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EEG-Reform
Bremse für Energiegenossenschaften

Die geplanten Beschlüsse zur EEG-Reform verschlechtern massiv die Chancen für lokal verankerte Bürgerenergiegenossenschaft. Bei der neu eingeführten Ausschreibungspflicht für Projekte könnten nur große Unternehmen bieten. Ein Wettbewerbsnachteil für die kleinen Genossenschaften.

Von Kai Rüsberg | 06.06.2016
    Aktivisten protestieren am 31.05.2016 in Berlin am Kanzleramt gegen die EEG-Reform.
    Protest gegen die EEG-Reform (dpa / picture alliance / Maurizio Gambarini)
    Ralf Schüle macht sich stark für die Energiewende. Er hat privates Geld in die Bürgerenergiegenossenschaft Solingen investiert, um einen Beitrag für eine nachhaltige Energieversorgung zu leisten.
    "Das was nach Fukushima, nach dem Energiekonzept der BReg passierte, war eine unglaublich Mobilisierung. Es war gewollt, dass Bottom up solche Initiativen starteten."
    Nicht erst seit der 2011 von der Bundesregierung ausgerufenen Energiewende, weg vom Atomstrom, wuchs die Beteiligung von privaten Kleininvestoren in Deutschland an. Nach Angaben des Vereins "Energiewende Jetzt" wurden in den letzten zehn Jahren fast die Hälfte der Investitionen im Energiesektor von Kleininvestoren getragen.
    Gegenwind wird bei Bürgerenergie seit Jahren größer
    Was zunächst von der Bundesregierung so gewollt war, wurde bereits mit den Novellen des Erneuerbare-Energien-Gesetz - kurz EEG - abgebremst, so Julian Schönbeck von der Energieagentur NRW.
    "Seit der Novelle des EEG 2012 merkt man, dass der Gegenwind bei der Bürgerenergie immer größer wird. Und mit Blick auf die EEG Novelle 2016, was da diskutiert wird, sieht es auch nicht so aus, als würde das besser werden."
    Befördert durch die garantierten Einspeisevergütungen des EEG für Strom entstanden zunächst viele Energiegenossenschaften mit dem Hintergrund einer Geldanlage. Nach Branchenschätzungen gibt es zirka 900 in Deutschland, zumeist mit mehr als 100 Anlegern. Die Motivation ist aber sehr unterschiedlich, so Schönbeck.
    "Es gibt Graswurzelinitiativen, die das aus ökologischen Überzeugungen machen. Dann gibt es Genossenschaften, die von Kommunen, Stadtwerken initiiert sind. Es ist nicht so, dass da die Oberschicht investiert, sondern das sind Volumina von 3.000 Euro im Durchschnitt.
    Ausschreibungspflicht benachteiligt Genossenschaften
    Die geplante nächste Novelle des EEG sieht nun eine Verpflichtung zur Ausschreibung von Windrädern und Solar-PV Anlagen vor, erläutert Schönbeck:
    "Grundidee ist, dass man den Markt der Erneuerbaren marktwirtschaftlicher organisieren möchte, die staatlichen Eingriffe reduzieren möchte und den freien Kräften des Marktes das überlassen möchte. Dazu sind nicht alle Akteure in der Lage, das so zu überstehen.
    Insbesondere die Energiegenossenschaften würden so systematisch ausgebremst, beklagt Dietmar von Blittersdorff vom Netzwerk "Energiewende Jetzt".
    "Eine Ausschreibung benachteiligt Energiegenossenschaften, weil sie als kleiner Player in einen Markt gedrängt werden mit großen Energieversorgern. Da haben sie weder die Ausstattung mit Hauptamtlichkeit noch Ressourcen oder Finanzen, um diesen Wettbewerb zu bestehen. Und keiner kann seinen Mitgliedern erklären, dass man 200.000 Euro für eine Ausschreibung in den Sand gesetzt hat.
    Als Alternativen bietet sich Energiegenossenschaften meist nur eine komplette Neuorientierung an. Der einzig wachsende Investitionsbereich ist zur Zeit die Nahwärmeversorgung, beispielsweise über zentrale Holzheizungen, die ganze Nachbarschaften versorgen. Doch solche langfristigen Investitionen werden nur dann getätigt, wenn Investionssicherheit herrscht, meint von Blittersdorf.
    "Es ist nach wie vor eine Verunsicherung, ob ein neues Geschäftsmodell ein oder drei Jahre halten kann. Weil vielleicht gibt es schon 2018 wieder die neue Novellierung.
    Ralf Schüle sieht für seine Bürgerenergiegenossenschaft Solingen auch mit der nächsten EEG Novelle noch Handlungsspielraum, doch es werde immer enger für die Zukunft der Energie in Bürgerhand.
    "Das jetzt der Impuls so niedrig gesetzt wird, ist sehr bedauerlich. In der Hinsicht fühlen wir uns schon ausgebremst.