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E-Sport
Noch weit entfernt von der Gemeinnützigkeit

Hat E-Sport den Anspruch auf staatliche Förderung? Das ist die Frage, die auf der 8. Sportkonferenz im Deutschland diskutiert wurde. Die Gemeinnützigkeit müsse noch in dieser Legislatur kommen, forderte SPD-Politiker Lars Klingbeil. Doch die Kritiker halten dagegen.

Von Jonas Reese | 10.05.2019
Egal ob Strategiespiel oder Shooter – wettbewerbsmäßiges Computerspielen dient dem Gemeinwohl. Dessen ist sich Lars Klingbeil weiterhin sicher. Der Generalsekretär der SPD hat mit dafür gesorgt, dass dieses Ziel auch im aktuellen Koalitionsvertrag steht.
Er will, "dass wir uns darum kümmern, dass junge Menschen, die sich in diesem Bereich engagieren wollen, auch sozial kümmern wollen und dass wir uns als Politik um die kümmern. Und da müssen wir Entscheidungen treffen, die noch mal andere sind, als das heute der Fall ist. Mein Wunsch ist: Gemeinnützigkeit muss in dieser Legislatur kommen."
Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär
Lars Klingbeil, SPD-Generalsekretär, will die Gemeinnützigkeit noch in dieser Legislatur (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
Die Kritiker halten dagegen und sagen: Mit so einem Vorstoß würden eher die Computerspiele-Hersteller gefördert, als das Gemeinwohl. Auch Klingbeil sieht diese Gefahr.
"Natürlich ist da ein riesiger Markt. Wenn ich mir angucke, was da gerade im Bereich der Werbung passiert, wie aus dem klassischen Sport Millionen abzogen werden, die jetzt in den E-Sport-Bereich gehen."
DOSB: Nicht ohne Einschränkung als Sportart anerkennen
Nur ein paar wenige Unternehmen teilen sich momentan einen wachsenden Computerspiele-Markt. Auf mehr als eine Milliarde Euro Umsatz soll der in den kommenden Jahren anwachsen, so aktuelle Schätzungen. E-Sport verfolge vor allem kommerzielle Verwertungsinteressen, heißt es deshalb vonseiten des Deutschen Olympischen Sportbundes. Er will Computerspielen nicht ohne Einschränkung als Sportart anerkennen. Andererseits will er aber auch von der noch jungen Entwicklung profitieren. DOSB-Vorsitzende Veronika Rücker:
"In diesem Fall sind für uns die virtuellen Sportarten, ohne das jetzt zu degradieren, als Mittel zum Zweck. Wir denken, dass über tatsächlich virtuelle Sportarten, wir es ermöglichen können, dass noch mehr Kinder und Jugendliche noch mehr Zugang zum analogen Sporttreiben erhalten."
Versuch Computerspielen vom Negativ-Image zu befreien
Die Sportsoziologin von der Uni Stuttgart bleibt da skeptisch. E-Sport als Lockmittel für traditionellen Bewegungssport? Diese Logik kann sie nicht nachvollziehen. Borggrefe sieht hinter der ganzen Debatte eher den Versuch, das Computerspielen von einem negativen Image zu befreien.
Die Sportwissenschaftlerin Carmen Borggrefe von der Uni Stuttgart.
Die Sportwissenschaftlerin Carmen Borggrefe von der Uni Stuttgart. (Deutschlandradio / Jessica Sturmberg)
"Aus meiner Sicht geht es neben der Gemeinnützigkeit, den E-Sport-Organisationen um Legitmationsgewinn. Ich würde die These aufstellen, dass man dort weniger Interesse am Sport hat, als an der gesellschaftlichen Legitimation, die dem Sport zugeschrieben wird. Man möchte das als Vehikel benutzen, um diese Legitimation auch für die Computerspiele zu bekommen."
Verband: Koalitonsvertrag muss umgesetzt werden
Diesem Vorwurf tritt der Vertreter der E-Sportler entschieden entgegen. Hans Jagnow, Präsident des E-Sport-Bundes, möchte, dass ehrenamtliche Arbeit, die in den E-Sport-Vereinen geleistet wird, auch honoriert werden kann. Er verweist auf den Koalitionsvertrag. Dass der umgesetzt wird, dauert ihm viel zu lange.
"Wir wünschen uns mehr Dynamik, mehr Bewegung und ganz klar eine Gesetzesinitiative zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit."
Doch die Diskussion darüber auf der Dlf-Sportkonferenz hat gezeigt: So weit ist die gesellschaftliche und auch die politische Debatte noch lange nicht.
Alle Beiträge der 8. Sportkonferenz im Deutschlandfunk finden Sie hier: