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Durch und durch rot

Ernährung. - So oft Fachleute den Verbrauchern auch ans Herz legen, sich mit mehr gesundem Obst und Gemüse zu ernähren - der Rat wird dennoch oft in den Wind geschlagen. Jetzt soll ganz etwas Neues mehr Appetit auf Gesundes machen: eine Apfelsorte, die auch innen rot ist.

Von Volker Mrasek | 11.04.2006
    Rein äußerlich unterscheidet er sich nicht von Cox Orange oder von Golden Delicious zum Beispiel. Seine Größe. Seine Wuchsform. Seine Schale. Nichts davon ist ungewöhnlich...

    "Von außen sieht dieser Apfel normal aus ..."

    ... sagt auch die tschechische Biochemikerin Eva Sadilova ...,

    "... aber wenn man das aufschneidet, dann sieht man, dass dieses Fleisch rot ist, karminrot."

    Ein Apfel, der nicht nur außen farblich glänzt, sondern auch innen. Bei dem nicht nur die Schale Anthocyane enthält - also typische rot-violette Pflanzenfarbstoffe - sondern auch das Fruchtfleisch. Eine solche Apfelsorte hat Eva Sadilova genauer untersucht, am Institut für Lebensmitteltechnologie der Universität Hohenheim. Bei der Studie kamen die verborgenen Qualitäten des durch und durch roten Apfels ans Licht, nämlich ...

    "... dass dieser Anthocyan-Gehalt zehnmal höher ist als beim normalen Apfel."

    Und daraus schließt die Biochemikerin, ...

    "... dass dieses Obst sehr gesund ist. Oder gesünder ist als normale Äpfel."

    Anthocyane haben ein hohes antioxidatives Potential, wie man sagt. Das heißt, sie helfen Körperzellen, Stress besser zu verkraften und haben insofern eine entgiftende Wirkung. Deshalb gelten sie als gesundheitsförderlich. Der hohe Anthocyan-Gehalt im Fruchtfleisch des rotgetränkten Apfels sei deshalb schon bemerkenswert, findet auch der Hohenheimer Lebensmitteltechnologe Florian Stintzing:

    "Er macht ihn wertvoll, nicht nur optisch, sondern auch ernährungsphysiologisch wertvoller. Und Sie kriegen viele Verbraucher dazu, vielleicht auch mehr Obst zu essen und Gemüse, wenn sie eine attraktive Farbe haben. Das ist einfach so. Und das ist, denke ich, unser aller Ziel, die Ernährung wieder gesünder zu machen bei all den Fertigmahlzeiten, die wir so am Tag verzehren."

    Die Sorte gibt es schon etwas länger. Nur richtig vermarktet wurde sie bisher nicht. Sie heißt Weirouge. Rouge bedeutet rot, und das Wei steht für Weihenstephan. Dort unterhält die Technische Universität München ein Institut für Obstbau. Und von dort stammt auch Weirouge. Die Sorte ist ein reines Zufallsprodukt. Alles begann mit einem Sämling, der irgendwie aus der Kreuzung zweier Elternsorten entstand. Einfach so, völlig unbeabsichtigt. Erst später entpuppte er sich als neue - rotfleischige - Unterart, mit der man sich in Hohenheim nun näher beschäftigt:

    "Unser Ziel ist es, mit dieser Studie aufmerksam zu machen auf diesen Apfel, auf sein Inhaltsstoffspektrum. Es gibt wohl mehrere Anbauorte auch in Deutschland, die versuchen, diesen Apfel an den Mann oder auch die Frau zu bringen. Aber so der durchschlagende Erfolg ist bisher wohl noch nicht gelungen."

    Stintzing hält das für bedauerlich:

    "Es gibt viele Leute, die keine Schale essen. Und wenn Sie die Schale abtrennen vom Apfel, haben Sie keine Anthocyane mehr. Und in dem Fall hätten Sie wirklich noch sehr viel an Farbe dann auch verzehrt und sich damit was Gutes getan."

    Doch Weirouge enthält nicht nur viele Anthocyane, sondern auch reichlich Äpfelsäure. Und das trifft den Verbrauchergeschmack dann doch nicht so richtig:

    "Ja, im Grunde ist der Apfel doppelt so sauer, kann man sagen, wie ein normaler Apfel. Es geht in diese Richtung vom Boskopp."

    Die Hohenheimer Forscher haben sich deshalb Gedanken über andere Verwertungsmöglichkeiten gemacht. Zum Beispiel regen sie an, die exotischen Äpfel Fruchtsäften zuzusetzen. Die würden dann mehr Anthocyane enthalten. Außerdem wären sie brillanter, wie Stintzing sagt. Denn das rote Fleisch der Sorte Weirouge verbräunt nicht. Hier hat der hohe Säuregehalt sogar Vorteile. Schließlich könnte man auch etwas aus den karminroten Anthocyanen der Äpfel machen. Und zwar Farbe für andere Lebensmittel. Das, sagt Stintzing, sei ein ständig wachsender Markt:

    "Da gibt’s eben auch den Trend, diese Färbung mit Farbextrakten aus Lebensmitteln vorzunehmen. Einfach, weil der Verbraucher keine synthetischen Farbstoffe will, sondern gerne lesen möchte beispielsweise: Extrakt aus rotfleischigen Äpfeln."