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Edward Elgar: Concerto for cello and orchestra, op. 85 und Benjamin Britten: Symphony for cello and orchestra, op. 68

Am Mikrofon begrüßt Sie heute Ludwig Rink - zu Musik für Cello und Orchester aus England, gespielt von dem norwegischen Cellisten Truls Mørk und dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter der Leitung von Simon Rattle. * Musikbeispiel: Edward Elgar - aus "Concerto for cello and orchestra, op. 85" Ein für den Cellisten äußerst heikles Stück Musik, dieser zweite Satz des Cellokonzertes von Edward Elgar, und auch das Orchester muss höllisch aufpassen, damit seine Farbtupfer und Klangfarben-Einwürfe bei diesem Perpetuum mobile exakt an der richtigen Stelle sitzen...Für Truls Mørk aus dem norwegischen Bergen offensichtlich kein Problem - seit er 1982 als erster Skandinavier Preisträger beim Moskauer Tschaikowski-Wettbewerb wurde, spielt er sich in Wettbewerben, Konzerten mit Orchestern und Kammermusikabenden ohnehin von Erfolg zu Erfolg. Und die Sinfoniker aus Birmingham, unter Simon Rattle's engagierter, langjähriger Leitung von einem guten städtischen Orchester zu einem Weltklasse-Ensemble geworden, spielen hellwach und äußerst musikalisch. Dieses Cellokonzert entstand in den Jahren 1918/19 - zum größten Teil in einem Landhaus, das Edward Elgar in Sussex inmitten dichter Wälder gemietet hatte. Die liebliche Atmosphäre dieses Hauses habe das Stück wesentlich geprägt, äußerte Elgar später. Aber es sind auch andere Wesensmerkmale spürbar. Schließlich war der kräftezehrende, unmenschliche erste Weltkrieg gerade erst vorüber und um Elgars Gesundheit war es nicht zum Besten bestellt. Er war Anfang sechzig und hatte eine schmerzhafte Mandeloperation überstanden, als er das Hauptthema des ersten Satzes notierte. Und bei allem romantischen Elan, den das Cellokonzert insgesamt vermittelt, sind Züge von Müdigkeit und Resignation nicht zu überhören, vor allem dann, wenn man den mutigen, ausholenden Beginn mancher Passagen mit deren knappem, abruptem, manchmal geradezu verzagtem Ende vergleicht. So hat man gerade im ersten Satz öfter den Eindruck einer Entwicklung hin zu größerer Zuversicht, die dann aber infrage gestellt und schließlich doch wieder von Niedergeschlagenheit abgelöst wird. * Musikbeispiel: Edward Elgar - aus "Concerto for cello and orchestra, op. 85" Im Bereich des Jazz spricht man oft vom starken Ausdrucksgehalt der improvisierten Soli, vom sprachähnlichen Gestus. Beim Hören von Elgars Cellokonzert in der vorliegenden Einspielung mit Truls Mørk habe ich einen ähnlichen Eindruck: Hier wirkt es oft so, als spräche das Cello, als fände eine innige Zwiesprache statt zwischen Solist und Orchester, zwischen dem einzelnen Individuum und der Gruppe. Das perfekt funktionierende Zusammenspiel von Solist und Orchester zeigt sich dann erneut im rondoartigen, bewegten Teil des letzten Satzes, wo man sich gegenseitig spielerisch die Bälle zuwirft, wo gerade auch die Bläser aus Birmingham Gelegenheit haben, ihr hohes Können, ihre Reaktionsfähigkeit und ihre verblüffende Musikalität unter Beweis zu stellen. * Musikbeispiel: Edward Elgar - aus "Concerto for cello and orchestra, op. 85" Außer diesem Konzert von Edward Elgar bietet die vorliegende Neuerscheinung der Firma Virgin Classics noch ein zweites Werk für Cello und Orchester eines englischen Komponisten, nämlich die relativ wenig bekannte Cellosinfonie op. 68 von Benjamin Britten. Sie entstand 1963 und ist in Brittens Konzertschaffen eher ein Nachzügler, denn seine Konzerte für Klavier bzw. Violine und Orchester schrieb er bereits vor dem 2. Weltkrieg. Äußerer Anlass war Brittens Begeisterung über das Cellospiel von Mstislaw Rostropowitsch, stilistisch zeigt diese Cellosinfonie eine Schaffensperiode, in der Britten vieles frühere radikal in Frage stellte und sich für neue kompositorische Verfahren sehr offen zeigte: zu etwa der gleichen Zeit entstand auch das "War Requiem" und die "Cantata Misericordium". * Musikbeispiel: Benjamin Britten - aus "Symphony for cello and orchestra, op. 68" Die neue Platte - heute mit Musik für Cello und Orchester von Edward Elgar und Benjamin Britten. Zuletzt der zweite Satz, ein Presto inquieto" aus Brittens Cellosinfonie op. 68. Es spielten Truls Mørk und das City of Birmingham Symphony Orchestra, die Leitung hatte Simon Rattle. Einen weiterhin schönen Sonntag wünscht Ihnen Ludwig Rink

Ludwig Rink |