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Effiziente Stromerzeugung

Deutschland hat seit Mitte der 80er Jahre seinen Weltmarktanteil bei Gas- und Dampfturbinen für Kraftwerke von 15 auf über 30 Prozent steigern können. Ein Grund: Moderne Turbinen aus Deutschland haben nicht nur einen deutlich höheren Wirkungsgrad als vor zehn Jahren. Dadurch sparen sie Brennstoff und verringern den Kohlendioxidausstoss in die Atmosphäre. Der Einsatz von Wasserstoffturbinen setzt dem noch eins drauf: Bei ihm fällt nur noch Wasserdampf an.

Von Mirko Smiljanic | 10.01.2007
    Köln-Porz, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Gebäude 45: Röhren, Kabel, Monitore, an den Wänden Arbeitstische. Es riecht nach Öl. Professor Reinhardt Mönig, Leiter des Instituts für Antriebstechnik, zeigt auf eine mächtige mattsilber schimmernde Gasturbine, deren Innereien Arbeiter gerade mit einem Kran ans Tageslicht hieven.

    " Wir sind hier in einem unserer modernsten Verbrennungsprüfstände, dem so genannten HBK 4, und machen hier für unsere Industriekunden Untersuchungen an Brennkammer realer Größe. Sie sehen gerade hier, wie die Brennkammer entfernt wird, das heißt, wir haben hier die Möglichkeit unter realen Drücken, Temperaturen und Massenströmen in realer Größe die Verbrennungssysteme auszutesten und dann auch mit verschiedenen Brennstoffkompositionen, also reines Erdgas, Synthesegase bis hinzu zum reinen Wasserstoff, ist alles möglich. "

    Moderne Turbinen setzen rund 60 Prozent der eingesetzten Energie in elektrischen Strom um - ein enorm hoher Wert! Gleichzeitig sinken seit einigen Jahren die Schadstoff- und CO2-Emissionen beständig. Das sei gut, sagt Mönig, aber nicht gut genug. Ideal wären zum Beispiel Wasserstoffturbinen. Wasserstoff hat eine sehr hohe Energiedichte - bezogen auf das Gewicht liegt sie drei Mal höher als Benzin - außerdem verbrennt er ohne schädliche Rückstände. Erdgas und Wasserstoff verbrennen in Turbinen zwar nach dem gleichen Muster, trotzdem gibt es einige zurzeit nur mit Mühe beherrschbare Probleme. Reinhardt Mönig:

    " Wasserstoff hat einen sehr hohen Energieinhalt und die Reaktionen laufen auch sehr schnell ab, das sind die Probleme, die zu lösen sind, bevor man mit reinem Wasserstoff in der Verbrennung arbeiten kann, und heute ist es noch so, dass die Kunden in der Regel mit Wasserstoff- und Stickstoffkompositionen arbeiten, dadurch wird der ganze Prozess ein bisschen träger und auch leichter beherrschbar. "

    Extrem kurze chemische Reaktionszeiten und sehr hohe Temperaturen, diese beiden Faktoren behindern die Einführung reiner Wasserstoffturbinen. Die Reaktionszeiten lassen sich durch Zusätze - Reinhard Mönig hat es schon angedeutet - wie Stickstoff beeinflussen. Letztlich ist das aber kontraproduktiv, weil dadurch der Wirkungsgrad sinkt. Fatal sind zudem die hohen Temperaturen. 1400 bis 1500 Grad Celsius müssen heute schon Turbinen aushalten, würde reiner Wasserstoff verfeuert, steigt der Wert bis auf knapp 2.000 Grad. Mönig:

    " Wir arbeiten heute schon mit Hochtemperaturwerkstoffen, das heißt wir haben Nickelbasislegierungen, die teilweise aus einem Kristall gezüchtet sind, die darüber noch keramische Schutzschichten haben, um das Temperaturenniveau herabzusetzen, und wir haben eine starke Kühlung, das heißt, wir nehmen Luft aus dem Verdichter heraus, schicken die durch die Turbinen und die legt sich dann wie ein Kühlfilm um die Turbinenschaufeln und führt dazu, dass diese Temperaturen die Hausse überhaupt noch beherrschbar werden. "

    Als nächste Schritt peilen die Forscher des DLR reine Keramikschaufeln an. Die verkraften zwar hohe Temperaturen, seien gleichzeitig aber spröde, erklärt Mönig:

    " Genau das ist das große Problem, neben der Festigkeit die Sprödigkeit, und weil wir es immer auch mit großen Temperaturunterschieden im eigentlichen Prozess zu tun haben, kann es dazu führen, dass die Schaufeln reißen und dann ist die Maschine natürlich nicht mehr einsetzbar. "

    Und dann gibt es noch das große Feld der Thermoakustik: Verbrennungen erzeugen Lärm, und dieser Lärm kann sich mit dem Material der Turbine so aufschaukeln, dass er im schlimmsten Fall Teile der Turbine zerreißt.

    " Man versucht natürlich, sie zunächst völlig zu unterdrücken durch geeignete Wandauskleidung und zum Beispiel, wenn man damit nicht weiterkommt, gibt es die Möglichkeiten mit aktiven Maßnahmen zu arbeiten, etwa den Brennstoffmassenstrom entsprechen zu triggern oder durch das Einblasen von Kühlluft. "

    Großtechnisch einsetzbar sind Wasserstoffturbinen frühestens in einigen Jahren, dann könnten sie allerdings eine Revolution der Energiegewinnung einleiten. Voraussetzung ist allerdings, dass regenerative Energien in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Es macht einfach keinen Sinn, teure Energie einzusetzen, um kostengünstige zu erzeugen!