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Eilige Expansion eines Exoten

Entomologie. - Eine neue Mückenart hat sich in Baden-Württemberg etabliert. Der Japanische Buschmoskito ist inzwischen nahezu im ganzen Bundesland anzutreffen. Die Art gilt als Überträger des West-Nil-Fiebers. Auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Ökologie wurde über den erfolgreichen Neuankömmling berichtet.

Von Volker Mrasek | 09.09.2011
    Wenn man wollte, könnte man den Japanischen Buschmoskito als fliegenden Zebrastreifen bezeichnen. Die Art trägt Ringelstreifen:

    "Charakteristisch für den Japanischen Buschmoskito ist, daß er weiß gestreift ist, weiß und kontrastiert, also dunkel gefärbt ist. Wenn jemand so eine Mücke findet, soll er sie zu uns schicken, und wir bestimmen die dann auch."

    Norbert Becker rechnet fest mit steigenden Posteingängen. Der Biologe ist Vorsitzender der "Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage" und Dozent an der Universität Heidelberg. Seine Arbeitsgruppe konnte jetzt nachweisen: Der Japanische Buschmoskito breitet sich in Deutschland aus, und das ziemlich schnell. Vor drei Jahren wurde das fremde Insekt erstmals in Süd-Baden entdeckt.

    "Wir haben die Art von Lörrach/Weil am Rhein bis rüber zum Bodensee gefunden bis in den Schwarzwald hinauf, bis in Höhen von 1000 Meter fast. Und ich habe eine Doktorandin, die eine Kartierung jetzt gemacht hat in Baden-Württemberg. Und wir haben erstaunlicherweise weite Bereiche Baden-Württembergs, wo diese Mücke eben jetzt massiv auch vorkommt. Hat uns schon überrascht, daß die jetzt so weit verbreitet vorkommt."

    Seine angestammte Heimat hat der Blutsauger in China, Japan und Korea. Becker:

    "[Er] ist sehr wahrscheinlich über den Güterverkehr, über Warenimporte, nach Deutschland eingeschleppt worden. Und diese Art, weil das Klima in Japan, in China vergleichbar zu unserem Klima ist, konnte sich wohl deswegen in Deutschland auch sehr schnell hier einnisten."

    Das Problem an der Sache ist: Von dem Einwanderer mit den Ringelstreifen ist bekannt, daß er Viren übertragen kann, die das West-Nil-Fieber verursachen - eine ursprünglich tropische Erkrankung mit grippeähnlichen Symptomen. In schweren Fällen können aber auch Hirnhautentzündungen auftreten. Deshalb beunruhigt es Experten wie Becker, daß der Japanische Buschmoskito inzwischen in ganz Südeuropa verbreitet ist und sich nun auch in Ländern wie der Schweiz und Deutschland etabliert. Zurzeit ist man dabei, ein bundesweites Überwachungsprogramm einzurichten:

    "Ich denke, daß die Mücke noch weiter verbreitet ist. Wir haben gerade mit dem Ministerium auch in Baden-Württemberg geredet. Und wir gehen davon aus, daß man jetzt auch Bekämpfungsmaßnahmen vornimmt. Wir wollen auch im Rahmen einer Doktorarbeit ein, zwei Gemeinden, wo sie sich sehr stark verbreitet hat, eben uns vornehmen und dort Bekämpfungsstrategien erarbeiten."

    Gefunden haben die Forscher den fremden Buschmoskito vor allem auf Friedhöfen...

    "...also in Blumenvasen und so weiter. Sachen wie Vogeltränken und so weiter, die kommen aus Asien. Dort haben die Mücken ihre Eier in diese Vogeltränken reingelegt. Und wenn die dann auf dem Friedhof aufgestellt werden beispielsweise, es regnet, dann werden die Eier überschwemmt. Die Larven schlüpfen. Sie entwickeln sich wie alle Stechmücken im Wasser. Und so können die sich relativ schnell verbreiten."

    Man müsse den neuen Eindringling auf jeden Fall ernst nehmen, aber nicht gleich in Panik verfallen, betont Mücken-Spezialist Becker. Dafür bestehe kein Grund:

    "Wenn die West-Nil-Viren hier auch auftreten würden und ein neuer Überträger, dann kann sich das Szenario schon ändern. Aber wir sind ja gewarnt. In Deutschland ist es nicht so, daß wir jetzt große Epidemien zu erwarten haben. Vielleicht mal kleinere. Jedenfalls müssen wir gerüstet sein, wenn was passiert. Die Ärzte müssen in der Lage sein, das zu diagnostizieren. Das sind Sachen, die man berücksichtigen muss."

    Ein anderer exotischer Moskito hat bisher nur mal kurz angeklopft: die Asiatische Tigermücke. Auch sie hat Südeuropa bereits erobert. In Deutschland aber blieb es bei einem Fund am Oberrhein im Jahr 2007. Zum Glück, kann man sagen. Denn diese Mückenart gilt als ziemlich aggressiv. Sie sticht tagsüber und häufig mehrere Menschen hintereinander. Und vor allem: Sie kann verschiedene Erreger übertragen. Nicht nur West-Nil-Viren, sondern auch den Verursacher des gefährlichen Dengue-Fiebers. Weil die Tigermücke aus den Tropen stammt, kommt sie mit unserem Klima offenbar nicht zurecht. Aber das könnte sich bei einer weiten Erwärmung durchaus ändern:

    "Wenn man bedenkt, wie warm die Sommermonate bei uns sind zum Beispiel im Oberrheingebiet: Temperaturen weit über 30 Grad in den letzten Jahren. Insofern wird das Risiko einfach größer."