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Edathy-Affäre
Von Indizien und Hörensagen

Ob und von wem Sebastian Edathy schon im Herbst 2013 – vier Monate vor der Durchsuchung seiner Büros – erfahren hat, dass gegen ihn ermittelt wird, ist bisher nicht geklärt. Ob die neuerlichen Zeugenbefragungen im Untersuchungsausschuss mehr Klarheit bringen werden, daran zweifeln viele.

Von Gudula Geuther | 29.01.2015
    Sebastian Edathy in der Bundespressekonferenz.
    Es geht weiter um die Frage, von wem Sebastian Edathy informiert wurde. (afp / Tobias Schwarz)
    Armin Schuster, der Obmann der Union im Untersuchungsausschuss, erwartet sich viel von den Sitzungen in dieser und der nächsten Woche. Keine Gewissheit, aber doch deutliche Hinweise darauf, wer Recht hat: Sebastian Edathy oder Michael Hartmann. Und das wäre ein wesentlicher Schritt voran in der zentralen Frage, die der Ausschuss zu klären hat: Wer hat Sebastian Edathy gewarnt? Er selbst sagt: Michael Hartmann war es, wie er damals SPD-Bundestagsabgeordneter, wie er Innenpolitiker. Hartmann bestreitet das.
    Während Edathy Zeugen nennt dafür, dass zumindest er diese Version früh weitererzählt hat. Zwei ehemalige Büroleiter, einen Bekannten, eine Landtagsabgeordnete. Und über Ecken soll auch Johannes Kahrs, Sprecher des Seeheimer Kreises, informiert worden sein. Die Aussagen, glaubt Schuster, werden wichtig sein um die Glaubwürdigkeit Michael Hartmanns zu bewerten:
    "Denn wenn die Zeugen bestätigen, dass sie mit Herrn Edathy bereits im November/Dezember 2013 darüber gesprochen haben, dass der Informant Herr Hartmann sei – das wäre sehr überraschend."
    Auch der Linken-Obmann Frank Tempel sagt: "Es würde zumindest die Theorie, dass sich Herr Edathy jetzt eine Aussage einfallen lässt, eine Geschichte einfallen lässt, um von seinem Verfahren abzulenken, würde es deutlich widersprechen. Denn dann hätte er diese Namen gegenüber diesem Personenkreis benannt zu einem Zeitpunkt, als noch gar nicht klar war ob es zu einem Verfahren kommen würde."
    Das allerdings ficht den Obmann der SPD, Uli Grötsch, nicht an. Die Zeugen könnten schließlich nur wiedergeben, was ihnen Edathy erzählt habe. "Es würde jedenfalls die These unterstützen, dass Herr Edathy um sich herum ein großes Gerüst aufgebaut hat, in dem er sich selbst schützen will."
    Unklar, ob sich die Sache jemals klären lässt
    Eva Högl (SPD) ist Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Edathy-Affäre.
    Eva Högl (SPD) ist Vorsitzende des Untersuchungsausschusses zur Edathy-Affäre. (imago/Reiner Zensen)
    Für eminent wichtig hält Armin Schuster einen weiteren Zeugen: Wolfgang Hertinger, den Präsidenten des Landeskriminalamtes Rheinland-Pfalz. Denn als Beleg für seine Version hatte Edathy von einem Kontakt Hartmanns beim LKA gesprochen. Den habe der damalige innenpolitische Sprecher der SPD, Hartmann, angerufen, um nach den Ermittlungen in den Kinderpornografie-Großverfahren zu fragen. Ohne Ergebnis – die Sache sei ihm zu heikel, soll der Gesprächspartner gesagt haben. Woher weiß das Edathy, wenn Hartmann nicht konkret mit ihm über Verdachtsmomente gesprochen hat? Hartmann selbst hat den Präsidenten als seinen Kontakt benannt.
    Es geht um Indizien, es geht um Hörensagen, und selbst wenn sich Edathys Version erhärten sollte, ist noch lange nicht klar, wer ursprüngliche Quelle der Informationen war. Der ehemalige BKA-Präsident Jörg Ziecke hat die Unterstellung in einer langen selbstbewussten Aussage zurückgewiesen. Wie diese Fragen jemals aufzuklären sind, ist offen, die Opposition zeigt sich kreativ. Die Grüne Irene Mihalic möchte, dass die gesamte SPD-Spitze ihre Kommunikation offenlegt, soweit sie sich auf den Fall Edathy bezieht:
    "Wir erhoffen uns davon, ein bisschen mehr Klarheit darüber zu bekommen, wer eigentlich zu welchem Zeitpunkt die Information gehabt hat, dass gegen Herrn Edathy ermittelt wird. Und deswegen wollen wir natürlich jetzt auch mal die Kommunikation an der SPD-Spitze von den Personen, von denen wir wissen, dass sie Informationen hatten, noch einmal nachvollziehen."
    Dann müsste man noch von viel, viel mehr Mitwissern die Daten verlangen, sagt die Union und lehnt ab. Und Uli Grötsch, SPD, fügt hinzu:
    "Und es geht auch weiter mit der Frage, ob es verhältnismäßig ist, dass Zeugen ihr Handy abgeben müssen – stellen Sie sich das mal für ein Strafverfahren vor."
    Die Ausschussvorsitzende Eva Högl will ihre Genossen zu freiwilliger Herausgabe ermuntern. Es wird konkreter, es wird kleinteiliger. Und, beklagt Michael Frieser, CSU, leider habe die Geschichte alles, was man zu einer Skandalgeschichte brauche:
    "Es geht darum: Hat jemand seine Grenzen überschritten, hat jemand Pflichtverletzungen begangen, hat jemand Geheimnisverrat begangen? Und konnte Herr Edathy Beweismittel wegschaffen? Und sich durch die ganze schmutzige Wäsche wühlen zu müssen, ist dabei ein Umstand, den man nur bedauern kann, aber das lässt sich leider Gottes nicht ganz vermeiden."