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Ein Auge auf Glaube, Hoffnung und Liebe

Geologie. - Die zweite Alexander-von-Humboldt-Konferenz im peruanischen Lima widmet sich einem wahrlich heißen Thema: der Vorhersage von Vulkaneruptionen. Ständige und umfassende geologische Aufklärung verschafft Wissenschaftlern heute mehr Zeit für Warnungen an die Bevölkerung.

Von Dagmar Röhrlich | 05.03.2007
    Schroff erheben sich Glaube, Hoffnung und Liebe über Oregon. Die drei Gipfel, die sich aneinanderreihen wie die Perlen einer Kette, gehören zu einem großen Vulkansystem namens "Drei Schwestern". Vor 1600 Jahren sind sie zum letzten Mal ausgebrochen, so dass niemand auf sie geachtet hat. Inzwischen stehen die drei jedoch unter verschärfter Beobachtung, denn sie scheinen zu erwachen. Robert Tilling vom USGS, dem Geologischen Dienst der USA:

    "Die erste Warnung, dass da etwas vor sich geht, kam von einem Satelliten. Von 1998 bis 2000 hat sich der Boden dort um 30 Zentimeter gehoben, was wir vom Boden aus nicht gesehen haben. Wir haben nichts bemerkt. Nach diesem ersten Hinweis hat der USGS eine Reihe von Untersuchungen durchgeführt, und die haben bestätigt, was der Satellit gesehen hat."

    In etwa sieben Kilometern Tiefe füllt Lava eine Magmenkammer und wölbt dabei den Boden auf. Ob die drei Vulkane Glaube, Hoffnung und Liebe eine neue "Schwester" bekommen, ist offen, aber sicherheitshalber überwachen die Forscher misstrauisch jede Veränderung.

    "Wir wissen aus weltweiter Erfahrung, dass nahezu allen Eruptionen messbare Veränderungen vorausgehen. So begleiten Schwärme kleiner Erdbeben den Aufstieg der Lava, sie sind besonders aufschlussreich. Der Vulkankegel beginnt sich zu heben, es werden mehr vulkanische Gase frei, ihre Zusammensetzung ändert sich."

    Es steht jedoch nicht zwangsläufig eine Eruption bevor, wenn ein Vulkan mehr Schwefelgase ausstößt. Er kann sich auch wieder beruhigen und nichts passiert. Die zuverlässige Warnung vor einem Ausbruch ist schwierig, denn der Eruption gehen – tief in der Erde – komplexe Prozesse voraus, die niemand beobachtet: Wie schnell steigt das Magma auf? Wieviel Gas enthält es? Wie rapide steigt der Druck? Um bedrohliche Veränderungen überhaupt erkennen zu können, brauchen die Vulkanologen so etwas wie eine "Charakterstudie" des Vulkans:

    "Wir müssen die Ausgangslage eines Vulkans kennen, das heißt, wir müssen ihn schon lange vor einem Ausbruch beobachten, wie er sich in normalen Zeit verhält, um zu erkennen, bei welcher Abweichung es Grund zur Sorge gibt. Bei entlegenen Vulkanen oder solchen, die nach langer Zeit wieder erwachen, wie bei den Drei Schwestern, wissen wir zu wenig. Bei ihnen müssen wir erst herausbekommen, in welcher Variationsbreite sich die Warnzeichen bewegen. Dann können wir Alarm geben, wenn die Normalwerte überschritten werden."

    Zwar liefern über den Vulkan direkt verteilte Sensorsysteme die besten Informationen – aber nur die wenigsten Vulkane werden so überwacht:

    "Es gibt vielleicht nur ungefähr ein halbes Dutzend bis Dutzend solcher Vulkane, die wir mit ausgeklügelten Sensorsystemen am Boden unter Bewachung haben. Bei ihnen handelt es sich um die gefährlichsten der 500 aktiven Vulkane, denn sie liegen in dicht besiedelten Regionen. Aber obwohl wir sie recht gut kennen: Selbst bei ihnen können wir Eruptionen nicht mit Sicherheit vorhersagen. Selbst wenn alle Anzeichen auf Ausbruch stehen, kann sich ein Vulkan wieder beruhigen. Die weitaus größte Mehrheit der aktiven Vulkane auf der Welt wird jedoch längst nicht gut genug überwacht, um sichere Vorhersagen machen zu können."

    Vor allem in solchen Fällen können Satellitendaten weiterhelfen, die aus dem Erdorbit heraus beobachten, ob sich die chemische Zusammensetzung der vulkanischen Gase verändert oder eine Bergflanke hebt. Zwar stoßen die Vulkanologen auf schnelle Entwicklungen nur per Zufall, denn Satelliten fliegen alle paar Wochen über einen Vulkan und es dauert, bis die Daten ausgewertet sind. In der Zwischenzeit kann viel passieren. Trotzdem kommen aus dem Orbit wichtige Anhaltspunkte.

    "Zu den größten Vorteilen der Satellitentechnik gehört es, dass wir damit sehr viel größere Gebiete abdecken können, nicht nur einen spezifischen Vulkan wie bei den erdgestützten Systemen. Mit Hilfe der Satelliten behalten wir Vulkane im Auge, die seit vielen Jahrzehnten schlafen, und wo es schwierig ist, Gelder für die Überwachung zu bekommen, weil die Vulkane nicht als gefährlich wahrgenommen werden."

    Ohne Satellitendaten wären die Veränderungen bei den drei Vulkanschwestern Glaube, Hoffnung und Liebe in Oregon wohl noch lange unbemerkt geblieben. Dass die Vulkanologen jetzt diese potentielle Gefahr im Auge haben, verdanken die Menschen in der abgelegenen Region nur den Satelliten.