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Effizienter Entzug

Die althergebrachten Techniken zu Entsalzung von Meerwasser, bei denen Meerwasser einfach verdampft wird, um das Salz darin loszuwerden, verbrauchen viel Energie. Mittlerweile tritt deshalb ein alternatives Verfahren einen Siegeszug an: Bei der reversen Osmose spielen spezielle Membranen eine Schlüsselrolle: ultradünne Trennfilme, deren Verbesserung eines der Ziele des EU-Projektes NanoMemPro ist.

Von Ralf Krauter | 19.07.2006
    Milchig schimmernde Plastikfolien, die es in sich haben - das sind die Studienobjekte von Professor Klaus-Viktor Peinemann, vom GKSS-Forschungszentrum Geesthacht. Der Materialforscher will die heutigen Membranfolien für die Meerwasserentsalzung effizienter zu machen.

    " Die eigentliche Membran ist nur ein Zehntel Mikrometer dünn -, also ein hundertstel eines menschlichen Haares - und hält trotzdem einen Druck aus von 70 bis 80 Bar. Und das geht aber nur deshalb, weil die gestützt wird. So eine Membran ist aus drei Lagen aufgebaut. Unten ein grob poröses Gewebe, darauf, wir nennen das ein mikroporöses Gewebe, eine Membran, die nicht trennt, aber Poren hat von einem halben Mikrometer. Und das Gebilde stützt jetzt diese hauchdünne Membran. Das sind die heutigen Meerwasserentsalzungsmembranen."

    Mit Hilfe der Polymer-Sandwiches lässt sich Meerwasser deutlich effizienter entsalzen, als mit der althergebrachten Verdampfung. Ein Zehntel der Energie genügt. Möglich wird das durch die so genannte reverse Osmose. Das salzhaltige Meerwasser wird mit hohem Druck gegen die ultradünne Membran gepresst. Die lässt nur das Wasser durch, nicht aber die darin gelösten Salzmoleküle. Zahlreiche Großanlagen weltweit belegen, dass das Ganze prima funktioniert und auch wirtschaftlich ist. Doch wie genau das Wasser durch die Membran kommt, das ist immer noch Stoff für Diskussionen. Poren oder Kanäle im eigentlichen Sinn haben die handelsüblichen Membranen nämlich vermutlich gar nicht.

    " Inzwischen denken 95 Prozent der Forscher, dass überhaupt keine Löcher da sind, sondern dass es ein Lösungsdiffusionsmechanismus ist. Wasser löst sich in dem Membranmaterial, diffundiert durch, wird wieder abgegeben. Und die Salze können sich nicht darin lösen."

    Wenn das stimmt, sollte sich die Effizienz der Trennfolien eigentlich steigern lassen, indem man das Material perforiert - also Myriaden winziger Kanäle einbaut, die die Wassermoleküle ungehindert passieren lassen, erklärt Klaus-Viktor Peinemann:

    " Und da bieten sich an Kohlenstoff-Nanoröhrchen. Das sind Röhrchen, die haben ungefähr einen Nanometer im Durchmesser, die sind vielleicht zwei Mikrometer lang. Und es gibt deutliche Anzeichen dafür, dass diese Kohlenstoff-Nanoröhrchen hervorragende Wasserleiter sind und Salz nicht hindurchlassen. Und wenn es uns jetzt gelingt, diese Carbon-Nanotubes in Membranen einzulagern - senkrecht zur Membranoberfläche - dann müsste das eine Verbesserung um einen Faktor zehn oder sogar hundert geben. Und das wäre noch mal ein Riesendurchbruch für die Membrantechnik."

    Ein Durchbruch, der nicht nur die Meerwasserentsalzung preiswerter machen könnte, sondern auch eine ganz anderes visionäres Konzept salonfähig: Die umweltfreundliche Stromerzeugung mit Osmosekraftwerken. Die bestehen im Prinzip aus zwei von einer Membran getrennten Tanks, von denen einer mir Meerwasser gefüllt wird, der andere mit Süßwasser - zum Beispiel aus einem Fluss. Peinemann:

    " Der osmotische Druck von Seewasser beträgt 25 Bar. D.h. eine Wassersäule von 250 Meter würde sich ausbilden in solch einem Osmosekraftwerk. Und damit könnte man Turbinen betreiben und Strom gewinnen. Das war bisher eigentlich nur eine schöne Idee. Dass es funktioniert ist bewiesen. Aber die Membranen sind einfach nicht gut genug, man braucht einfach riesige Flächen. Und wenn man diesen neuen Membrantyp hätte, dann wäre das durchaus realistisch, dass solche Osmosekraftwerke tatsächlich gebaut werden könnten."

    In norwegischen Fjorden zum Beispiel könnte sich deren Einsatz einmal wirtschaftlich rechnen. Zuerst müssen die Forscher im Rahmen des EU-Projektes NanoMemPro aber noch Verfahren entwickeln, mit denen sich die nanotechnologisch perforierten Membranen im großen Stil herstellen lassen. Weil die winzigen Nanoröhrchen aus Kohlenstoff schwierig zu handhaben sind, ist ihr geordneter Einbau in die Polymermembranen nicht ganz einfach. Viktor Peinemann aus Geesthacht geht davon aus, dass man in ein bis zwei Jahren soweit sein könnte.