Arvo Tordik genießt es jedes Mal, wenn er die Besucher des Ölschiefer-Kraftwerkes von Narwa in den neuen Kontrollraum führen kann. Mehr als drei Jahre hat der estnische Umweltexperte daran gearbeitet, die Stromproduktion in den Blöcken 8 und 11 auf Europäischen-Standard zu bringen.
" Hier wird alles per Computer gesteuert. Und das Schwefeldioxid haben wir auf 10 bis 20 mg reduziert. Mit den alten Brennöfen geht noch immer das Hundertfache in die Luft. Aber diese Modernisierung hat 250 Millionen Euro gekostet. Für jede weitere fehlt uns das Geld. Irgendetwas muss auf dem estnischen Energiemarkt passieren, sonst wissen wir ab 2016 nicht mehr, woher wir unseren Strom nehmen sollen."
In seinen Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union konnte Estland eine Übergangsperiode für die Stromgewinnung aus dem schmutzigen Ölschiefer erstreiten. Der Brennstoff wird vor Ort gewonnen und deckt nahezu den gesamten Strombedarf. Schon im Sozialismus wurden die zahlreichen Schornsteine im Nordosten des Landes, an der russischen Grenze aufgestellt. Aber Estland hat sich verpflichtet, dass nach dem 31. Dezember 2015 aus keinem Kamin mehr das giftige gelbe Schwefeldioxid ausgestoßen wird.
Deshalb sucht man im staatlichen Stromversorger "Eesti Energie" fieberhaft nach neuen Lösungen. Große Hoffnungen habe man bis vor kurzem in die Erhöhung der Gasimporte gesteckt, verrät Tönis Meriste, der die Entwicklungen betreut. Aber die Erfahrungen des letzten Winters hätten gelehrt, dass sogar die Teilnahme an der russisch-deutschen Pipeline keine Lösung für Estland sei.
" Obwohl das Gas eine umweltfreundliche Energiequelle ist, käme es immer von der falschen Seite - aus Russland. Und Russland wird seine Geschäfte immer mit Politik vermischen. Man kann sich auf Moskau nicht verlassen. Wir haben alle den Druck auf die Ukraine verfolgen können und gehört, dass Russland eine Schlüsselposition im europäischen Gasmarkt einnehmen will. Deshalb wurde unsere Euphorie für das Gas abrupt gestoppt."
Die zukünftige Stromversorgung plagt auch die baltischen Nachbarn. Weil der litauische Atommeiler "Ignalina" baugleich dem Tschernobyl Unglücks-Reaktor ist, muss er bis 2009 abgeschaltet werden. Das ist auch ein Problem für Lettland, das nur über Wasserkraft verfügt und bis heute knapp die Hälfte seines Stroms aus Estland und Litauen bezieht. Die Lösung könnte jetzt ein gemeinsames Atomkraftwerk fürs Baltikum sein. Es soll in Litauen ganz in der Nähe von "Ignalina" errichtet werden. Bis zum Jahresende wollen die Ministerpräsidenten der drei Baltischen Länder entscheiden, wie diese zukünftige Stromquelle finanziert werden kann. Einari Kisel leitet die Abteilung Energie im Estnischen Wirtschaftsministerium und hofft, dass mit
dem neuen Atommeiler auch ein Baltischer Energiemarkt entsteht.
" Wir wollen uns bis 2015 selbst versorgen können und nicht mehr abhängig von Russland sein. Trotzdem sind die Baltischen Länder über ein Elektrizitätsnetzwerk aus den 70er Jahren noch immer mit Moskau verknüpft. Eine Anbindung an westliche Netze gibt es aber nicht. Innerhalb der EU sind wir völlig isoliert. Aber wir haben eine gemeinsame Geschichte, wir waren alle von der Sowjetmacht besetzt. Das schweißt uns für einen gemeinsamen Energiemarkt zusammen."
Die Idee eines neuen Atommeilers fürs Baltikum wird auch in den Medien und unter den Passanten heiß debattiert. Doch trotz aller Kritik an der gefährlichen Stromerzeugung durch Kernspaltung sind die Leute aufgeschlossen.
" Ich bin dafür, wenn man sich an die Sicherheitsvorschriften hält. Auf Energie aus Russland können wir uns sowieso nicht verlassen, deshalb wäre es gut, wenn wir unsere eigene Energie haben und ruhig schlafen können."
" Jedenfalls ist Litauen besser als Russland. Litauen wird uns sicher nicht
den Hahn abdrehen."
" Es ist immer gut, wenn man etwas Eigenes hat. Mir wäre es darum lieber, wenn das Kraftwerk bei uns in Estland, in Narwa, wäre."
In Narwa, ganz in der Nähe der großen Stromkraftwerke, wird auch der Ölschiefer gewonnen. Eine harte Arbeit über und unter Tage, die schon seit Generationen die gesamte Region ernährt. Riesige Lehmwüsten und brach liegende Abräumhalden haben die Landschaft völlig zerstört, aber langsam wird hier und da ein wenig rekultiviert. Der Idee eines Baltischen Atomkraftwerks sorge seine Grubenarbeiter, erzählt der Vorarbeiter Dmitrij Jokotustsenko, wobei er in den europäischen Umweltauflagen Estlands größten Gegner sieht.
" Ich habe den Eindruck, dass Brüssel es nicht mag, dass sich die kleinen Länder selbst mit Energie versorgen können. Unser Ölschiefer würde noch ewig reichen. Aber wir hoffen, dass auch mit einem Atomkraftwerk unsere Grubenarbeit nicht eingestellt wird."
" Hier wird alles per Computer gesteuert. Und das Schwefeldioxid haben wir auf 10 bis 20 mg reduziert. Mit den alten Brennöfen geht noch immer das Hundertfache in die Luft. Aber diese Modernisierung hat 250 Millionen Euro gekostet. Für jede weitere fehlt uns das Geld. Irgendetwas muss auf dem estnischen Energiemarkt passieren, sonst wissen wir ab 2016 nicht mehr, woher wir unseren Strom nehmen sollen."
In seinen Beitrittsverhandlungen zur Europäischen Union konnte Estland eine Übergangsperiode für die Stromgewinnung aus dem schmutzigen Ölschiefer erstreiten. Der Brennstoff wird vor Ort gewonnen und deckt nahezu den gesamten Strombedarf. Schon im Sozialismus wurden die zahlreichen Schornsteine im Nordosten des Landes, an der russischen Grenze aufgestellt. Aber Estland hat sich verpflichtet, dass nach dem 31. Dezember 2015 aus keinem Kamin mehr das giftige gelbe Schwefeldioxid ausgestoßen wird.
Deshalb sucht man im staatlichen Stromversorger "Eesti Energie" fieberhaft nach neuen Lösungen. Große Hoffnungen habe man bis vor kurzem in die Erhöhung der Gasimporte gesteckt, verrät Tönis Meriste, der die Entwicklungen betreut. Aber die Erfahrungen des letzten Winters hätten gelehrt, dass sogar die Teilnahme an der russisch-deutschen Pipeline keine Lösung für Estland sei.
" Obwohl das Gas eine umweltfreundliche Energiequelle ist, käme es immer von der falschen Seite - aus Russland. Und Russland wird seine Geschäfte immer mit Politik vermischen. Man kann sich auf Moskau nicht verlassen. Wir haben alle den Druck auf die Ukraine verfolgen können und gehört, dass Russland eine Schlüsselposition im europäischen Gasmarkt einnehmen will. Deshalb wurde unsere Euphorie für das Gas abrupt gestoppt."
Die zukünftige Stromversorgung plagt auch die baltischen Nachbarn. Weil der litauische Atommeiler "Ignalina" baugleich dem Tschernobyl Unglücks-Reaktor ist, muss er bis 2009 abgeschaltet werden. Das ist auch ein Problem für Lettland, das nur über Wasserkraft verfügt und bis heute knapp die Hälfte seines Stroms aus Estland und Litauen bezieht. Die Lösung könnte jetzt ein gemeinsames Atomkraftwerk fürs Baltikum sein. Es soll in Litauen ganz in der Nähe von "Ignalina" errichtet werden. Bis zum Jahresende wollen die Ministerpräsidenten der drei Baltischen Länder entscheiden, wie diese zukünftige Stromquelle finanziert werden kann. Einari Kisel leitet die Abteilung Energie im Estnischen Wirtschaftsministerium und hofft, dass mit
dem neuen Atommeiler auch ein Baltischer Energiemarkt entsteht.
" Wir wollen uns bis 2015 selbst versorgen können und nicht mehr abhängig von Russland sein. Trotzdem sind die Baltischen Länder über ein Elektrizitätsnetzwerk aus den 70er Jahren noch immer mit Moskau verknüpft. Eine Anbindung an westliche Netze gibt es aber nicht. Innerhalb der EU sind wir völlig isoliert. Aber wir haben eine gemeinsame Geschichte, wir waren alle von der Sowjetmacht besetzt. Das schweißt uns für einen gemeinsamen Energiemarkt zusammen."
Die Idee eines neuen Atommeilers fürs Baltikum wird auch in den Medien und unter den Passanten heiß debattiert. Doch trotz aller Kritik an der gefährlichen Stromerzeugung durch Kernspaltung sind die Leute aufgeschlossen.
" Ich bin dafür, wenn man sich an die Sicherheitsvorschriften hält. Auf Energie aus Russland können wir uns sowieso nicht verlassen, deshalb wäre es gut, wenn wir unsere eigene Energie haben und ruhig schlafen können."
" Jedenfalls ist Litauen besser als Russland. Litauen wird uns sicher nicht
den Hahn abdrehen."
" Es ist immer gut, wenn man etwas Eigenes hat. Mir wäre es darum lieber, wenn das Kraftwerk bei uns in Estland, in Narwa, wäre."
In Narwa, ganz in der Nähe der großen Stromkraftwerke, wird auch der Ölschiefer gewonnen. Eine harte Arbeit über und unter Tage, die schon seit Generationen die gesamte Region ernährt. Riesige Lehmwüsten und brach liegende Abräumhalden haben die Landschaft völlig zerstört, aber langsam wird hier und da ein wenig rekultiviert. Der Idee eines Baltischen Atomkraftwerks sorge seine Grubenarbeiter, erzählt der Vorarbeiter Dmitrij Jokotustsenko, wobei er in den europäischen Umweltauflagen Estlands größten Gegner sieht.
" Ich habe den Eindruck, dass Brüssel es nicht mag, dass sich die kleinen Länder selbst mit Energie versorgen können. Unser Ölschiefer würde noch ewig reichen. Aber wir hoffen, dass auch mit einem Atomkraftwerk unsere Grubenarbeit nicht eingestellt wird."