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Durchleuchtete Mäuse

Tierschutz. - Biologische und medizinische Forschung ist in weiten Teilen immer noch auf Versuchstiere angewiesen. Am Hans-Knöll-Institut in Jena wird derzeit ein Verfahren erprobt, bei dem die Versuchsmäuse einfach nur durchleuchtet statt seziert werden.

Von Christine Westerhaus |
    In einer speziellen Narkosekammer bereitet die Tierärztin Ilse Jacobsen eine Maus für den Versuch vor. Ist das Tier eingeschlafen, legt es die Forscherin in das PET-CT. Von außen sieht dieser riesige Apparat aus wie jene Computertomographie-Röhren, in denen Menschen in Krankenhäusern durchleuchtet werden. Doch der Transportschlitten dieses Geräts ist gerade mal so groß, dass eine Maus draufpasst.

    "Das ist das Kernstück der Anlage, das eigentliche PET-CT Gerät. Vorne ist das CT und dann kann das Gerät den Schlitten mit der Maus noch ein Stück weiter transportieren und dahinter ist dann der Positronen-Emissions-Tomographie-Detektor, so dass man also, ohne das Tier umlagern zu müssen, gleich beide Messungen direkt hintereinander weg machen kann."

    Das CT oder Computertomografie-Bild liefert den Forschern Informationen über die Lage der Organe im Körper. Über die PET-Technik, die Positronen-Emissions-Tomografie, können sie erkennen, wie sich bestimmte Stoffe im Körper verteilt haben. Dazu müssen diese vorher schwach radioaktiv markiert werden. Der PET-Detektor spürt die strahlenden Teilchen auf und erstellt ein entsprechendes Bild. Am Computer legen die Forscher anschließend beide Bilder übereinander. Jacobsen:

    "Das schöne an dem Gerät ist, dass wir nicht nur sehen: Da verteilt sich irgendwas, sondern über die Anatomie-Informationen aus dem CT können wir auch genau sehen: Wohin verteilt sich das. Wo reichert sich eine Substanz an und wie wird sie ausgeschieden. Und das könnte man mit einer Technik alleine so nicht bekommen die Information."

    Um den Verlauf bestimmter Krankheiten nachvollziehen zu können, wird den Tieren eine radioaktiv markierte Glucose, also ein Zucker gegeben. Reichert sich besonders viel dieses kurz FDG-j genannten Zuckers an, deutet das auf einen Infektionsherd hin. Am Hans-Knöll-Institut untersuchen die Forscher vorrangig Infektionen mit dem Pilz Aspergillus fumigatus, der beim Menschen die so genannte Aspergulose auslöst. Diese Krankheit tritt häufig auf Intensivstationen auf und endet oft tödlich. Ilse Jacobsen:

    "Es ist so dass sich bei nicht infizierten Tieren keine Glucose in der Lunge anreichert. Die Lunge macht nicht viel Glucosestoffwechsel. Deswegen erscheint sie im PET-Bild komplett schwarz. Und bei Tieren, die eine Aspergulose-Infektion der Lunge haben, kann man erkennen, dass aufgrund von Entzündungsreaktionen um den Pilzherd herum sich auch dort über die Entzündungszellen FDG j anreichert und man bekommt auf einmal auch Signale aus der Lunge, was man bei einem gesunden Tier nicht bekommen würde."

    Ohne bildgebendes Verfahren müssten die Forscher viele verschiedene Mäuse an unterschiedlichen Tagen töten und sezieren. Dann erst könnten sie erkennen, welche Organe der Pilz zu welchem Zeitpunkt der Krankheit befällt. Mit der neuen Technik benötigen die Forscher nur noch drei Mäuse anstelle von 30 um die gleichen Fragen zu beantworten. Denn um zu beobachten, wie die Krankheit verläuft, durchleuchten sie die gleichen Mäuse zu einem späteren Zeitpunkt erneut. Ilse Jacobsen:

    "Ziel wäre also, an einem Tier über einen längeren Zeitraum die Infektion kontinuierlich zu verfolgen. Dafür werden die Tiere vor der Infektion einmal komplett durchgemessen um sozusagen die Backgroundwerte einmal abgebildet zu haben und dann zu verschiedenen Zeitpunkten nach der Infektion um zu gucken: Wie entwickelt sich die Infektion? Bildet sie sich zurück oder schreitet sie fort?"

    Nachdem die Forscher den Verlauf der Krankheit nun besser kennen, wollen sie auch herausfinden, wie neuartige Medikamente auf sie wirken. Dies können sie ebenfalls mit Hilfe der PET-CT beobachten, indem sie die Wirkstoffe radioaktiv markieren. Weil das Gerät speziell auf kleine Tiere wie Mäuse zugeschnitten ist, eignet es sich zudem für andere Versuchstiere. Auch infizierte Hühnereier haben die Jenaer Forscher schon im PET-CT Gerät durchleuchtet. Durch die Schale hindurch konnten sie so schon beobachten, in welche Organe des Embryos der Krankheitserreger eindringt.