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E.W. Korngold - Filmmusiken

Verglichen mit Percy Grainger war der 17jährige Erich Wolfgang Korngold 1914 ein Neuerer, als er sein Streichsextett D-dur op.10 schrieb. Bei ASV ist eine CD erschienen, die dieses Sextett sowie das wesentlich strengere dritte Streichquartett Nr. 3 in D-dur op. 34 aus dem Jahr 1945 enthält. Im Booklet wird Korngolds Lebenslauf übrigens etwas vereinfacht dargestellt. Er war ein äußerst erfolgreicher Filmkomponist, der im Grunde schon in Hollywood heimisch war, bevor ihm die nationalsozialistische Herrschaft in Österreich die Rückkehr in seine Heimat verwehrte. Dennoch wird er mit einigem Recht der jüdischen Emigration zugerechnet.

Norbert Ely |
    Korngolds Oper "Die tote Stadt" ist nach wie vor ein Geniewurf. Die Qualitäten seines Violinkonzerts haben sich dagegen nur langsam herumgesprochen. Daß seine Filmmusiken zum Besten gehören, was Hollywood hervorgebracht hat, gilt als unbestritten. Seine Kammermusik hingegen repräsentiert die Wiener Tradition im Übergang vom Fin de siècle zum Expressionismus: ein unerhört dichter Satz, der freilich nicht einmal die harmonischen Möglichkeiten innerhalb der Tonalität völlig ausschöpft, wenngleich die Sprache zur Mitte des Jahrhunderts hin härter wird. Das D-dur-Sextett ist von der Form her deutlich von Brahms beeinflußt. Im dritten Satz, einem Intermezzo in F-dur, wird freilich die anklingende Wiener Gemütlichkeit ebenfalls schon ganz schön gegen den Strich gebürstet. Korngold greift hier eine Thema auf, das ihn immer wieder beschäftigte, das "Motiv des fröhlichen Herzens", wie er es nannte, eine im Mendelssohn'schen Geist aufsteigende Tonfolge. Und immer wieder ist es eine sehr komplexe Polyphonie, die der 17jährige für die heikle Besetzung mit sechs Streichern erfindet. Sie hören von der neuen ASV-CD das Flesch-Quartett zusammen mit dem Bratschisten Ian Humphries und dem Cellisten David Bucknall. * Musikbeispiel: E. W. Korngold - 3. Satz. Intermezzo - In gemäßigtem Zeitmaß aus: Streichsextett D-dur op. 10 Soweit der dritte Satz aus dem frühen Streichquartett von Erich Wolfgang Korngold, herausgekommen bei ASV mit dem Flesch-Quartett und Ian Humphries sowie David Bucknall. Von völlig anderem Zuschnitt ist das dritte Streichquartett op.43 von 1945. Vor allem ist es rhythmisch stärker akzentuiert. Auch dieses Werk hält sich noch an eine überkommene Tonart, in diesem Fall wiederum D-dur. Doch der tonale Raum wird stärker aufgebrochen; die Harmonik ist härter und voller Reibungen. Korngold entfernt sich hier zusehends von der zweckgebundenen Filmmusik. Er schrieb das Quartett nach dem Tod seines Vaters, der dem Sohn stets vorgeworfen habe, er verschwende als Filmkomponist sein Talent. Das Quartett enthält gleichwohl Themen aus Filmmusiken, so aus dem Film "Zwischen zwei Welten" im Trio des Scherzo und das Liebesthema aus dem "Seewolf" im "Sostenuto - like a folk tune". Die Verarbeitung ist allerdings immer wieder sehr konzise kontrapunktisch. Das Finale, ein Allegro con fuoco, ist vielleicht der wildeste Satz des ganzen Quartetts. Hören Sie zum Schluß daraus noch einen Ausschnitt mit dem Flesch-Quartett. * Musikbeispiel: E. W. Korngold - 4. Satz. Finale. Allegro con fuoco aus: Streichquartett D-dur op. 34 Das war die neue Platte im Deutschlandfunk. Heute machten wir Sie auf zwei neue CDs mit Werken von Percy Grainger einerseits, von Erich Wolfgang Korngold anderseits aufmerksam. Zum Schluß hörten Sie den Finalsatz aus dem dritten Streichquartett von Korngold, eine Aufnahme mit dem Flesch-Quartett, die bei ASV erschienen ist. Am Mikrofon bedankt sich Norbert Ely für Ihre Aufmerksamkeit.