Der Gipfel für nachhaltige Entwicklung ist noch nicht über dem Berg, aber er ist auch noch nicht den Bach runter, und deswegen lassen Sie uns gemeinsam eine Initiative und Kraft darein investieren, damit nachhaltige Entwicklung keine Lehrformel wird, sondern ein Schritt zu wirklicher, globaler Gerechtigkeit.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin am 14. Juni vor dem Deutschen Bundestag in Berlin. 73 Tage vor dem vom 26. August bis zum 4. September im südafrikanischen Johannesburg stattfindenden "Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung" unterstreicht der Grünen-Politiker mit dieser bewusst schrägen Bildersprache die trüben Aussichten einer Mammutkonferenz mit rund 6000 Teilnehmern aus aller Welt, die zehn Jahre nach dem legendären Weltgipfel von Rio de Janeiro nicht nur Bilanz ziehen, sondern möglichst auch neue konkrete Zielvereinbarungen verabschieden soll zur Überwindung der Armut durch schonenderen Umgang mit Boden, Wasser und Luft. Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in derselben Bundestagsdebatte:
Johannesburg muss zu einem Weltgipfel der Aktion werden und verbindliche Aktionspläne für gemeinsames Handeln festlegen. Kofi Annan hat das für die Bereiche Wasser, Energie Gesundheit, Ernährung und Landwirtschaft sowie Biodiversität gefordert.
"Verbindliche Aktionspläne" - dafür zeichnet sich auch heute, 54 Tage vor Johannesburg und 5 Tage nach dem G7 Gipfel der reichsten Industrieländer im kanadischen Kananaskis noch keine Mehrheit ab. Zu uneinig und zu unverbindlich war dafür die letzte große Vorbereitungskonferenz für Johannesburg Anfang Juni auf der indonesischen Insel Bali zuende gegangen. Keine Spur mehr von der großen Aufbruchstimmung, die 1992 - nach dem Ende des Kalten Krieges - auf der Weltkonferenz in Rio geherrscht hatte, bei der Staatsmänner wie George Bush Senior und Helmut Kohl den Einsatz der zu erwartenden Friedensdividende für eine weltweit nachhaltige Entwicklung in Aussicht gestellt hatten. In seiner letzten Bundestagsrede erinnerte der langjährige Umweltexperte der CDU/CSU-Fraktion, Prof. Paul Laufs, an jene Zeiten und resümierte bitter:
Die Ergebnisse von Bali sind ernüchternd und enttäuschend. Wo es konkret und hart zur Sache ging, konnten sich die EU und Deutschland mit ihren Vorschlägen nicht durchsetzten. Es gibt keine Fortschritte zur biologischen Vielfalt, kein Weiterkommen im Kampf um die Beendigung der Waldzerstörung, keine konkreten Ziele und Aktionsprogramme für nachhaltige Energie- und Wasserpolitik, keine Fortschritte bei den streitigen Querschnittsthemen Menschenrechte, gute Regierungsführung, Handel-, Finanz-, und Verbraucherinformation, integrierte Produkt- und Produktionspolitik, internationales Chemikalienmanagement und anderes mehr. Die wichtigsten Fragen sind offen und müssen auf dem Weltgipfel, insbesondere im Ministersegment weiterverhandelt werden.
Einen Tag nach der Berliner Bundestagsdebatte hatten im alten Bonner Bundeshaus der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, und Misereor rund 300 Delegierte von lokalen Agenda 21-Gruppen zusammengetrommelt, um auf dem Weg nach Johannesburg Bilanz zu ziehen und Forderungen zu stellen. Schon 1996 hatten die Umweltorganisation und das bischöfliche Hilfswerk zusammen mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie eine breite gesellschaftliche Diskussion über nachhaltige Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland angestoßen. Jetzt bilanzierte Misereor- Hauptgeschäftsführer Prof. Josef Sayer:
Was vorangekommen ist, ist das Bewusstsein, dass Norden und Süden zusammenhängen. Es geht um Ökologie, es geht aber auch genau um Gerechtigkeit in der einen Welt. Was wir hier tun hat Auswirkungen auf die Menschen im Süden und umgekehrt, was die Menschen, die im Süden leben, tun, hat Auswirkungen auf uns. Wenn Urwälder abgeholzt werden, merken wir das im Bereich des Klima, und umgekehrt merken auch die Menschen im Süden, wenn der Schadstoffausstoß so erhöht ist und so weitergeht.
Wie wenig international seit Rio vorangekommen ist, zeigen allerdings viele schlimme Beispiele, die BUND und Misereor in einem neuen Buch zusammengetragen haben. So hat sich zum Beispiel die Abholzung des Tropenwaldes am Amazonas, die die G7-Staaten durch ein hochdotiertes Hilfsprogramm endlich stoppen wollten, eher noch beschleunigt. Fast zwei Millionen Hektar Wald verschwanden in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre jährlich, was pro Minute der Fläche von 7 Fußballfeldern entsprach. Kein Wunder, wenn eine kleine globale Mittel- und Oberschicht nach wie vor glaubt den Großteil der Weltressourcen für sich in Anspruch nehmen zu dürfen. Für Dr. Angelika Zahrnd, die Vorsitzende des BUND, ergibt sich daraus die Forderung:
Es muss jedem Menschen auf der Welt das gleiche Recht auf Umweltnutzung zustehen. Heute ist es immer noch so, dass 20 Prozent der Weltbevölkerung 80 Prozent der Ressourcen nutzen. Wir müssen sehr viel weniger verbrauchen, bei Energie, bei Ressourcen sehr viel weniger Schadstoffe emittieren, ein Leitbild, rechtes Maß für Raum und Zeit, um zum nachdenken darüber anzuregen, ob das, was unter unserem bisherigen Lebensstil steht - mehr, weiter, schneller - das Richtige ist, oder ob man nicht zu einem Lebensmodell umschalten müsste, das man vielleicht eher so charakterisieren könnte: Weniger, besser und schöner.
"Weniger, besser und schöner", das hieße nach dem Wegweiser von BUND und Misereor für den Klimaschutz bei gleichen Emissionsrechten für alle Menschen, dass zum Beispiel die Deutschen ihre C02-Emmissionen von heute zehn auf eine Tonne jährlich pro Kopf bis 2050 reduzieren müssten. Angelika Zahrnt:
Bundeskanzler Kohl hat sich ja damals in Rio hingestellt und einfach gesagt: Wir werden in der Bundesrepublik minus 25 Prozent einsparen bis zum Jahre 2005. Das war einfach ein mutiges Vorangehen, und sich mit ähnlichem Einsatz da zu engagieren, erwarten wir auch vom Bundeskanzler. Wir haben auch noch vom Rat für Nachhaltige Entwicklung einen speziellen Wunsch, dass eine Weltkommission von der UNO eingesetzt wird, die den Zusammenhang zwischen Globalisierung und Nachhaltigkeit untersucht, weil es so aussieht, als ob die bisherige Art von Globalisierung Nachhaltigkeit zerstört, und was braucht nachhaltige Entwicklung an globalen Regeln?
"Global Rules for Global Players"- was der deutsche BUND da mit seinen internationalen Partnerorganisationen von "Friends of the Earth" mit Postern und Postkarten in Johannesburg fordern wird, dürfte sich nach Ansicht von Skeptikern kaum in den Beschlüssen der Weltkonferenz niederschlagen. Professor Franz Nuscheler von der Universität Duisburg, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltfragen, meinte beim Bonner Vorbereitungskongress:
In Bali hat sich gezeigt, dass nicht nur jetzt die USA blockieren, sondern im Schatten der USA auch andere Länder, die dann sagen: Wenn die USA nicht wollen, dann wollen wir auch nicht. Gerade bei den Entwicklungsländern besteht ein bisschen die Angst davor, dass alles, was sich global nennt, gleich ein bisschen imperial ist. Es wird ein Flop werden, was ich unglaublich bedauere. Nach diesem Aufbruch in Rio werden wir eher einen Backlash in Johannesburg haben. Zum Klimaschutz: Wir werden auch die Biodiversitätskonventionen, wir werden auch das Meldeprotokoll nicht bekommen .Wir werden kein Wasserprotokoll bekommen, das heißt, alle dringenden Probleme, Wasser, Energie, Biodiversität und Klimaschutz werden keine Fortschritte erleben. Allenfalls vielleicht dass man eine Resolutionen hat, die etwas in Gang setzten. Aber wir werden keine Beschlüsse bekommen.
Wenigstens pünktlich zum Weltgipfel in Johannesburg - so die heimliche Hoffnung des in Rio 1992 aus der Taufe gehobenen UN-Klimasekretariats mit Sitz in Bonn - sollte das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zur Umsetzung der Klimarahmenkonvention als hoffnungsvolles Signal verkündet werden. Nun ist das Protokoll zwar schon von weit über 55 Staaten ratifiziert worden, nicht aber von den erforderlichen 55 Prozent der Hauptemittenten, so dass die neue Exekutivsekretärin des UN-Klimasekretariats, die Niederländerin Joke Waller-Hunter, nur soviel sagen konnte:
Ich glaube, es ist sehr positiv, dass jetzt 74 Staaten und 35,8 Prozent der Emissionen schon erreicht sind, und wir haben gerade in der letzten Woche gesehen, dass sehr viele Länder bereits ratifiziert haben. Ich hoffe, dass es in Johannesburg, während des Gipfels, möglich wäre, wann das Kyoto-Protokoll in Wirkung treten wird.
Erst mit einem wirklichen Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls aber ließen sich neben den eher bescheidenen Reduktionszielen für Treibhausgase in den Industrieländern auch die kühnen Vorhaben für klimafreundliche regenerative Energiegewinnung in den Entwicklungsländern in Angriff nehmen, ohne die es nach Ansicht von Klimaexperten keine nachhaltige Entwicklung geben wird. Bei einer Veranstaltung des Bonner Forschungsministeriums und der Leibnitz-Wissenschaftsgemeinschaft, regte Prof. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung an:
Warum sollten wir nicht die Länder, die im Augenblick a) am wenigsten wirtschaftliche Entwicklung haben und b) am stärken von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden zu den Zentren dieser neuen Energieproduktion entwickeln, zum Beispiel die Sahel-Zone: Da haben Sie das größte Potenzial an Solareinstrahlung und diese Flächen liegen brach. Das heißt, die Zukunft liegt eigentlich genau da, dass wir intensiv in diesen Ländern investieren, eine Infrastruktur aufzubauen, die sie sowohl zu Produzenten der Primärenergie macht, die in keiner Weise dem Klima schadet, sie aber auch zu Produzenten macht, die auf dem Weltmarkt ihren Preis haben wird. Auf diese Weise wird eben auch die wirtschaftliche Entwicklung gefördert.
In der Johannesburg-Debatte des Bundestages hatte tags darauf die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul ganz im Sinne des Klimaforschers plädiert:
Deutschland ist prädestiniert für diesen neuen Energieansatz, denn wir sind bei Energiespartechniken und umweltschonenden Energien führend auf der Welt. Was ehedem unmöglich schien, die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Anstieg des Energieverbrauchs - wir haben es geschafft, und im Sinne des Konsensus der Entwicklungspartnerschaft, wie er in Monterrey vereinbart worden ist, wollen wir diese Errungenschaft nicht für uns behalten, sondern sie mit den Partnern in den Entwicklungs- und Transformationsländern teilen. Einer unserer Schwerpunkte für Johannesburg ist: Wir wollen neue strategische Partnerschaften mit der Industrie für besseren Klimaschutz und nachhaltige, effiziente Energieversorgung auf den Weg bringen. Es geht auch darum, eine Initiative erneuerbarer Energien zu ermöglichen, und wir wollen mit unseren entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen dazu beitragen, dass das auch praktisch vor Ort funktioniert und gute Ergebnisse bringt.
Ein schönes, aber all zu hoch gestecktes Ziel. So jedenfalls sah es für die CDU/CSU-Opposition der Energie- und Umweltexperte Paul Laufs:
Erneuerbare Energien haben ihre sinnvollen, wichtigen Anwendungsbereiche. Das stellt doch kein Mensch in Frage. Aber es ist nicht im Interesse der Entwicklungsländer, wenn wir uns beim Technologietransfer vorrangig auf kostenaufwendige, regenerative Energieaufwendungen konzentrieren, wenn auch keine preisgünstigen Speichermöglichkeiten vor Ort vorhanden sind.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hielt solcher Skepsis freilich entgegen:
Wir haben uns im wesentlichen auf zwei Felder konzentriert, nämlich auf die Frage der Wasser- und auf die Frage der Energiepolitik. Beides sind für Armutsbekämpfung, für Entwicklung in den Ländern des Südens die Schlüsselprobleme. Wenn 2 Milliarden Menschen ohne Wasser- und ohne Abwasserregelung auf diesem Globus leben müssen, dann sind sie von Entwicklung abgeschlossen. Deswegen das Ziel, bis 2015 die Hälfte dieser Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen und ihnen eine ordentliche Abwasserversorgung zu bringen. Das ist ein konkretes Ziel, um das wir in Johannesburg streiten müssen. Und meine Damen und Herren, wenn 2 Milliarden Menschen ohne Anschluss an Elektrizität auf diesem Globus leben, dann heißt das, diese 2 Milliarden Menschen sind von der Globalisierung, von den Chancen, die die Globalisierung bietet ausgeschlossen ohne Elektrizität. Das ist keine Frage von Technik. Das ist eine Frage von politischen Entscheidungen. Wenn wir die Elektrizität nicht zu den Menschen bringen, werden die Menschen zu der Energie hingehen. Sie werden weiter das Land in die großen Städte verlassen mit all diesen Problemen.
Um Strategien wie diese konkret umzusetzen, reichen die in Rio geschaffenen neuen UN-Sekretariate nach Ansicht von Prof. Franz Nuscheler allerdings nicht aus:
Wir haben eine UNIDO, wo man aber nicht weiß, was sie eigentlich tut. Wir haben die FA0, die jetzt die Welternährungsorganisationskonferenz abgehalten hat. Wir haben die ILO. Das sind alles wichtige Organisationen, aber für das Problem Umweltschutz, Klimaschutz, Biodiversität haben wir nur ein kleines Programm mit einem Mitarbeiterstab in Nairobi, der nur halb so groß ist wie das deutsche Bundesumweltamt. Herr Töpfer gibt sich unheimlich Mühe, aber er ist einfach auf Grund der Kapazitäten nicht in der Lage, wirklich dem Problem angemessene Strategien zu entwickeln. Also, wir brauchen eine dem Problem angemessene, globale Umweltorganisation, die in der Lage ist, die völlig zerfledderten Einzelaktivitäten, die verteilt sind auf Sekretariate - hier in Bonn gibt es das Wüstensekretariat und andere Sekretariat -, die völlig aneinander vorbeiarbeiten. Also, man braucht eine Dachorganisation, die hinreichend mit einem Mandat und mit Geld ausgestattet ist, um Strategien zu entwickeln, die wirklich dem Problem angemessen sind.
Und nicht nur an einer geeigneten globalen Umweltagentur fehlt es. Es fehlt auch an Geld. Warum also nicht auch jene Verkehrsmittel mit einer international verwendbaren Abgabe belegen, die mit am meisten zum gefährlichen Klimawandel beitragen!
Die Flugzeuge geben enorme Mengen an CO2, SO2 und anderen Schadstoffen ab. Und so wäre es sinnvoll, wenn wir als Konsumenten Flugzeuge gebrauchen, dass wir auch für die Schäden eintreten. Es gibt Vorschläge dafür, wo nicht die Staaten, die ja sowieso nichts bezahlen wollen, sondern wo die Konsumenten, die die eigentlichen Verursacher sind, zur Kasse gebeten werden. Man könnte auch relativ leicht, wenn man ein Ticket kauft 10 oder 4 Euro draufschlagen, je nachdem ob ich einen Langstrecken- oder einen Kurzstreckenflug nehme. Es gibt bereits in Norwegen bei Inlandflügen Ansätze, wo solche Umweltabgaben erhoben werden.
Abgaben für die Nutzung des Luftraumes oder der Weltmeere, sie sind inzwischen auch von einer Mehrheit in der Bundestags-Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" gefordert worden. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium, Uschi Eid, fügt dem allerdings hinzu:
Entgelder für die Nutzung der Weltmeere, Entgelder auch für die Nutzung des Weltraumes und eben durch den Flugverkehr. Das finde ich wichtig, dass wir hier genau schauen, was ist hiervon umsetzbar. Aber, wenn ich zum Beispiel sehe, dass wir ungeheure Summen für Agrarsubventionen ausgeben, ungeheure Summen für Kohlesubventionen, dann glaube ich, ist auch innerhalb unseres bundesdeutschen Haushaltes durchaus noch Raum, um Gelder zugunsten der Entwicklungsfinanzierung umzuschichten.
Gut gemeinte und gewiss weiterführende Finanzierungsvorschläge für die Umkehr zu nachhaltiger Entwicklung. Dass es einer möglichen Allianz zwischen Europäischer Union und der Gruppe der Entwicklungsländer bei der Vorbereitungskonferenz von Bali allerdings nicht gelang, dies gemeinsam in die 71-seitige Beschlussvorlage für Johannesburg zu bringen, liegt - so Jürgen Trittin - nun ausnahmsweise nicht nur an der Bremserrolle der Vereinigten Staaten, sondern an der kurzsichtigen Interessenswahrung auch mancher EU-Staaten selbst:
Woran ist das Bündnis mit den Entwicklungsländern in Bali gescheitert? Ich will es Ihnen sagen: Es ist daran gescheitert, dass sich Europa selbst im Konsens nicht darauf verständigen konnte, dem Satz zuzustimmen, dass auch wettbewerbsverzerrende, und nicht nur umweltschädliche Subventionen abgebaut werden sollen.
Ein besonders krasses von vielen miesen Beispielen für europäische Agrarsubventionen zum Schaden afrikanischer Bauern berichtete Trittin ausgerechnet aus Südafrika, dem gastgebenden Land der Rio+10-Konferenz.
Europa ist auf diesen Markt zum Beispiel mit Pfirsichen gegangen, die sie so stark subventioniert hatte, dass griechische Pfirsiche trotz der Transportkosten in Südafrika 10 Prozent billiger waren als die heimischen Pfirsiche, und hat somit eine funktionierende, südafrikanische Pfirsichkonservenproduktion kaputt gemacht. 3000 Menschen sind arbeitslos geworden. Das sind die Erfahrungen, von denen die Entwicklungsländer sprechen, und deswegen sage ich: Da muss Europa auch zu seinen Verpflichtungen beim Öffnen der Märkte, beim Abbauen der Subventionen stehen. Das ist die Schlüsselfrage, die mit Johannesburg ein Erfolg wird.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin am 14. Juni vor dem Deutschen Bundestag in Berlin. 73 Tage vor dem vom 26. August bis zum 4. September im südafrikanischen Johannesburg stattfindenden "Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung" unterstreicht der Grünen-Politiker mit dieser bewusst schrägen Bildersprache die trüben Aussichten einer Mammutkonferenz mit rund 6000 Teilnehmern aus aller Welt, die zehn Jahre nach dem legendären Weltgipfel von Rio de Janeiro nicht nur Bilanz ziehen, sondern möglichst auch neue konkrete Zielvereinbarungen verabschieden soll zur Überwindung der Armut durch schonenderen Umgang mit Boden, Wasser und Luft. Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul in derselben Bundestagsdebatte:
Johannesburg muss zu einem Weltgipfel der Aktion werden und verbindliche Aktionspläne für gemeinsames Handeln festlegen. Kofi Annan hat das für die Bereiche Wasser, Energie Gesundheit, Ernährung und Landwirtschaft sowie Biodiversität gefordert.
"Verbindliche Aktionspläne" - dafür zeichnet sich auch heute, 54 Tage vor Johannesburg und 5 Tage nach dem G7 Gipfel der reichsten Industrieländer im kanadischen Kananaskis noch keine Mehrheit ab. Zu uneinig und zu unverbindlich war dafür die letzte große Vorbereitungskonferenz für Johannesburg Anfang Juni auf der indonesischen Insel Bali zuende gegangen. Keine Spur mehr von der großen Aufbruchstimmung, die 1992 - nach dem Ende des Kalten Krieges - auf der Weltkonferenz in Rio geherrscht hatte, bei der Staatsmänner wie George Bush Senior und Helmut Kohl den Einsatz der zu erwartenden Friedensdividende für eine weltweit nachhaltige Entwicklung in Aussicht gestellt hatten. In seiner letzten Bundestagsrede erinnerte der langjährige Umweltexperte der CDU/CSU-Fraktion, Prof. Paul Laufs, an jene Zeiten und resümierte bitter:
Die Ergebnisse von Bali sind ernüchternd und enttäuschend. Wo es konkret und hart zur Sache ging, konnten sich die EU und Deutschland mit ihren Vorschlägen nicht durchsetzten. Es gibt keine Fortschritte zur biologischen Vielfalt, kein Weiterkommen im Kampf um die Beendigung der Waldzerstörung, keine konkreten Ziele und Aktionsprogramme für nachhaltige Energie- und Wasserpolitik, keine Fortschritte bei den streitigen Querschnittsthemen Menschenrechte, gute Regierungsführung, Handel-, Finanz-, und Verbraucherinformation, integrierte Produkt- und Produktionspolitik, internationales Chemikalienmanagement und anderes mehr. Die wichtigsten Fragen sind offen und müssen auf dem Weltgipfel, insbesondere im Ministersegment weiterverhandelt werden.
Einen Tag nach der Berliner Bundestagsdebatte hatten im alten Bonner Bundeshaus der Bund Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND, und Misereor rund 300 Delegierte von lokalen Agenda 21-Gruppen zusammengetrommelt, um auf dem Weg nach Johannesburg Bilanz zu ziehen und Forderungen zu stellen. Schon 1996 hatten die Umweltorganisation und das bischöfliche Hilfswerk zusammen mit dem Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie eine breite gesellschaftliche Diskussion über nachhaltige Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland angestoßen. Jetzt bilanzierte Misereor- Hauptgeschäftsführer Prof. Josef Sayer:
Was vorangekommen ist, ist das Bewusstsein, dass Norden und Süden zusammenhängen. Es geht um Ökologie, es geht aber auch genau um Gerechtigkeit in der einen Welt. Was wir hier tun hat Auswirkungen auf die Menschen im Süden und umgekehrt, was die Menschen, die im Süden leben, tun, hat Auswirkungen auf uns. Wenn Urwälder abgeholzt werden, merken wir das im Bereich des Klima, und umgekehrt merken auch die Menschen im Süden, wenn der Schadstoffausstoß so erhöht ist und so weitergeht.
Wie wenig international seit Rio vorangekommen ist, zeigen allerdings viele schlimme Beispiele, die BUND und Misereor in einem neuen Buch zusammengetragen haben. So hat sich zum Beispiel die Abholzung des Tropenwaldes am Amazonas, die die G7-Staaten durch ein hochdotiertes Hilfsprogramm endlich stoppen wollten, eher noch beschleunigt. Fast zwei Millionen Hektar Wald verschwanden in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre jährlich, was pro Minute der Fläche von 7 Fußballfeldern entsprach. Kein Wunder, wenn eine kleine globale Mittel- und Oberschicht nach wie vor glaubt den Großteil der Weltressourcen für sich in Anspruch nehmen zu dürfen. Für Dr. Angelika Zahrnd, die Vorsitzende des BUND, ergibt sich daraus die Forderung:
Es muss jedem Menschen auf der Welt das gleiche Recht auf Umweltnutzung zustehen. Heute ist es immer noch so, dass 20 Prozent der Weltbevölkerung 80 Prozent der Ressourcen nutzen. Wir müssen sehr viel weniger verbrauchen, bei Energie, bei Ressourcen sehr viel weniger Schadstoffe emittieren, ein Leitbild, rechtes Maß für Raum und Zeit, um zum nachdenken darüber anzuregen, ob das, was unter unserem bisherigen Lebensstil steht - mehr, weiter, schneller - das Richtige ist, oder ob man nicht zu einem Lebensmodell umschalten müsste, das man vielleicht eher so charakterisieren könnte: Weniger, besser und schöner.
"Weniger, besser und schöner", das hieße nach dem Wegweiser von BUND und Misereor für den Klimaschutz bei gleichen Emissionsrechten für alle Menschen, dass zum Beispiel die Deutschen ihre C02-Emmissionen von heute zehn auf eine Tonne jährlich pro Kopf bis 2050 reduzieren müssten. Angelika Zahrnt:
Bundeskanzler Kohl hat sich ja damals in Rio hingestellt und einfach gesagt: Wir werden in der Bundesrepublik minus 25 Prozent einsparen bis zum Jahre 2005. Das war einfach ein mutiges Vorangehen, und sich mit ähnlichem Einsatz da zu engagieren, erwarten wir auch vom Bundeskanzler. Wir haben auch noch vom Rat für Nachhaltige Entwicklung einen speziellen Wunsch, dass eine Weltkommission von der UNO eingesetzt wird, die den Zusammenhang zwischen Globalisierung und Nachhaltigkeit untersucht, weil es so aussieht, als ob die bisherige Art von Globalisierung Nachhaltigkeit zerstört, und was braucht nachhaltige Entwicklung an globalen Regeln?
"Global Rules for Global Players"- was der deutsche BUND da mit seinen internationalen Partnerorganisationen von "Friends of the Earth" mit Postern und Postkarten in Johannesburg fordern wird, dürfte sich nach Ansicht von Skeptikern kaum in den Beschlüssen der Weltkonferenz niederschlagen. Professor Franz Nuscheler von der Universität Duisburg, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltfragen, meinte beim Bonner Vorbereitungskongress:
In Bali hat sich gezeigt, dass nicht nur jetzt die USA blockieren, sondern im Schatten der USA auch andere Länder, die dann sagen: Wenn die USA nicht wollen, dann wollen wir auch nicht. Gerade bei den Entwicklungsländern besteht ein bisschen die Angst davor, dass alles, was sich global nennt, gleich ein bisschen imperial ist. Es wird ein Flop werden, was ich unglaublich bedauere. Nach diesem Aufbruch in Rio werden wir eher einen Backlash in Johannesburg haben. Zum Klimaschutz: Wir werden auch die Biodiversitätskonventionen, wir werden auch das Meldeprotokoll nicht bekommen .Wir werden kein Wasserprotokoll bekommen, das heißt, alle dringenden Probleme, Wasser, Energie, Biodiversität und Klimaschutz werden keine Fortschritte erleben. Allenfalls vielleicht dass man eine Resolutionen hat, die etwas in Gang setzten. Aber wir werden keine Beschlüsse bekommen.
Wenigstens pünktlich zum Weltgipfel in Johannesburg - so die heimliche Hoffnung des in Rio 1992 aus der Taufe gehobenen UN-Klimasekretariats mit Sitz in Bonn - sollte das Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls zur Umsetzung der Klimarahmenkonvention als hoffnungsvolles Signal verkündet werden. Nun ist das Protokoll zwar schon von weit über 55 Staaten ratifiziert worden, nicht aber von den erforderlichen 55 Prozent der Hauptemittenten, so dass die neue Exekutivsekretärin des UN-Klimasekretariats, die Niederländerin Joke Waller-Hunter, nur soviel sagen konnte:
Ich glaube, es ist sehr positiv, dass jetzt 74 Staaten und 35,8 Prozent der Emissionen schon erreicht sind, und wir haben gerade in der letzten Woche gesehen, dass sehr viele Länder bereits ratifiziert haben. Ich hoffe, dass es in Johannesburg, während des Gipfels, möglich wäre, wann das Kyoto-Protokoll in Wirkung treten wird.
Erst mit einem wirklichen Inkrafttreten des Kyoto-Protokolls aber ließen sich neben den eher bescheidenen Reduktionszielen für Treibhausgase in den Industrieländern auch die kühnen Vorhaben für klimafreundliche regenerative Energiegewinnung in den Entwicklungsländern in Angriff nehmen, ohne die es nach Ansicht von Klimaexperten keine nachhaltige Entwicklung geben wird. Bei einer Veranstaltung des Bonner Forschungsministeriums und der Leibnitz-Wissenschaftsgemeinschaft, regte Prof. Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung an:
Warum sollten wir nicht die Länder, die im Augenblick a) am wenigsten wirtschaftliche Entwicklung haben und b) am stärken von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden zu den Zentren dieser neuen Energieproduktion entwickeln, zum Beispiel die Sahel-Zone: Da haben Sie das größte Potenzial an Solareinstrahlung und diese Flächen liegen brach. Das heißt, die Zukunft liegt eigentlich genau da, dass wir intensiv in diesen Ländern investieren, eine Infrastruktur aufzubauen, die sie sowohl zu Produzenten der Primärenergie macht, die in keiner Weise dem Klima schadet, sie aber auch zu Produzenten macht, die auf dem Weltmarkt ihren Preis haben wird. Auf diese Weise wird eben auch die wirtschaftliche Entwicklung gefördert.
In der Johannesburg-Debatte des Bundestages hatte tags darauf die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul ganz im Sinne des Klimaforschers plädiert:
Deutschland ist prädestiniert für diesen neuen Energieansatz, denn wir sind bei Energiespartechniken und umweltschonenden Energien führend auf der Welt. Was ehedem unmöglich schien, die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Anstieg des Energieverbrauchs - wir haben es geschafft, und im Sinne des Konsensus der Entwicklungspartnerschaft, wie er in Monterrey vereinbart worden ist, wollen wir diese Errungenschaft nicht für uns behalten, sondern sie mit den Partnern in den Entwicklungs- und Transformationsländern teilen. Einer unserer Schwerpunkte für Johannesburg ist: Wir wollen neue strategische Partnerschaften mit der Industrie für besseren Klimaschutz und nachhaltige, effiziente Energieversorgung auf den Weg bringen. Es geht auch darum, eine Initiative erneuerbarer Energien zu ermöglichen, und wir wollen mit unseren entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen dazu beitragen, dass das auch praktisch vor Ort funktioniert und gute Ergebnisse bringt.
Ein schönes, aber all zu hoch gestecktes Ziel. So jedenfalls sah es für die CDU/CSU-Opposition der Energie- und Umweltexperte Paul Laufs:
Erneuerbare Energien haben ihre sinnvollen, wichtigen Anwendungsbereiche. Das stellt doch kein Mensch in Frage. Aber es ist nicht im Interesse der Entwicklungsländer, wenn wir uns beim Technologietransfer vorrangig auf kostenaufwendige, regenerative Energieaufwendungen konzentrieren, wenn auch keine preisgünstigen Speichermöglichkeiten vor Ort vorhanden sind.
Bundesumweltminister Jürgen Trittin hielt solcher Skepsis freilich entgegen:
Wir haben uns im wesentlichen auf zwei Felder konzentriert, nämlich auf die Frage der Wasser- und auf die Frage der Energiepolitik. Beides sind für Armutsbekämpfung, für Entwicklung in den Ländern des Südens die Schlüsselprobleme. Wenn 2 Milliarden Menschen ohne Wasser- und ohne Abwasserregelung auf diesem Globus leben müssen, dann sind sie von Entwicklung abgeschlossen. Deswegen das Ziel, bis 2015 die Hälfte dieser Menschen mit sauberem Wasser zu versorgen und ihnen eine ordentliche Abwasserversorgung zu bringen. Das ist ein konkretes Ziel, um das wir in Johannesburg streiten müssen. Und meine Damen und Herren, wenn 2 Milliarden Menschen ohne Anschluss an Elektrizität auf diesem Globus leben, dann heißt das, diese 2 Milliarden Menschen sind von der Globalisierung, von den Chancen, die die Globalisierung bietet ausgeschlossen ohne Elektrizität. Das ist keine Frage von Technik. Das ist eine Frage von politischen Entscheidungen. Wenn wir die Elektrizität nicht zu den Menschen bringen, werden die Menschen zu der Energie hingehen. Sie werden weiter das Land in die großen Städte verlassen mit all diesen Problemen.
Um Strategien wie diese konkret umzusetzen, reichen die in Rio geschaffenen neuen UN-Sekretariate nach Ansicht von Prof. Franz Nuscheler allerdings nicht aus:
Wir haben eine UNIDO, wo man aber nicht weiß, was sie eigentlich tut. Wir haben die FA0, die jetzt die Welternährungsorganisationskonferenz abgehalten hat. Wir haben die ILO. Das sind alles wichtige Organisationen, aber für das Problem Umweltschutz, Klimaschutz, Biodiversität haben wir nur ein kleines Programm mit einem Mitarbeiterstab in Nairobi, der nur halb so groß ist wie das deutsche Bundesumweltamt. Herr Töpfer gibt sich unheimlich Mühe, aber er ist einfach auf Grund der Kapazitäten nicht in der Lage, wirklich dem Problem angemessene Strategien zu entwickeln. Also, wir brauchen eine dem Problem angemessene, globale Umweltorganisation, die in der Lage ist, die völlig zerfledderten Einzelaktivitäten, die verteilt sind auf Sekretariate - hier in Bonn gibt es das Wüstensekretariat und andere Sekretariat -, die völlig aneinander vorbeiarbeiten. Also, man braucht eine Dachorganisation, die hinreichend mit einem Mandat und mit Geld ausgestattet ist, um Strategien zu entwickeln, die wirklich dem Problem angemessen sind.
Und nicht nur an einer geeigneten globalen Umweltagentur fehlt es. Es fehlt auch an Geld. Warum also nicht auch jene Verkehrsmittel mit einer international verwendbaren Abgabe belegen, die mit am meisten zum gefährlichen Klimawandel beitragen!
Die Flugzeuge geben enorme Mengen an CO2, SO2 und anderen Schadstoffen ab. Und so wäre es sinnvoll, wenn wir als Konsumenten Flugzeuge gebrauchen, dass wir auch für die Schäden eintreten. Es gibt Vorschläge dafür, wo nicht die Staaten, die ja sowieso nichts bezahlen wollen, sondern wo die Konsumenten, die die eigentlichen Verursacher sind, zur Kasse gebeten werden. Man könnte auch relativ leicht, wenn man ein Ticket kauft 10 oder 4 Euro draufschlagen, je nachdem ob ich einen Langstrecken- oder einen Kurzstreckenflug nehme. Es gibt bereits in Norwegen bei Inlandflügen Ansätze, wo solche Umweltabgaben erhoben werden.
Abgaben für die Nutzung des Luftraumes oder der Weltmeere, sie sind inzwischen auch von einer Mehrheit in der Bundestags-Enquete-Kommission "Globalisierung der Weltwirtschaft" gefordert worden. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesentwicklungsministerium, Uschi Eid, fügt dem allerdings hinzu:
Entgelder für die Nutzung der Weltmeere, Entgelder auch für die Nutzung des Weltraumes und eben durch den Flugverkehr. Das finde ich wichtig, dass wir hier genau schauen, was ist hiervon umsetzbar. Aber, wenn ich zum Beispiel sehe, dass wir ungeheure Summen für Agrarsubventionen ausgeben, ungeheure Summen für Kohlesubventionen, dann glaube ich, ist auch innerhalb unseres bundesdeutschen Haushaltes durchaus noch Raum, um Gelder zugunsten der Entwicklungsfinanzierung umzuschichten.
Gut gemeinte und gewiss weiterführende Finanzierungsvorschläge für die Umkehr zu nachhaltiger Entwicklung. Dass es einer möglichen Allianz zwischen Europäischer Union und der Gruppe der Entwicklungsländer bei der Vorbereitungskonferenz von Bali allerdings nicht gelang, dies gemeinsam in die 71-seitige Beschlussvorlage für Johannesburg zu bringen, liegt - so Jürgen Trittin - nun ausnahmsweise nicht nur an der Bremserrolle der Vereinigten Staaten, sondern an der kurzsichtigen Interessenswahrung auch mancher EU-Staaten selbst:
Woran ist das Bündnis mit den Entwicklungsländern in Bali gescheitert? Ich will es Ihnen sagen: Es ist daran gescheitert, dass sich Europa selbst im Konsens nicht darauf verständigen konnte, dem Satz zuzustimmen, dass auch wettbewerbsverzerrende, und nicht nur umweltschädliche Subventionen abgebaut werden sollen.
Ein besonders krasses von vielen miesen Beispielen für europäische Agrarsubventionen zum Schaden afrikanischer Bauern berichtete Trittin ausgerechnet aus Südafrika, dem gastgebenden Land der Rio+10-Konferenz.
Europa ist auf diesen Markt zum Beispiel mit Pfirsichen gegangen, die sie so stark subventioniert hatte, dass griechische Pfirsiche trotz der Transportkosten in Südafrika 10 Prozent billiger waren als die heimischen Pfirsiche, und hat somit eine funktionierende, südafrikanische Pfirsichkonservenproduktion kaputt gemacht. 3000 Menschen sind arbeitslos geworden. Das sind die Erfahrungen, von denen die Entwicklungsländer sprechen, und deswegen sage ich: Da muss Europa auch zu seinen Verpflichtungen beim Öffnen der Märkte, beim Abbauen der Subventionen stehen. Das ist die Schlüsselfrage, die mit Johannesburg ein Erfolg wird.