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Ein Chip für alle Fälle

Viele deutsche Hochschulen haben die Einführung einer Chipkarte längst hinter sich. Damals steckten große Hoffnungen in den Karten: Sie sollten das Leben der Studenten einfacher machen, etwa bei der Rückmeldung oder beim Bezahlen in der Mensa. Und sie sollten Geld in der Verwaltung einsparen. Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen - und manche Hoffnungen haben sich erfüllt, manche aber auch nicht.

Von Wolfgang Lenders |
    An der Universität Leipzig gibt es seit sechs Jahren die "Unicard". Das ist ein Studentenausweis in der Größe einer Scheckkarte. Darin steckt ein Computerchip, auf dem Daten wie der Name und die Matrikelnummer gespeichert sind.

    Bei der Immatrikulation bekommt jeder Student seine Karte. Die behält er dann das ganze Studium lang. Und benutzt sie fast jeden Tag.

    Inzwischen ist der Umgang mit der Karte für die meisten Studenten selbstverständlich. Auch für Johanna Völker, die Sprecherin des Studierendenrats:

    "Es ist erstmal unser Studienausweis, wo wir uns überall ausweisen als Studierende hier in Leipzig und auch in der Umgebung, es ist auch unser Semesterticket, es ist unsere Benutzerkarte für die Universitätsbibliothek, es ist unsere Geldbörse beim Kopieren und in der Mensa. Und wir können uns damit halt eben rückmelden an unseren Terminals und können damit unseren Semesterbeitrag bezahlen und dergleichen mehr."

    Wenn sich die Studenten rückmelden, wird ein neues Gültigkeitsdatum auf die Karte gedruckt. Und die Computer der Uni merken sich, dass der Semesterbeitrag bezahlt worden ist.

    Auch wenn die Karte sonst irgendwo benutzt wird, werden Daten gespeichert. Wie lange die Uni die aufhebt und wer sie zu sehen bekommt, interessiert die meisten Studenten aber nicht. Als die Karte eingeführt wurde, sei das anders gewesen, sagt Johanna Völker:

    "Ich hab mir sagen lassen, als das vor sechs Jahren eingeführt wurde, gab es schon ein paar Bedenken, datenschutztechnisch, wer kann was einsehen, wenn da halt eben in der Mensa halt eben bezahlt wird, kann derjenige sehen, wann das letzte Mal Essen gekauft wurde, wie viel Geld auf dem Kopierkonto drauf ist? Aber, diese Bedenken konnten ziemlich schnell zerstreut werden, weil, dem ist nicht so, und es funktioniert eigentlich einwandfrei."

    Dass die Leipziger "Unicard" funktioniert, freut nicht nur die Studenten. Auch die Hochschule spart dadurch Arbeit. Beispielsweise in der Uni-Verwaltung. Dort hat Ursula Lennig die Einführung der Karte begleitet:

    "Es ist ein Nutzen für die Studenten und die Universität. Im Studentensekretariat muss man sich nicht mehr mit Änderung der Adressen beschäftigen. Die Studenten tun das inzwischen in Selbstbedienung. Die Namen werden richtig geschrieben. Dann muss im Studentensekretariat nicht mehr so viel Post hin- und hergeschickt werden, um den Studenten immer entsprechende Informationen über die Rückmeldephasen mitzuteilen. Das geschieht jetzt alles einfach so nebenher."

    In Leipzig hat sich die Chipkarte nach sechs Jahren also bewährt. Anders ist das an der Universität Hamburg. Die hat zwei Jahre lang, von 1999 bis 2001, eine Karte getestet, sie dann aber wieder abgeschafft. Ein Grund dafür sei der hohe Aufwand gewesen, die Servicestationen zu betreuen, sagt Oliver Hallmann, der Teamleiter für studentische Angelegenheiten.

    "Die Geräte müssen betreut werden. Wenn Probleme auftauchen - das kann ein Papierstau sein, dass kann sein, dass eine Karte stecken bleibt - dann muss natürlich immer jemand das wieder beheben. Weil, wenn die Karte stecken bleibt, kann danach niemand anders das mehr nutzen, oder auch ein Papierstau hat natürlich zur Folge, dass der Nächste auch keine Unterlagen kriegt. Und das passierte schon häufiger und war sehr betreuungsintensiv, dass wir sogar teilweise da Studierende hingesetzt haben, die dann das betreut haben, um eben solche Fehler, die in sich zwar klein sind, aber eben große Folgen hatten, zu beheben."

    Obwohl die Karte eigentlich Arbeit einsparen sollte, hatte sie an der Uni Hamburg zusätzliche Arbeit geschaffen. Das war aber nicht der einzige Grund für die Entscheidung gegen die Karte. Axel Schoeler, der Leiter des Zentrums für Studierende, hält das System für überholt.

    "Hinzu kam, dass die Entwicklung, die jetzt das Zusammenwirken einer Karte und dem System einer Studierendenverwaltung sich zunehmend auf die internetbasierten Anwendungen veränderte. Und so ist es auch gekommen, dass zum Beispiel heute Studierende der Universität Hamburg sich Unterlagen über das Internet selbst ausdrucken. Insofern hat sich die technische Welt und die Idee, im Zusammenwirken mit einem Studierendenverwaltungssystem von einem Kartensystem zum internetbasierten System verändert."

    Inzwischen drucken sich die Studenten der Uni Hamburg fast alle Bescheinigungen zuhause am Computer aus. Einmal im Semester bekommen sie aber einen Brief von der Uni. Darin ist ein Studentenausweis aus Papier - so wie es ihn auch früher schon gab.

    Etwa 1000 der insgesamt rund 40.000 Studenten haben aber trotzdem noch eine Unikarte. Da es keine Service-Stationen mehr für die Karten gibt, kommen sie jedes Semester in das Büro von Oliver Hallmann. Der erneuert dann den Aufdruck auf der Karte von Hand.

    "So, ich nehme jetzt die Karte und lege sie in den Kartenleser ein. Und jetzt zieht er sie ein, liest kurz die Daten, und dann bedruckt er sie. So, das war es schon. Und jetzt steht da das richtige Datum drauf."