Nachricht, dass Duisburg mitgeteilt hat von Seiten des Verwaltungsvorstands der Stadt - auch Herr Oberbürgermeister Elbers ist schon informiert worden -, dass sie die Gemeinschaft komplett kündigen wollen und die Zusammenarbeit Oper einstellen wollen.

    Schmitz: Ist das der erklärte Wille, über den wir jetzt reden? Ist das beschlossene Sache, Herr Grote?

    Grote: Insofern noch nicht, weil der Rat der Stadt auch noch entscheiden muss und bis dahin wird auch der neue Oberbürgermeister gewählt sein, und ich vermute mal, dass der neue Oberbürgermeister und der Rat selbst in der Sache noch vielleicht eine eigene Meinung sich bilden werden und eine andere Entscheidung treffen.

    Schmitz: Wenn die Ehe gekündigt wird, einseitig, falls das überhaupt möglich sein würde – das steht ja auch noch in den Sternen -, was aber bedeuten würde, dass die Rheinoper mit derzeit etwa elf Millionen Euro weniger wirtschaften müsste, das wäre ja ein Viertel des Gesamtetats. Ist das richtig?

    Grote: Das ist richtig.

    Schmitz: Ist damit die Rheinoper in Düsseldorf dann überhaupt noch überlebensfähig?

    Grote: Die Rheinoper müsste dann in Düsseldorf eine andere Finanzierungsgrundlage bekommen, müsste aber auch natürlich sich kleiner schrumpfen, denn wir würden ja das ganze Personal, das wir in Duisburg einsetzen, nicht mehr brauchen und wir müssten die Dimensionen unserer Werkstätten und unserer anderen Funktionen, soweit sie für den Duisburger Betrieb wichtig waren, dann auch reduzieren. Das heißt, die Oper würde kleiner werden, der Zuschussbedarf würde kleiner als vorher werden, aber die Belastung würde, wenn wir eine anständige Oper in Düsseldorf machen, für Düsseldorf voraussichtlich steigen.

    Schmitz: Kann denn Duisburg rechtlich einfach so aussteigen?

    Grote: Eine Kündigung des Vertrages ist möglich. Dann muss Düsseldorf überlegen, wie sie darauf entscheiden. Wenn sie die Kündigung hinnehmen, dann würden sie auf dem gesamten Personal alleine sitzen bleiben, es sei denn, man trifft eine irgendwie abweichende Vereinbarung. Wenn sie aber selber sagen, wir lösen die Gesellschaft auf, wir führen die Gesellschaft nicht fort, dann müsste eine Entscheidung getroffen werden über die Weiterfinanzierung des Personals, das beschäftigt ist, denn es gibt eine Zusage beider Städte bei der Gründung der GmbH, dass alle Mitarbeiterinnen und alle Mitarbeiter, die von der damaligen städtischen GbR – das war eine Gemeinschaftsgesellschaft beider Städte – in die GmbH wechseln, so behandelt werden, wie wenn sie bei der Stadt beschäftigt wären, das heißt Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen. Das ist damals schriftlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so zugesichert worden, nach auch einer mündlichen Erklärung beider Kulturdezernenten, damals Grosse-Brockhoff und Bildau, in einer Betriebsversammlung.

    Schmitz: Nehmen wir an, die Ehe würde nicht geschieden, sondern Duisburg würde nur seinen Anteil von 2,5 Millionen Euro wirklich kürzen wollen, was bedeutete das für die Rheinoper insgesamt?

    Grote: Wir könnten dann Duisburg nicht mehr richtig bespielen, wir müssten das ganze Personal, das dort ist, abziehen beziehungsweise an Duisburg abtreten, weil wir es nicht mehr bezahlen könnten, denn es ist mehr Geld als das Geld, das wir für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die allein in Duisburg vor Ort sind, kosten.

    Schmitz: Das heißt, Duisburg würde auf jeden Fall wegfallen als Opernstandort, egal ob man das Geld kürzt, oder ob man die Ehe trennt?

    Grote: Nein, man könnte Mittellösungen finden. Man könnte die Lösung finden, dass von Düsseldorf sozusagen als Gastspielform auch Duisburg noch mit bespielt wird, gibt aber einen deutlich reduzierten Umfang, und dass dann diese Vorstellungen kostendeckend verkauft werden müssten.

    Schmitz: Aber sind denn die Kürzungsvorschläge nicht doch nur Vorschläge, oder ist das schon abgemacht?

    Grote: Der Stadtdirektor Duisburgs hat das offiziell dem Bürgermeister mitgeteilt in Düsseldorf und der ist unser Aufsichtsratsvorsitzender, der hat uns eben informieren lassen. Daraus entnehme ich, dass das der erklärte Wille des Verwaltungsvorstands ist, dass aber natürlich der Rat noch nicht entschieden hat.

    Schmitz: Ist sich denn die Stadt Duisburg darüber im klaren, dass mit der Kürzung von nur 2,5 Millionen Euro eine hoch qualitative Oper, die man sonst günstiger überhaupt nicht haben könnte, wegfallen würde? Denn nur dadurch, dass Düsseldorf ja stark ist und den ungleich größeren Teil, nämlich über rund 24 Millionen Euro zahlt, davon profitiert ja Duisburg enorm.

    Grote: Ich glaube, das ist den Duisburgern bewusst, aber die haben anscheinend in ihrer Not nicht gewusst, wo sie sonst das Geld hernehmen sollen, und haben sich deswegen auch entschlossen, nicht mehr auf den 2,5 Millionen zu beharren, die auch in der Form nicht gingen, sondern dann lieber gleich sich ganz aus der Gesellschaft zurückzuziehen.

    Schmitz: Das heißt, eine gesellschaftliche Diskussion der Bürger hat es noch gar nicht gegeben?

    Grote: Nein, die leiten wir gerade ein, und zwar durch unsere Unterschriftenaktion, durch unsere Informationen vor jeder Vorstellung in Düsseldorf und Duisburg und vor allen Dingen durch unsere Internet-Petition, die wir eingerichtet haben, wo sich innerhalb eines Tages, also von gestern Abend an bis heute Mittag, schon 2800 Menschen auch zum größten Teil namentlich eingetragen haben.

    Schmitz: …, sagt Jochen Grote, Geschäftsführender Direktor der Rheinoper, zur Krise der Operngemeinschaft Düsseldorf-Duisburg.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.