Schäfer-Noske: Frage an den Architekten Paul Kahlfeldt: Herr Kahlfeldt, auch Ihre Kollegen Rem Koolhaas und Axel Schultes machen sich für ein solches Moratorium stark. Was halten Sie davon?
Kahlfeldt: Ich halte wenig davon. Ich bin der Meinung, dass man einfach überlegen sollte: was passiert mit dem Areal. Das Palastgerippe muss vermutlich abgerissen werden, das ist nicht zu halten. Man sollte vielleicht vorher konkretisieren, was da passieren sollte, aber es soll keine conditio sine qua non sein, zum Beispiel das Stahlskelettgerippe in eine Neukonstruktion zu integrieren. Das finde ich falsch.
Schäfer-Noske: Nun kann ja auch ein möglicher Wiederaufbau des Stadtschlosses, über den diskutiert wird, von so einem Moratorium profitieren, weil man ja dann für die Pläne auch mehr Zeit hat.
Kahlfeldt: Das Problem ist, dass es ja immer nur diese Alternative gibt: Palast der Republik und Rekonstruktion des Schlosses. Ich bin in beiden Fällen ein Gegner. Der Palast der Republik und auch diese Struktur, die dort steht, ist banalste Architektur - kann man gar nicht sagen, Architektur, banalstes Bauen gewesen. Das mag vielleicht politisch, gesellschaftlich eine gewisse Relevanz haben - architektonisch bedeutungslos. Und das Schloss wieder aufzubauen ist eine Kapitulation der Architekten und der kleinste gemeinsame Nenner. So war ja auch von den nicht unbekannten Architekten in der Schloss-Kommission - das ist ja immer der Kompromiss: wenn die Alternative ist ein "zeitgenössischer Neubau", den keiner haben will, mit bedruckten Glasscheiben und irgendwelchen pseudomodernen Applikationen, wie auch immer das dann da aussieht, das wollen wir auf keinen Fall und deshalb ist diese Schlossrekonstruktion der kleinste Nenner.
Schäfer-Noske: Nun hat aber doch der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche gezeigt, dass so ein historischer Wiederaufbau auch gelingen kann, wenn er von den Bürgern und von der Region getragen wird. Ist das dann nicht ein positives Beispiel, was für einen historischen Wiederaufbau spricht?
Kahlfeldt: Die Frauenkirche würde ich als ein besonderes Gebäude nennen. Das ist erstmal stadtbildprägend mit einem hohen Identifikationsfaktor. Dieses hat das Berliner Schloss nicht gehabt. Das sind Äpfel und Birnen, die man da vergleicht.
Schäfer-Noske: Es gibt aber doch auch historische Argumente, die für den Erhalt des Palastes der Republik sprechen als ein historisches Zeugnis der DDR. Kann man das dann so einfach vernachlässigen und sagen, wir machen jetzt Tabula rasa?
Kahlfeldt: Sobald der Mensch irgendwas macht, ist es ein historisches Zeugnis. Wenn man das als ein Kriterium anlegt, dann darf man gar nichts mehr machen.
Schäfer-Noske: Ja nun, da war ja die Volkskammer, es ist ja schon etwas anderes, ob das irgendein Wohnhaus ist oder ob das jetzt der Palast der Republik ist.
Kahlfeldt: Ja, aber das ist der einzige Aspekt und ob man an so wichtiger Stelle, also dem Kernpunkt einer europäischen Metropole mit mittelalterlichem Beginn der Stadtentwicklung mit so schlechter Architektur an einen Sinnzug der Geschichte erinnern muss und damit das ganze Stadtbild letztendlich opfert, halte ich nicht für tragfähig genug.
Schäfer-Noske: Wie sieht denn Ihre Alternative konkret aus?
Kahlfeldt: Meine Wunschalternative wäre, dass wir - und da arbeite ich auch mit Kollegen dran, dass es eine Alternative gibt, die erst einmal vorrangig die jetzige städtebauliche Situation, so wie sie jetzt ist, akzeptiert, also das Schloss, wenn man es wieder aufbauen würde, hat ja alle stadträumlichen Bezüge verloren durch die Eingriffe schon Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Verlängerung unter den Linden ist ein Abschneiden der unbedingt notwendigen Anlage des Schlossgartens von dem Schloss, da führt ja so eine vierspurige Straße durch, die in die Karl-Liebknecht-Straße mündet. Kriegt man nie wieder weg, die Straße, die ist notwendig. Also die Haupterschließung ist von der Marstallbrücke zur Schlossbrücke gelegt worden. Dann fehlt die ganze Rückfront, also das Karl-Marx-Engels-Forum, was jetzt unbebaut da steht, also die Verhaftung dieses Schlosses im städtischen Kontext ist nicht mehr gegeben. Wie sieht jetzt eine angemessene, großmaßstäbliche Architektur dort aus?
Schäfer-Noske: Wie könnte so was denn aussehen?
Kahlfeldt: Ein neues Schloss. Schloss in Anführungsstrichelchen. Ein Gebäude, ein großes Gebäude, was nicht nach den herkömmlichen Definitionen von Funktionalismus errichtet wird, sondern was nützlich ist. Große Raumfluchten, großstädtische Architektur. Ein großes Gebäude für die Hauptstadt mit einer Architektursprache, die nicht Wohnungsbau ist, die nicht Flughafenempfangsgebäude ist und die nicht Kaufhaus ist, sondern ein Gebäude, was eine Architektursprache spricht, in der die Gesellschaft sich wiederfindet. Das kann eigentlich so eine Aufgabe kein Architekturbüro im eigentlichen klassischen Sinne machen, sondern es müsste eine Dombaumeisterin oder ein Dombaumeister müsste dieses machen und das Ganze ist eine Staatsaufgabe.
Kahlfeldt: Ich halte wenig davon. Ich bin der Meinung, dass man einfach überlegen sollte: was passiert mit dem Areal. Das Palastgerippe muss vermutlich abgerissen werden, das ist nicht zu halten. Man sollte vielleicht vorher konkretisieren, was da passieren sollte, aber es soll keine conditio sine qua non sein, zum Beispiel das Stahlskelettgerippe in eine Neukonstruktion zu integrieren. Das finde ich falsch.
Schäfer-Noske: Nun kann ja auch ein möglicher Wiederaufbau des Stadtschlosses, über den diskutiert wird, von so einem Moratorium profitieren, weil man ja dann für die Pläne auch mehr Zeit hat.
Kahlfeldt: Das Problem ist, dass es ja immer nur diese Alternative gibt: Palast der Republik und Rekonstruktion des Schlosses. Ich bin in beiden Fällen ein Gegner. Der Palast der Republik und auch diese Struktur, die dort steht, ist banalste Architektur - kann man gar nicht sagen, Architektur, banalstes Bauen gewesen. Das mag vielleicht politisch, gesellschaftlich eine gewisse Relevanz haben - architektonisch bedeutungslos. Und das Schloss wieder aufzubauen ist eine Kapitulation der Architekten und der kleinste gemeinsame Nenner. So war ja auch von den nicht unbekannten Architekten in der Schloss-Kommission - das ist ja immer der Kompromiss: wenn die Alternative ist ein "zeitgenössischer Neubau", den keiner haben will, mit bedruckten Glasscheiben und irgendwelchen pseudomodernen Applikationen, wie auch immer das dann da aussieht, das wollen wir auf keinen Fall und deshalb ist diese Schlossrekonstruktion der kleinste Nenner.
Schäfer-Noske: Nun hat aber doch der Wiederaufbau der Dresdner Frauenkirche gezeigt, dass so ein historischer Wiederaufbau auch gelingen kann, wenn er von den Bürgern und von der Region getragen wird. Ist das dann nicht ein positives Beispiel, was für einen historischen Wiederaufbau spricht?
Kahlfeldt: Die Frauenkirche würde ich als ein besonderes Gebäude nennen. Das ist erstmal stadtbildprägend mit einem hohen Identifikationsfaktor. Dieses hat das Berliner Schloss nicht gehabt. Das sind Äpfel und Birnen, die man da vergleicht.
Schäfer-Noske: Es gibt aber doch auch historische Argumente, die für den Erhalt des Palastes der Republik sprechen als ein historisches Zeugnis der DDR. Kann man das dann so einfach vernachlässigen und sagen, wir machen jetzt Tabula rasa?
Kahlfeldt: Sobald der Mensch irgendwas macht, ist es ein historisches Zeugnis. Wenn man das als ein Kriterium anlegt, dann darf man gar nichts mehr machen.
Schäfer-Noske: Ja nun, da war ja die Volkskammer, es ist ja schon etwas anderes, ob das irgendein Wohnhaus ist oder ob das jetzt der Palast der Republik ist.
Kahlfeldt: Ja, aber das ist der einzige Aspekt und ob man an so wichtiger Stelle, also dem Kernpunkt einer europäischen Metropole mit mittelalterlichem Beginn der Stadtentwicklung mit so schlechter Architektur an einen Sinnzug der Geschichte erinnern muss und damit das ganze Stadtbild letztendlich opfert, halte ich nicht für tragfähig genug.
Schäfer-Noske: Wie sieht denn Ihre Alternative konkret aus?
Kahlfeldt: Meine Wunschalternative wäre, dass wir - und da arbeite ich auch mit Kollegen dran, dass es eine Alternative gibt, die erst einmal vorrangig die jetzige städtebauliche Situation, so wie sie jetzt ist, akzeptiert, also das Schloss, wenn man es wieder aufbauen würde, hat ja alle stadträumlichen Bezüge verloren durch die Eingriffe schon Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Verlängerung unter den Linden ist ein Abschneiden der unbedingt notwendigen Anlage des Schlossgartens von dem Schloss, da führt ja so eine vierspurige Straße durch, die in die Karl-Liebknecht-Straße mündet. Kriegt man nie wieder weg, die Straße, die ist notwendig. Also die Haupterschließung ist von der Marstallbrücke zur Schlossbrücke gelegt worden. Dann fehlt die ganze Rückfront, also das Karl-Marx-Engels-Forum, was jetzt unbebaut da steht, also die Verhaftung dieses Schlosses im städtischen Kontext ist nicht mehr gegeben. Wie sieht jetzt eine angemessene, großmaßstäbliche Architektur dort aus?
Schäfer-Noske: Wie könnte so was denn aussehen?
Kahlfeldt: Ein neues Schloss. Schloss in Anführungsstrichelchen. Ein Gebäude, ein großes Gebäude, was nicht nach den herkömmlichen Definitionen von Funktionalismus errichtet wird, sondern was nützlich ist. Große Raumfluchten, großstädtische Architektur. Ein großes Gebäude für die Hauptstadt mit einer Architektursprache, die nicht Wohnungsbau ist, die nicht Flughafenempfangsgebäude ist und die nicht Kaufhaus ist, sondern ein Gebäude, was eine Architektursprache spricht, in der die Gesellschaft sich wiederfindet. Das kann eigentlich so eine Aufgabe kein Architekturbüro im eigentlichen klassischen Sinne machen, sondern es müsste eine Dombaumeisterin oder ein Dombaumeister müsste dieses machen und das Ganze ist eine Staatsaufgabe.