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Ehevertrag kein Misstrauensbeweis

Vor allem bei einem großen Vermögensunterschied der Ehepartner sorgt ein Vertrag für Sicherheit. Problematisch wird es, wenn ein Partner nachgibt, um die Hochzeit nicht zu gefährden.

Von Susanne Kuhlmann | 18.07.2013
    "Ein Ehevertrag verhindert bei einer frühzeitigen Scheidung, die man vielleicht selber gar nicht ausgelöst hat, dass man sich finanziell ruiniert. In meinem Fall gab es eigentlich keinen konkreten Anlass, bis auf die Tatsache, dass man bei anderen Leuten schon mal das Kind in den Brunnen fallen gesehen hat. Und um das auszuschließen, wollte ich eine vertragliche Regelung schaffen, die die staatlichen Regelungen ergänzt."

    Wie würden sich die staatlichen Regelungen im Fall einer Scheidung auf die persönliche Situation auswirken? Das fragen viele Paare, die sich im Notariat von Dirk Solveen beraten lassen.

    "Häufig beginnt das Gespräch mit dem Vermögen. Der eine hat etwas, der andere hat nicht so viel. Sei es, dass schon geerbt worden ist, von den Eltern geschenkt worden oder man hat halt im Leben schon etwas erwirtschaftet. Und dann stellt sich die Frage: was passiert, wenn wir jetzt heiraten? Gehört dann mein Haus auf einmal auch meiner Frau? Und was passiert, wenn wir uns scheiden lassen? Muss ich dann meiner Frau oder meinem Mann die Hälfte von meinem Haus abgeben?"

    Andere befürchten, für die Schulden des Partners aufkommen zu müssen. Zur Beratung kommen Paare ganz unterschiedlichen Alters und mit unterschiedlichem Hintergrund.

    "Es gibt die jungen Eheleute, die kommen und modern ihr eheliches Zusammenleben gestalten wollen. Es gibt häufig auch die Herrschaften, die zum zweiten oder dritten Mal den Bund der Ehe eingehen. Dann gibt es die Personen, die aus ganz unterschiedlichen Verhältnissen kommen; also die reiche Unternehmertochter und der arme Musikersohn. Oder es gibt diejenigen, die bereits unternehmerisch tätig sind, sich verheiraten wollen und einfach Angst um ihr Unternehmen haben bei einer eventuellen Scheidung."

    Ob Realist oder Romantiker: Etwa die Hälfte der Paare, die sich bei Dirk Solveen informieren, entscheiden sich für einen Ehevertrag. Problembewusst zeigen sich vor allem Menschen, die zum zweiten Mal heiraten.

    "Diejenigen, die schon eine Scheidung hinter sich haben, eventuell erlebt haben, welche Folgen das gesetzliche Scheidungsrecht hat, mit denen sie nicht einverstanden waren. Wenn man mit 50 oder 55 sich noch mal traut, hat man häufig schon eine Ehe hinter sich, hat Kinder aus dieser Ehe und tut sich dann häufig wieder mit Personen zusammen, die in einer gleichen Lebenssituation sind, die auch eine gescheiterte Ehe haben, die auch Kinder haben. Das ist eine ganz andere Ausgangssituation für eine Ehe, als wenn man zusammen quasi bei null anfängt."

    Einige fragen sogar erst unmittelbar vor der Hochzeit nach einem Beratungstermin.

    "Hotel ist gebucht, Essen ist ausgesucht, in zehn Tagen ist der Standesamtstermin. Und jetzt wollen wir noch schnell zum Notar, um die wichtigsten Ehefolgen auszuschließen.

    Das ist deswegen nicht unproblematisch, weil dann immer die Gefahr besteht, dass der eine Ehegatte, der nachgibt – ein Ehevertrag ist regelmäßig mit einem Nachgeben verbunden, weil eine der beiden Personen gesetzliche Positionen räumt – dass die Partei, die nachgibt, das dann tut unter dem Eindruck der nahen Eheschließung. Mit anderen Worten: um die Eheschließung nicht zu gefährden. Aus notarieller Sicht ist es dann sogar angenehmer, dass man es klärt, aber den Vertrag – wenn das möglich ist – erst nach der Eheschließung schließt, damit dieser Vorwurf gar nie erhoben werden kann: Ich habe den Vertrag nur unterschrieben, weil du mich sonst nicht geheiratet hättest."

    Einige denken dagegen erst etliche Jahre nach der Heirat an einen Ehevertrag.

    "Wenn Herrschaften schon länger verheiratet sind und den Status ändern wollen, hängt das in der Regel zusammen mit aufgetretenen Problemen. Entweder, dass das Kind schon ganz in den Brunnen gefallen ist, mit anderen Worten, man will sich trennen. Oder man durchlebt eine Krise, glaubt aber, die durchstehen zu können, will aber vorbeugen, wenn man es doch nicht schafft."

    Ob Romantiker oder Realist – im Fall einer Trennung zählt schließlich nur noch eins: das Geld.

    "Als Beispiel kann man sich die vielen Prominenten ansehen, wo der eine Partner nach relativ kurzer Ehedauer dann doch über die staatliche Regelung immense Geldansprüche erwirbt. Wenn man sich in Zeiten, in denen man sich gut versteht, darüber einig wird, was denn zu tun ist, wenn man auseinandergeht, dann kann man das ja aufschreiben. Ich sehe darin kein Misstrauen."