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Ebola-Bundeswehrlehrgang
Helfer müssen sicher und ohne Routine handeln

Hilfsorganisationen benötigen dringend Helfer in Afrikas Ebola-Behandlungszentren. Im schleswig-holsteinischen Appen schult die Bundeswehr dazu Freiwillige und bereitet die angehenden Helfer fünf Tage auf ihre Arbeit vor. Dabei geht immer Gründlichkeit vor Schnelligkeit.

Von Dietrich Mohaupt | 24.10.2014
    Ein Mann im Schutzanzug hilft einem anderen, der ebenfalls einen Schutzanzug trägt, dabei, einen Handschuh überzuziehen.
    Bis Ende November will die Bundeswehr vier Ebola-Lehrgänge in Appen mit etwa 160 Teilnehmern absolvieren. (picture alliance / dpa / Us Army / Jacob Mcdonald)
    Die Szenerie n der großen Halle auf dem Gelände der Bundeswehrkaserne in Appen wirkt ein wenig gespenstisch: In blaue Plastik-Schutzanzüge vermummte Figuren stehen mit ausgebreiteten Armen vor anderen – ähnlich vermummten Figuren – und werden von denen mit einer klaren Flüssigkeit gründlich abgespritzt. Grellrote Schilder markieren Risikozonen, überall stehen Behälter für verseuchte Abfälle parat – den Kursteilnehmern ist ein Heidenrespekt vor einer gewaltigen Aufgabe und eine gewisse Anspannung anzumerken – manche sprechen es auch ganz offen aus: Frei von Angst sind sie nicht.
    Unwohlsein bleibt
    "Ich denke Angst hat jeder von uns – und das wäre auch nicht natürlich, ruhig und gleichgültig jetzt in diesen Einsatz zu gehen. Trotzdem muss man sagen, wir müssen natürlich auch unsere Emotionen da etwas kontrollieren, aber trotzdem bleibt natürlich ein Unwohlsein, eine Unsicherheit, ja."
    Claudia F. – ihren vollen Namen soll sie, wie alle Freiwilligen nicht nennen – ist Tropenmedizinerin im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg und mit für die Ausbildung in Appen zuständig. Sie bringt Erfahrung mit der Behandlung des ersten Ebola-Patienten in der Hansestadt mit – andere Freiwillige hatten noch nie mit vergleichbaren Situationen zu tun, und gehen entsprechend auch ganz anders an den Einsatz heran.
    Eine Woche intensive Ausbildung
    "Angst – ist das falsche Wort. Vor allen Dingen nach dieser knapp einen Woche Ausbildung weiß ich genau, wie ich mich zu verhalten habe. Ich weiß, dass die Leute, die mit mir runtergehen, zuverlässig sind, dass ich mich 100prozentig auf die verlassen kann."
    Leutnant Steffen K., hat sich gerade mühsam aus dem Schutzanzug geschält –für den 32-Jährigen stand ganz schnell fest, dass er sich freiwillig für den Einsatz in Westafrika melden werde.
    "Als Techniker und Logistiker, der ja im Schreiben der Ministerin explizit aufgefordert wurde, kann ich da meine Kenntnisse, die mir die Bundeswehr gegeben hat, einbringen – und genau das will ich auch."
    Soweit der Leutnant. Aber da gibt es ja auch noch den jungen Mann, Steffen – der muss doch auch ganz persönliche Gründe für dieses Engagement haben.
    "Ja – helfen!"
    Dass er sich damit einem gewissen Risiko aussetzt – das war ihm von vornherein klar. Große Diskussionen mit der Familie gab es darüber aber nicht.
    "Da ich ledig – kinderlos bin, habe ich das allein mit mir selbst ausgemacht und habe meine Mutter dann auf der Herfahrt zu diesem Lehrgang über das Telefon informiert."
    Und deren Reaktion darauf?
    "Natürlich keine große Begeisterung – das ist klar. Aber das wäre das Selbe, wenn ich in irgendeinen anderen Einsatz geschickt werden würde."
    Umgang mit eigener Schutzausrüstung wird gelernt
    Es ist aber nicht irgendein Einsatz – sondern eben einer, für den besondere Vorbereitungen nötig sind. Fünf Tage lang haben die Freiwilligen sich unter anderem mit Landeskunde befasst, wurden über das Verhalten bei Ansteckungsverdacht aufgeklärt – und sie haben vor allem den Umgang mit der persönlichen Schutzausrüstung geübt. An- und Ablegen des blauen Schutzanzugs – immer und immer wieder. Festgelegte Handgriffe, die in Fleisch und Blut übergehen müssen, Konzentration ist dabei gefragt, immer und immer wieder, betont Ausbildungsleiter Michael P.
    "Was wir nicht wollen, ist dass man das mit einer Routine macht, aber man muss es üben, dass es sitzt. Da ist das, was ich immer sage: Es muss sitzen, es darf aber keine Routine werden – die Routine ist immer die Gefahr in jeder Handlung."
    Gummistiefel, Schutzanzug, Kopfhaube, Schutzbrille, Handschuhe – schon im herbstlich kühlen Schleswig-Holstein läuft so eingekleidet sofort der Schweiß in Strömen, man wird im eigenen Saft gegart, berichtet der Ausbilder aus eigener Erfahrung – bei den Temperaturen in Westafrika wird das noch schwieriger werden. Länger als eine Stunde kann das niemand aushalten – und doch verlangt das Ausziehen der Schutzkleidung wieder volle Konzentration. Unter Anleitung schälen die Kursteilnehmer sich Schritt für Schritt aus ihren Anzügen – zuerst wird die Schürze abgelegt.
    "Ok – jetzt... halt, halt, halt... an den Riemen entlang nach hinten in den Nacken, den Riemen lösen und die Schürze nach oben wegnehmen, und hier in diesen Behälter rein – und Hände waschen!!!"
    Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit
    Zwischendurch wird immer wieder alles mit einer Chlorlösung abgespritzt...
    "Ok, jetzt die Arme abwinkeln und nach unten...nächster Schritt ist... Brille – ablegen der Brille, genau!"
    Die ganze Prozedur dauert bis zu 20 Minuten – Gründlichkeit geht hier vor Schnelligkeit. Für die ersten Helfer soll es schon Anfang November losgehen – und wenn voraussichtlich Mitte November das gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz errichtete Ebola-Behandlungszentrum mit 100 Betten in Monrovia in Betrieb geht, sollen die nächsten Freiwilligen folgen. Bis Ende November will die Bundeswehr insgesamt vorerst vier Lehrgänge in Appen mit etwa 160 Teilnehmern absolviert haben.