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e4ships-Projekt
Bordstrom durch Brennstoffzellen

Schiffe produzieren jede Menge Stickoxide und Feinstaub. Deswegen arbeiten Forscher an einer Brennstoffzelle, die möglichst wenig Schadstoffe in die Luft pustet und trotzdem effizienter ist als die derzeitigen Aggregate. Das Projekt e4ships soll sich nun auf See bewähren.

Von Frank Grotelüschen |
    Rechteckiger Kasten mit Anschlüssen und Kabeln: Eine kompakte Brennstoffzelle, die als Motor für Fähren dient.
    Projekt HyFerry: PEM-Brennstoffzellensystem als Teil des Antriebskonzeptes für Fähren (e4ships / Proton Motor Fuel Cell GmbH)
    "Wir halten es für ganz wichtig, dass wir alternative Energiekonzepte an Bord weiterentwickeln. Und da sehen wir als langfristige Lösung die Brennstoffzelle."
    So formulierte Bernard Meyer im Juli 2009 die Hoffnungen, die sein Unternehmen, die Meyer Werft in Papenburg, in die Brennstoffzelle setzt: Ein Aggregat auf Kreuzfahrtschiffen, das Strom und Wärme erzeugt, ohne Stickoxide, Feinstaub und Schwefeldioxid in die Luft zu blasen, so wie es die heutigen Dieselgeneratoren tun. Außerdem soll die Brennstoffzelle deutlich effizienter und vibrationsärmer arbeiten als die derzeitigen Aggregate.
    Kosten des Projekts e4ships: 39 Millionen Euro
    Deshalb beteiligte sich die Meyer Werft am weltweit größten Forschungsprojekt seiner Art: e4ships. Kostenpunkt 39 Millionen Euro, knapp die Hälfte davon aus der öffentlichen Hand. Jetzt, gute sieben Jahre später, zieht der Firmenchef Bilanz.
    "Ich glaube, dass wir einen ganz gewaltigen Schritt nach vorne gekommen sind. Dass wir die erste Anlage auf einer Fähre haben, der Mariella, die zwischen Stockholm und Helsinki fährt, und wir jetzt wirklich in der Praxis sind und nicht mehr in der Theorie."
    Bei einer Brennstoffzelle wird der Treibstoff zunächst durch einen "Reformer" in ein wasserstoffreiches Gas umgewandelt. Dieser Wasserstoff reagiert dann in der eigentlichen Zelle mit dem Luftsauerstoff zu Wasser, wobei gleichzeitig Strom und Wärme entstehen. Zwar gibt es Brennstoffzellen schon länger, etwa an Bord mancher U-Boote. Doch die laufen mit reinem, hochentzündlichem Wasserstoff, was an Bord etwa eines Kreuzfahrtschiffs nicht gerade praktikabel wäre.
    Deshalb wollte man bei e4ships spezielle Brennstoffzellen testen und vor allem an den Bordbetrieb anpassen, die zum Beispiel mit Diesel betrieben werden können, einem Treibstoff, der sowieso an Bord ist. In der ersten Projektphase hatten die Experten zwei Prototypen gebaut, um an Land unter Laborbedingungen zu testen. Dabei aber lief längst nicht alles glatt. Die Fachleute mussten manchen Rückschlag hinnehmen, sagt Gerd-Michael Würsig von der Schiffsklassifikationsgesellschaft DNV GL:
    "Der hatte insbesondere damit zu tun, dass der erste Brennstoffzellen-Lieferant nicht wirklich die Projektziele verfolgt hat, die die Werften angestrebt haben."
    Rückschläge für die Entwickler
    Die Arbeiten verzögerten sich, und zwar nicht nur bei der mit Methanol betriebenen Brennstoffzelle der Meyer Werft, sondern auch beim zweiten Konzept, gebaut unter der Regie von ThyssenKrupp.
    "Das Besondere an unserem Projekt ist, dass wir uns beim Kraftstoff für schwefelarmen Diesel entschieden haben, der logistisch weltweit verfügbar ist. Das Ziel ist, Emissionen zu senken, gerade auch Partikel-Emissionen zu senken. Geräusche und Vibrationen sind ein großes Thema",
    sagt Projektleiter Keno Leites - und zeigt sich zumindest mit seiner Laboranlage zufrieden.
    "Das funktioniert sehr gut. Wir sind sehr sicher, dass wir den Prozess vom Diesel bis zum Strom gut im Griff haben. Die spannende Frage ist jetzt natürlich: Wie wird sich das Ganze auf See bewähren?"
    Diese Nagelprobe kommt erst jetzt: Leites und seine Leute haben ihr System kürzlich an Bord der MS Forester installiert, einem kleinen Frachtschiff. Zeitgleich startet auch der Härtetest der Papenburger Zelle, installiert auf der MS Mariella, einer Fähre. Bernhard Meyer:
    "Die Anlage läuft. Aber wir wissen noch nicht, wie sie sich verhält im Seegang, im Winter, und bei Salzwasser und Salzluft. Das sind Kriterien, die wir einfach praktisch umsetzen müssen."
    Erste Ergebnisse in ein bis zwei Jahren erwartet
    Erst in ein bis zwei Jahren wird die Fachwelt schlauer sein. Dann dürfte sich abzeichnen, ob die Brennstoffzellen für den harschen Alltagsbetrieb auf hoher See taugen. Mit e4ships jedenfalls soll es weitergehen, die Projektmacher haben bereits die Verlängerung beantragt: "Wir hoffen, dass der Bund weiter fördert."
    Diese nächste Projektphase soll dann bis 2021 laufen und die Serienreife der Technik anstreben. Die Herausforderungen allerdings sind nicht ohne. Das weiß auch Gerd-Michael Würsig:
    "Man muss in den Kosten konkurrenzfähig sein muss und mit den Standzeiten der Systeme, die man das wirklich nachweisen muss."
    Haltbarkeit, Zuverlässigkeit, Kosten sind die Schrauben, an denen es noch zu drehen gilt. Erst wenn diese Herausforderungen gemeistert sind, dürfte die Brennstoffzelle auf Schiffen eine reelle Chance haben.