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E-Mail über Bande

Informationstechnik. - Vorbei die Zeiten, da datenhungrige Reisende sich per Modem über die teure Telefonleitung im Hotelzimmer ins Internet quälen mussten. Heute gehören WLan-Hotspots überall zum Standard. Neue Frequenzbereiche versprechen dabei Höchstgeschwindigkeiten.

Von Björn Schwentker |
    Die Rolle des Visionärs spielt Martin Koch gerne. Wozu in Zukunft die ultraschnelle drahtlose Datenübertragung gut sein wird, kann sich der Professor am Institut für Hochfrequenztechnik der Technischen Universität Braunschweig bereits lebhaft vorstellen.

    "Man kann sich vorstellen, dass also viele Manager gleichzeitig in einen Raum kommen, jeder hat einen Laptop dabei, und ist mit hohen Video-Datenraten, mit super Bildqualität mit dem Internet verbunden. Man kann sich vorstellen, dass man Virtual-Reality-Spiele hat, mit vielen Spielern, das könnte man mit der heutigen Technologie auch noch nicht erledigen."

    Auf jeden Fall, sagt Martin Koch, sei eins sicher: Die Datenraten steigen seit Jahren. Und so werde es auch weiter gehen. Doch die Übertragungsgeschwindigkeit lässt sich bei bisherigen Funksystemen, etwa dem so genannten WLan für Computer, bald nicht mehr steigern. Denn die Informationsmenge, die pro Sekunde gesendet werden kann, hängt ab von der Frequenz der Funkstrahlung. Grob gesprochen: Je höher die Frequenz, desto schneller die Übertragung. Bisheriges WLan funkt mit Mikrowellen. Soll es schneller werden, muss es einen benachbarten Wellenlängenbereich nutzen: Die Terahertzstrahlung. Eine Million mal eine Million mal schwingen diese Wellen in der Sekunde hin und her – und damit viel häufiger, als die Mikrowellen des WLans. Die Datenraten ließen sich dadurch um das Tausenfache steigern. Das große Problem dabei: Funk-Sender für Terahertzwellen sind prinzipiell viel zu schwach. Doch ein Trick verschaffe Abhilfe, sagt Martin Koch.

    "Das wären so genannte Patch-Antennen - muss man sich vorstellen als ein ganz kleines metallenes Rechteck, was mit Wechselstrom betrieben wird, und von diesen Patch-Antennen wird man dann mehrere nebeneinander schalten, so eine Art Schachbrettmuster aus Patch-Antennen entwickeln, die dann zusammengenommen gerichtet in eine Richtung abstrahlen."

    Weil die Wellen der Mini-Antennen dadurch gebündelt werden, erhöht sich die Intensität der Strahlung um den Faktor 1000. Damit die Datenverbindung zu einem Empfänger klappen könnte, müsste der Sender ihn allerdings genau anpeilen. Das ist kein Problem für die Antennen-Anordnung. Wie der Lichtkegel einer Taschenlampe lässt sich ihr "Datenstrahl" durch den Raum schwenken. Dazu senden die Antennen ihre Daten gezielt etwas zeitversetzt ab, so dass sich die Funkwellen genau in die richtige Richtung verstärken. Die Fachleute sprechen von "Interferenz". Aber was passiert, wenn zwischen Sender und Empfänger Gegenstände oder Menschen im Weg sind?

    "Dann wird es so sein, dass Sender und Empfänger im Raum herumschauen, und gucken, ob es nicht indirekte Pfade gibt, auf denen sie miteinander kommunizieren können. Indirekter Pfad heißt in dem Fall, dass die Reflexion an einer Wand ausgenutzt wird. So als würde man beim Billard über Bande spielen, als würde man über Bande einlochen."

    Doch leider sind Wände extrem schlechte Reflektoren für Terahertz-Wellen. Ein Strahl, der dort ankommt, wird in alle Richtungen gestreut und die hohe Intensität geht verloren. Darum hat Martin Koch spezielle Terahertz-Spiegel entwickelt:

    "Das ist eigentlich nichts anderes als ein paar Plastiktüten, bildlich gesprochen, aufeinander gelegt. Wenn man davon zehn Stück aufeinander legt, dann hat man ungefähr eine Schichtdicke von einem Millimeter, das ist noch relativ überschaubar, und da kann man auch wunderbar in der Tapete oder so etwas integrieren oder als Poster ausführen oder sonstiges."

    Egal aus welcher Richtung ein Daten-Strahl auf diese Folien trifft, sie reflektieren ihn wie ein richtiger Spiegel, und der Strahl ist hinterher noch genau so scharf gebündelt wie vorher. Dass er mit seinem Terahertz-Richtfunk eine komplett neue Art der Sichtkommunikation vorschlägt, ist Martin Koch bewusst. Auch steckt die Terahertz-Technologie noch in den Kinderschuhen. So werden geeignete Richtantennen gerade erst für den Mikrowellen-Bereich entwickelt. Immerhin, sagt der Braunschweiger Physiker – damit sei der Anfang ja schon gemacht.

    "Das ist so ähnlich wie der Flug zum Mond, man muss sich dann irgendwann mal daran wagen, und sagen, wir machen uns mal auf und gucken, wie weit wir kommen. Diese intelligenten Antennen, die schwenkbar sind, und im Raum herumschauen, da tut sich im Moment viel, da wird viel entwickelt, und da kann man sich sicherlich einiges abschauen."