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Ehrgeiziger Beitrittskandidat

Serbiens Ziel ist eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. Und diesem Ziel ist der Balkan-Staat in den letzten Monaten deutlich nähergekommen. Doch wie läuft der Prozess weiter? Spanien, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft inne hält, drückt nun aufs Tempo.

Von Doris Simon | 01.02.2010
    Der Dezember sei für Serbien ein europäischer Supermonat gewesen, freute sich dieser Tage der serbische Außenminister Vuk Jeremic: Die EU-Außenminister machten den Weg frei für Handelserleichterungen, eine wichtige Vorstufe zu Beitrittsverhandlungen, kurz danach reichte Serbien seinen offiziellen Beitrittsantrag ein, und mit der Visafreiheit öffneten sich kurz vor Weihnachten die EU-Grenzen für alle Serben. Da werde 2010 ein vergleichsweise langweiliges Jahr, meinte der serbische Außenminister halb im Scherz, in dem harte Arbeit gefragt sei: Serbien werde den Reformprozess fortsetzen.

    Doch Serbiens Hauptproblem auf dem Weg nach Brüssel bleibt weiterhin ungelöst: Radko Mladic, der für das Massaker von Srebrenica verantwortlich sein soll und der kroatische Serbenführer Goran Hadzic sitzen noch immer nicht auf der Anklagebank des Internationalen Jugoslawien-Tribunals. Chefankläger Serge Brammertz vermutet die beiden Flüchtigen in Serbien. Vor Europaabgeordneten berief sich der Chefankläger in der letzten Woche auf Informationen serbischer Geheimdienste. Mit denen steht Brammertz täglich in Kontakt.

    Die Verhaftung von Mladic und Hadzic hat für den Chefankläger des Jugoslawientribunals oberste Priorität. Brammertz arbeitet dabei nach eigenen Aussagen gut mit einer kleinen Gruppe im serbischen Sicherheitsapparat zusammen. Er verwies darauf, dass immer noch teilweise hochgestellte Serben die mutmaßlichen Kriegsverbrecher schützen. Im Dezember hatte der Chefankläger die Kooperation der Behörden vor dem UN-Sicherheitsrat erstmals als zufriedenstellend bewertet. Die Gründe für die Verbesserung sieht Brammertz zum einen im Regierungswechsel in Wechsel, vor allem aber in der EU-Politik, die jeden Fortschritt in Richtung EU an die vollständige Zusammenarbeit mit dem Kriegsverbrechertribunal koppelt.

    "Meine Erfahrung nach zwei Jahren in diesem Amt ist glasklar: Die Unterstützung der Europäischen Union durch Bedingungen und Anreize hat eine nicht zu unterschätzende, entscheidende Rolle gespielt."

    Doch nun drückt Spanien, das derzeit den wechselnden Vorsitz in der EU hält, mächtig aufs Tempo. Man sondiere derzeit im Vorfeld, wann die EU-Kommission ihre Einschätzung zur Beitrittsfähigkeit Serbiens vorlegen könne, sagte zuletzt Spaniens Außenminister Moratinos. Je eher das geschehe, desto besser.

    Die spanische Regierung werde alles daran setzen, dass Serbiens "Träume und Bestrebungen" für eine EU-Mitgliedschaft Wirklichkeit würden, hatte Moratinos bereits im Dezember in Belgrad versprochen. Vertrauen haben die Serben ohnehin zu Spanien: Schließlich hat die Regierung in Madrid die Unabhängigkeit des Kosovos bis heute nicht anerkannt - sie nimmt damit eine Außenseiterposition in der EU ein.