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Durchblick im Studien-Dschungel

Oberstufenschüler können sich in NRW derzeit umfassend über das Studium informieren. Während der ersten landesweiten "Woche der Studienorientierung" an den Unis sollen zahlreiche Veranstaltungen, Workshops und Führungen für einen besseren Überblick sorgen.

Von Conny Raupold |
    "Für mich stand eigentlich schon in der Realschule fest, dass ich was mit Sprachen mache, weil ich da immer gut drin war. Deshalb stell ich mir da was vor"

    "Aber man merkt schon, so richtig klar ist das noch nicht."

    "Und deshalb muss ich mich jetzt hier mal informieren, wie die Studiengänge aufgebaut sind und welche Möglichkeiten ich danach hätte."

    Eine grobe Richtung, aber viele offene Fragen – so sieht es in Bezug auf Tinas Zukunft aus. Tina Grabinski, 17 Jahre, Oberstufenschülerin aus Radevormwald, geht es damit nicht anders als vielen Altersgenossen: Sie ist etwas orientierungslos. Da kommt eine Woche der Studienorientierung gerade richtig. Geplant ist eine Tour durch Unis in NRW. Start ist in Köln. Schätzungsweise 300 Schüler und Schülerinnen sind in den großen Hörsaal der Kölner Universität gekommen. Tina hat es auch geschafft, obwohl es schwer ist, sich auf dem großen Gelände zurechtzufinden, meint sie. Hier gibt es zunächst allgemeine Informationen zum Studium.

    "Die Uni Köln ist eine große Universität, eine Volluniversität, hat also ein sehr breites Fächerangebot – aber wir gehen zunächst mal darauf ein, welche Studienmöglichkeiten bieten sich überhaupt an welchen Hochschultypen."

    Tina hört interessiert zu, schreibt mit. Eine knappe Stunde Vortrag über verschiedene Fakultäten, Studiengänge, Abschlüsse, Leistungspunkte und Semesterwochenstunden. Hilft für den ersten Überblick – mehr Infos gibt es am Stand der Zentralen Studienberatung, im Hauptgebäude extra eingerichtet für die Orientierungswoche. Überall stehen Schilder, die darauf hinweisen, den Stand findet Tina leicht und kommt auch direkt dran.


    "Ich interessiere mich für den Bereich Sprachen, vielleicht Lehramt."

    "Zur ersten Orientierung über´s Lehramt hätten wir hier eine Lehramtsbroschüre. Ich denke, dass das erst mal ganz gut ist, wenn Sie sich die mitnehmen. Das ist ein Flyer der Zentralen Studienberatung, das sind wir hier. Wenn Sie im Nachgang der Woche noch Fragen haben, dass Sie einfach einen Termin bei uns vereinbaren zum persönlichen Beratungsgespräch."

    Viele Notizen und Broschüren nimmt Tina aus Köln mit. Die Uni Düsseldorf kündigt in ihrem Programm zur "Woche der Studienorientierung" für heute persönliche Beratung für alle an. Die nächste Station für Tina. Über 30 Hochschulen in ganz NRW beteiligen sich an der landesweiten Aktionswoche. Sie ist organisiert vom Innovationsministerium in Zusammenarbeit mit dem Schulministerium.

    Aber nicht nur die Hochschulen bieten besondere Veranstaltungen und Aktionen. Auch die Schulen sind aufgefordert, Schüler und Schülerinnen aufzufordern, diese Woche an die Unis zu gehen. Auch Tina hat dafür freibekommen. Der Studierendenservice der Düsseldorfer Uni hat ein ganzes "Beratungscenter" eingerichtet. Mehrere Schreibtische in einer Reihe, daran Dutzend Oberstufenschüler. Kurz warten, dann kann Tina Platz nehmen:

    "Englisch und Germanistik wäre gut – da sehe ich ja, dass da ein NC ist."

    "Es ist wichtig zu wissen: In den Geisteswissenschaften gibt es halt diesen Bachelor-Kernstudiengang. Da muss man zwei Fächer kombinieren. Jetzt ist in Englisch und Germanistik – genau – auf den Kernfächern ein NC."

    Zehn Minuten Intensivberatung in Düsseldorf. Hier ist das Lehramtsstudium nicht möglich, aber auch hier kann Tina Sprachen studieren und hat wichtige Hinweise bekommen, worauf sie achten muss.

    "Mit dem NC weiß ich jetzt schon besser Bescheid, dass ich da dann auf der Internetseite nachgucken kann, weil sich der ja jedes Semester ändert. Das wusste ich vorher nicht."

    Es gibt vieles, was die Schülerin außerdem noch nicht weiß. Zum Beispiel: Wie läuft das mit dem Studium der Sprachen an der Bergischen Uni in Wuppertal? Das wäre die Uni, die ihrem Wohnort am nächsten ist. Mehr als 60 Schnupperangebote gibt es hier. Dass es jetzt zum ersten Mal die NRW-weite "Woche der Studienorientierung" gibt, findet die Leiterin der Wuppertaler Studienberatung, Christine Hummel, wichtig. Der Beratungsbedarf sei gestiegen:

    "Zum einen wird das Studienangebot immer komplexer durch den Bologna-Prozess, durch die Entwicklung der Bachelor- und Masterstudiengänge. 2013 die doppelten Abiturjahrgänge sind ja in NRW noch zwei Jahre hin – Niedersachsen ist da was früher – das spielt natürlich auch alles mit rein."

    Es geht in den Seminarraum zur Veranstaltung "Englisch und Französisch". Ein kleiner Seminarraum, nur 20 Interessierte sind gekommen. Eine Studentin der Romanistik erzählt von ihrem Studium, dann erläutert eine Dozentin, worum es genau geht – zum Beispiel in der Linguistik:

    "Ein Linguist oder eine Linguistin, die haben viele Fragen: Welche Funktion erfüllen Subjektpronomina in der jeweiligen einzelnen romanischen Sprache?"

    Eineinhalb Stunden Einblick in das Studium der romanischen Sprachen. In Wuppertal könnte Tina sie auf Lehramt studieren. Aber so richtig überzeugen sie die Ausführungen von Studentin und Dozentin nicht. Der düstere Seminarraum ohne Fenster – viel zu kühl – motiviert auch nicht gerade zum Zuhören, meint sie. Sie verlässt die Veranstaltung mit einer Erkenntnis mehr:

    "Also von dem, was ich jetzt mitbekommen hab, wär Romanistik jetzt nichts für mich. Also eher Anglistik und Germanistik würde ich dann studieren."

    Acht Stunden war Tina jetzt in NRW unterwegs, um konkretere Vorstellungen von ihrer Zukunft an der Uni zu bekommen. Und die hat sie bekommen – sagt sie. Auch, wenn jetzt noch nicht alles ganz klar ist:

    "Ich weiß jetzt ziemlich viel über die Studiengänge, die in NRW angeboten werden. Natürlich weiß ich jetzt noch nicht, was ich werden will und was ich genau studieren will, aber ich denke, ich hab ein paar gute Anhaltspunkte, wo ich dann auch weiter recherchieren kann. Das mit dem Entscheidungstraining könnte ich mir auch noch mal gut vorstellen, dass ich mich besser entscheiden kann danach. Ich denk schon, dass mir das weiterhelfen wird."

    Das Entscheidungstraining in Wuppertal – ein zweitägiges Seminar für Oberstufenschüler mit Übungen zur Entscheidungsfindung – will die 17-Jährige auf jeden Fall mitmachen. Und mit den ganzen Ansprechpartnern und Informationen, die sie heute bekommen hat, ist sie einen ganzen Schritt weiter von der Schülerin in Richtung Studentin.