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Edle Unbekannte unter den Bäumen

Marmeladen oder Beilagen für Wildgerichte passen gut zur Frucht des kommenden "Baums des Jahres". Die Dr. Silvius Wodarz-Stiftung wählte dieses Mal die Elsbeere, auch bekannt unter den Namen Speierling oder Eberesche, aus. Die Früchte haben sogar heilende Wirkung.

Von Dieter Nürnberger |
    Das Kuratorium "Baum des Jahres" hat sich in diesem Jahr für eine – so wörtlich – edle Unbekannte entschieden. Der Preisträger heißt Elsbeere, es gibt auch noch andere Bezeichnungen dafür – etwa Atlasbaum oder Schweizer Birnbaum. Und auch diesmal das Kuratorium natürlich ganz bewusst diese Entscheidung getroffen. Denn der Baum des Jahres war in Deutschland in vergangenen Jahrhunderten deutlich mehr verbreitet als heute. Silvius Wodarz ist Präsident der Stiftung Baum des Jahres:

    "Die Elsbeere ist eine der Sorbus-Arten – dazu gehören etwa der Speierling und auch die Eberesche. Und sie ist ein ausgesprochen seltener Baum, obwohl sie in Deutschland, von den natürlichen Ansprüchen her, fast überall wachsen könnte. Diese Ausrufung zum Baum des Jahres soll deshalb auch dazu führen, dass sie hierzulande künftig mehr gepflanzt wird. Wir wollen dafür sorgen, dass die Elsbeere nicht mehr so selten ist wie derzeit."

    Die Elsbeere ist ein sommergrüner Baum. Sie wird im Normalfall zwischen 15 und 25 Meter hoch. Das Verbreitungsgebiet reicht vom Kaukasus mitunter bis nach Südengland, die Schwerpunkte des Vorkommens liegen aber eher in Frankreich und auf dem Balkan.

    In Deutschland ist die Elsbeere inzwischen sehr selten geworden, aber Naturfreunde können diesen Baum schon noch antreffen. Es ist ein wärmeliebender Baum, der sogar hitzeverträglich ist. Somit steht er oft an exponierten Südlagen, an Südhängen beispielsweise – überall dort, wo es eine starke Sonneneinstrahlung gibt. In früheren Jahren war vor allem das Holz sehr begehrt. Im 19. Jahrhundert wurden Wälder ja extra für den Brennholzbedarf bewirtschaftet. Diese Zeiten sind längst vorbei, doch ist das Holz weiterhin recht begehrt und auch teuer. Es ist ein hartes, schweres Holz, es wird beispielsweise in der Klaviermechanik verwendet. Aber die Bestände gehen seit Jahren zurück, sagt Kuratoriumspräsident Wodarz.

    "Wenn die Elsbeere im Wald steht, dann ist sie der Konkurrenz anderer Baumarten ausgeliefert – es geht um Lichtkonkurrenz. So kann es passieren, dass etwa die Buche zu hoch wächst und die Elsbeere im Schatten kaum noch eine Chance hat. Früher wurden Buchen ja nicht so groß – man hatte Brennholzbedarf, damals sprach man auch von Niedrig- oder Mittelbewirtschaftung. Die Elsbeere wurde in der Regel als junger Baum geerntet, sie konnte dann wieder neu wachsen, sie war damals nicht so selten."

    Einige Baumarten benötigen Jahrzehnte, bis die erste Blüte einsetzen kann. Aber wenn es dann passiert, dann seien die Früchte der Elsbeere auch gut verwendbar, sagt Silvius Wodarz.

    "Die Früchte kann man sehr gut verwerten, einige tun das auch längst professionell. Die Früchte sind nicht vergleichbar mit Preiselbeeren, aber sie können eben ähnlich verwendet werden. Für Wildgerichte beispielsweise, es kann auch Marmelade daraus gemacht werden, sie können getrocknet werden. In Österreich gibt es eine Region, genannt Elsbeerenreich, hier wird aufgrund doch starker Vorkommen auch eine ökonomische Verwertung betrieben. Es gibt zudem eine alte Weisheit, die auch schon Martin Luther bekannt war: Die Elsbeere ist auch gegen Durchfall ein Mittel. Damals hat man die rote Ruhr damit behandelt – deswegen gibt es auch den Namen Ruhrbirne."

    Und noch ein Aspekt ist hier wichtig: Die Elsbeere könnte vielleicht auch ein Gewinner der Klimaerwärmung sein. Denn viel Licht und Wärme wird für das Aufwachsen benötigt – und es gibt bislang auch keine nennenswerten Schädlinge.