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Effizienter und schlanker

Becker: Die sächsischen Universitäten sollen effizienter und schlanker werden. Dafür sollen sie Mittel und Stellen zugesagt bekommen, mit denen sie langfristig planen können. Das sind zumindest die Pläne des sächsischen Wissenschaftsministers Matthias Rößler. Ein Opfer dieses Tauschgeschäfts soll die juristische Fakultät in Dresden werden, denn sie soll nach dem Willen Rößlers dichtgemacht werden. Vor der Sendung habe ich mit Matthias Rößler gesprochen und ihn gefragt, wie weit diese Pläne in Sachsen gediehen sind.

05.02.2003
    Rößler: Eigentlich ist es ein ganzes Paket. Das beschäftigt nächste Woche den Senat der TU Dresden, also als Strukturveränderungen und langfristigen und großzügigen Garantien. Es ist eigentlich bis jetzt die Diskussion hochgekommen, weil ein Dekan, Herr Professor Fastenrath, hier die Vertraulichkeit gebrochen hat. Wir haben natürlich mit den entsprechenden Fakultäten Gespräche auch geführt. Er ist in die Öffentlichkeit gegangen. Eigentlich gehört diese Diskussion in den Senat, denn zuallererst sollten die Reformpakete und Garantien, die wir vorhaben, in den Senaten der betroffenen Hochschulen betroffen werden, und das wird in Dresden nächste Woche der Fall sein, und Sie wissen ja, dass die Universitätsleitung ihren Senat in Abwägung aller positiven und negativen Tatbestände die Annahme dieses Hochschulkonsenses betreffend die TU Dresden empfohlen hat.

    Becker: Weil es eben ein ganzes Paket ist, und die Hochschulleitung denkt, dass man, wenn man eben möglicherweise einige Kröten schluckt, wozu ja die Schließung der juristischen Fakultät wahrscheinlich auch aus Sicht der Universitätsleitung gehört, eben langfristige Garantien bekommt und keine Personalkosten weiter einsparen muss?

    Rößler: Ja, im Prinzip ist es so, wie Sie es sagen. Wir müssen natürlich uns in Sachsen auf die eigenen Hochschulen konzentrieren, das ist das eine, und zum Anderen müssen wir die Profile schärfen. Wir können nicht überall alles machen. Wenn wir hier auf europäischer Ebene oder gar international mit unseren Hochschulen wirklich mitspielen wollen - und das wollen wir bei dem vielen Geld, das wir auch in die Hochschulen investieren -, dann muss jede Hochschule ihre Schwerpunkte bilden, und ein Schwerpunkt ist eben, dass wir die Juristenausbildung in Leipzig konzentrieren. Dresden hat ja auch seine Schwerpunkte, ganz klar die Technikwissenschaften, Ingenieurwissenschaften.

    Becker: Was mir jetzt noch nicht ganz klar ist, wenn Sie sagen, einerseits brauchen wir Leute und Ressourcen, die eben auch jüngere Juristen ausbilden können, deswegen müssen wir, wenn wir in Dresden die juristische Fakultät zumachen, die Ausbildung auch an eine private juristische Universität abgeben. Das ist mir noch nicht ganz klar. Warum können Sie das nicht an dieser normalen, staatlichen Dresdener Hochschule lassen, ohne die juristische private Hochschule einzuführen?

    Rößler: Aus dem einfachen Grund, weil wir die finanziellen Mittel, die wir dort einsetzen, woanders brauchen. Wenn wir jetzt eine juristische Ausbildung in privatrechtlicher Trägerschaft einrichten, müssen wir das ja nicht finanzieren. Dieses Geld wird nicht vom Freistaat Sachsen kommen.

    Becker: Das heißt die juristische private Universität sollte auch in Dresden angesiedelt werden?

    Rößler: So ist das, und sie ist natürlich ein enger Kooperationspartner der Technischen Universität Dresden, das ist klar, sie ist stark vernetzt mit dieser Universität, und ich finde, das ist ein ganz interessantes Modell.

    Becker: Das heißt also den Erstsemesterstudierenden, die sich möglicherweise jetzt für ein Jurastudium in Dresden interessieren würden, müssten Sie sagen, ihr könnt nicht an einer staatlichen Hochschule studieren, sondern ihr müsstet euch an einer privaten Hochschule einschreiben?

    Rößler: Zum Beispiel. Aber dort wird man sich natürlich die Studenten ganz genau aussuchen. Es werden auf jeden Fall sicher nicht so viele sein, die dort immatrikuliert werden, das ist klar, es sind ja deutlich weniger als bisher. Und das ist natürlich auch - das muss man so deutlich sagen - mit Studiengebühren verbunden. Das ist ja eine Hochschule, die Gebühren nimmt, eine Privathochschule.

    Becker: In diesem Wintersemester gab es in Dresden 400 Erstsemester, glaube ich, und in Leipzig 250 Erstsemester. Was würden Sie denn denken, wie viele Erstsemester, die Jura studieren, können Sie denn an einer staatlichen Hochschule verkraften, in dem Fall an der Leipziger Hochschule?

    Rößler: Das werden wir sehen, aber wir müssen uns, wie gesagt, auf unsere Stärken in Sachsen konzentrieren, und da müssen wir eben in diesem und jenem Bereich, zumindest in der staatlichen Ausbildung Abstriche machen, weil wir unsere finanziellen Ressourcen auch auf die Bereiche konzentrieren müssen, in denen wir wirklich die Entwicklungspotentiale des Landes sehen, und da muss man deutlich sagen, zwei juristische Fakultäten sind für uns etwas zuviel gewesen.

    Becker: Gesetzt den Fall, wenn weiterhin so viele Abiturienten wie bisher in Sachsen Jura studieren möchten, aber die Studiengebühren nicht aufbringen können, möchten, aus welchem Grund auch immer, würden sich also dann alle möglicherweise an der nicht kostenpflichtigen juristischen Fakultät in Leipzig einschreiben.

    Rößler: Wissen Sie, wir würden natürlich hoffen, dass sie sich in unseren Ingenieurfakultäten einschreiben oder in Physik, Chemie, Wirtschaftswissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und überall dort, wo wir momentan großen Bedarf in Deutschland haben und da auch die Aussicht auf einen Berufseinstieg winkt. Sie wissen, dass wir eigentlich in Deutschland in Größenordnungen Juristen über den Bedarf ausbilden. Ich kann jungen Leuten nur empfehlen, dass sie wirklich in Studiengänge gehen, wo sie anschließend auch ihre berufliche Perspektive haben. Ich habe das übrigens meinem eigenen Sohn auch empfohlen.

    Becker: Vielen Dank für das Gespräch.

    Becker: Vor knapp drei Stunden hat Professor Ulrich Fastenrath, Dekan der juristischen Fakultät der TU Dresden, Studierende, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Hauptversammlung über die Schließungspläne des sächsischen Wissenschaftsministers informiert. Seine Reaktion auf diese Pläne? Fastenrath: Die Lage ist natürlich sehr schlecht. Zwar hatte die Regierung angekündigt, dass diejenigen, die jetzt schon studieren, noch zu Ende studieren dürfen. Freilich werden die Bedingungen sicherlich immer schlechter werden, denn Personal wird gehen und nicht mehr ersetzt werden. Es werden also immer weniger da sein, die die Last der Lehre tragen, so dass mit Sicherheit die Ausbildung schlechter wird. Und das sind die vielen Dinge, die bei diesen ganzen Strukturplanungen völlig unausgegoren sind, dass gar nicht klar ist, was am Ende dabei gespart wird und was nicht, vielleicht sogar mehr Kosten entstehen. Damit im Zusammenhang steht auch eine Idee des Wissenschaftsministers, hier eine Privatuniversität zu gründen, die bisher allerdings nur in den Gehirnen einiger Weniger besteht und noch nirgendwo zu Papier gebracht worden ist. Das erscheint uns bislang ein reines Luftschloss zu sein. Wir können uns auch nicht vorstellen, dass in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation genügend Geld zusammenkommt, um eine solche Privatuniversität auf die Beine zu stellen.

    Becker: Soweit Ulrich Fastenrath, Dekan der juristischen Fakultät der TU Dresden, zur geplanten Schließung seiner Fakultät.