Inzwischen haben wir ihn überall gesehen: Den neuen Tanzpapst, der immer beteuert, dass er doch gar nicht Tanzpapst werden wollte. Royston Maldoom, der Stern am Medienhimmel, hat es bis ins Erste Deutsche Fernsehen geschafft - und bis auf die großen deutschsprachigen Bühnen. Die Bundeszentrale für politische Bildung führt ihn auf ihrer Website, Stiftungen und Senatoren scharen sich um den Choreografen, der mit seinen Tanzprojekten anscheinend so viel bewirken kann.
Mit dem "Phänomen Maldoom" kehrt die Aufmerksamkeit für den Bühnentanz wieder dahin zurück, wo er einmal angefangen hat: in die Gesellschaft. Das ist einerseits: wunderbar. Als der Film "Rhythm is It" in die deutschen Kinos kam, hörte endlich eine breite Masse von Zuschauern davon, was der Tanz für ganz normale Menschen bedeuten kann.
Jeder Mensch ist ein Tänzer - das sagte schon der deutsche Ausdruckstänzer Rudolf von Laban. Er flüchtete vor den Nazis nach England, wo seine Arbeit später am Londoner Laban Centre eine Fortsetzung erfuhr. Dort lehrt man seit den achtziger Jahren vermehrt auch Laien, den community dance eben, der Tanz als gemeinsame kulturelle Erfahrung für Teilgemeinschaften der Gesellschaft.
In Hamburg dagegen, wo die Laban-Schülerin Lola Rogge sein Studio fortführte, sind nach dem II. Weltkrieg Dutzende von Tanzschulen entstanden - Hamburg hat eine Jahrzehnte währende Tradition im Umgang mit Laien. Bislang wurde diese Arbeit jedoch kaum beachtet. Und nun? Was hat die britische Tanzszene, was die deutsche nicht hat? Weshalb kann ein Royston Maldoom hierzulande gefeiert werden, als ob es "community dance" hier nie gegeben hätte?
Vielleicht liegt es an der deutschen Vergangenheit, dass nach 1945 alles verpönt war, was mit Breitenarbeit in Bewegung zu tun hatte - aus verständlichen Gründen. Vielleicht ist es aber auch der deutsche Kulturbegriff, der immer noch unterscheidet zwischen Hoch- und Breitenkultur - eine Unterscheidung, mit der sich angelsächsische Traditionen nicht quälen, wie Royston Maldoom immer wieder betont, wenn er sagt: Die Frage, ob das nun Sozialarbeit, Pädagogik oder Kunst sei, würde in England niemanden interessieren.
Vielleicht liegt es aber auch einfach am unbekümmerten Handwerk, dass die Briten mit ihren Laienchoreografien so gut ankommen. Der Abend im Hamburger Schauspielhaus zumindest bewegte sich zwischen Himmel und Abgrund. In den berührendsten Momenten blicken Menschenpaare aus einer Masse heraus, wie in einer Installation von Bill Viola, über die trennende Zeit eines Menschlebens hinweg.
Doch gleich darauf sprint altmodischer Kitsch as Kitsch Can aus der Klamottenkiste, überzogen von einer lauten musikalischen Soße aus Streichern, Arien und Orgelklängen. Eine Tanzmesse für die Massen. Die Briten wissen eben, wie man's macht: perfekte Dramaturgie, gute Effekte, und - naja, zwar wenig Bewegungsmaterial von den Individuen, aber für eine nur dreiwöchige Arbeit mit Laien immerhin: eine perfekt funktionierende Bühnenshow.
Und so waren sie auf der Hamburger Gala alle zufrieden, die Angehörigen, die Honoratioren und Senatoren. Und gouttierten die Arbeit eines alten Schotten, dessen ländlicher Gemeinderat in den achtziger Jahren beschlossen hatte, ihn als Gemeindekünstler zu bezahlen, wenn er sich etwas einfallen ließe, was er für die Gemeinde tun könne. Ob deutsche Politiker je so unbürokratisch sein könnten? Wohl eher nicht. Stattdessen wird hierzulande schon wieder gestritten, ob man eher Künstler oder eher Pädagoge sein müsse, um diese Arbeit fortzuführen.
Nachhaltig wird dieses Leuchtfeuer an kurzfristiger Begeisterung wohl nur, wenn man sich hierzulande um die eigene Geschichte wieder kümmert. Es gibt viele Initiativen, allein in der Laban-Stadt Hamburg, die sich seit langem dem Community Dance widmen. Der Tanz muss endlich auch in Deutschland an Schulen unterrichtet und community dance ein selbstverständliches Angebot für unsere Gesellschaft werden. Hoffen wir, dass das "Phänomen Maldoom" jetzt genutzt wird, um all das auf den Weg zu bringen. Und zwar bevor der Stern "Maldoom" am Medienhimmel wieder verglüht.
Mit dem "Phänomen Maldoom" kehrt die Aufmerksamkeit für den Bühnentanz wieder dahin zurück, wo er einmal angefangen hat: in die Gesellschaft. Das ist einerseits: wunderbar. Als der Film "Rhythm is It" in die deutschen Kinos kam, hörte endlich eine breite Masse von Zuschauern davon, was der Tanz für ganz normale Menschen bedeuten kann.
Jeder Mensch ist ein Tänzer - das sagte schon der deutsche Ausdruckstänzer Rudolf von Laban. Er flüchtete vor den Nazis nach England, wo seine Arbeit später am Londoner Laban Centre eine Fortsetzung erfuhr. Dort lehrt man seit den achtziger Jahren vermehrt auch Laien, den community dance eben, der Tanz als gemeinsame kulturelle Erfahrung für Teilgemeinschaften der Gesellschaft.
In Hamburg dagegen, wo die Laban-Schülerin Lola Rogge sein Studio fortführte, sind nach dem II. Weltkrieg Dutzende von Tanzschulen entstanden - Hamburg hat eine Jahrzehnte währende Tradition im Umgang mit Laien. Bislang wurde diese Arbeit jedoch kaum beachtet. Und nun? Was hat die britische Tanzszene, was die deutsche nicht hat? Weshalb kann ein Royston Maldoom hierzulande gefeiert werden, als ob es "community dance" hier nie gegeben hätte?
Vielleicht liegt es an der deutschen Vergangenheit, dass nach 1945 alles verpönt war, was mit Breitenarbeit in Bewegung zu tun hatte - aus verständlichen Gründen. Vielleicht ist es aber auch der deutsche Kulturbegriff, der immer noch unterscheidet zwischen Hoch- und Breitenkultur - eine Unterscheidung, mit der sich angelsächsische Traditionen nicht quälen, wie Royston Maldoom immer wieder betont, wenn er sagt: Die Frage, ob das nun Sozialarbeit, Pädagogik oder Kunst sei, würde in England niemanden interessieren.
Vielleicht liegt es aber auch einfach am unbekümmerten Handwerk, dass die Briten mit ihren Laienchoreografien so gut ankommen. Der Abend im Hamburger Schauspielhaus zumindest bewegte sich zwischen Himmel und Abgrund. In den berührendsten Momenten blicken Menschenpaare aus einer Masse heraus, wie in einer Installation von Bill Viola, über die trennende Zeit eines Menschlebens hinweg.
Doch gleich darauf sprint altmodischer Kitsch as Kitsch Can aus der Klamottenkiste, überzogen von einer lauten musikalischen Soße aus Streichern, Arien und Orgelklängen. Eine Tanzmesse für die Massen. Die Briten wissen eben, wie man's macht: perfekte Dramaturgie, gute Effekte, und - naja, zwar wenig Bewegungsmaterial von den Individuen, aber für eine nur dreiwöchige Arbeit mit Laien immerhin: eine perfekt funktionierende Bühnenshow.
Und so waren sie auf der Hamburger Gala alle zufrieden, die Angehörigen, die Honoratioren und Senatoren. Und gouttierten die Arbeit eines alten Schotten, dessen ländlicher Gemeinderat in den achtziger Jahren beschlossen hatte, ihn als Gemeindekünstler zu bezahlen, wenn er sich etwas einfallen ließe, was er für die Gemeinde tun könne. Ob deutsche Politiker je so unbürokratisch sein könnten? Wohl eher nicht. Stattdessen wird hierzulande schon wieder gestritten, ob man eher Künstler oder eher Pädagoge sein müsse, um diese Arbeit fortzuführen.
Nachhaltig wird dieses Leuchtfeuer an kurzfristiger Begeisterung wohl nur, wenn man sich hierzulande um die eigene Geschichte wieder kümmert. Es gibt viele Initiativen, allein in der Laban-Stadt Hamburg, die sich seit langem dem Community Dance widmen. Der Tanz muss endlich auch in Deutschland an Schulen unterrichtet und community dance ein selbstverständliches Angebot für unsere Gesellschaft werden. Hoffen wir, dass das "Phänomen Maldoom" jetzt genutzt wird, um all das auf den Weg zu bringen. Und zwar bevor der Stern "Maldoom" am Medienhimmel wieder verglüht.