Archiv


Ein deutscher Lesesaal in Ljubljana

Der deutsche Lesesaal befindet sich am Platz der Republik in einem 13-stockigen Gebäude , das noch recht sozialistisch anmutet. Gebaut wurde es von einem Nachkommen des großen Architekten Plecnik und sollte damals, in den Siebzigerjahren, die größte Bank Ljubljanas beherbergen. Mittlerweile sind in dem Haus die Schweizer Botschaft, die britische Botschaft, eine UNESCO-Kommission, die größte politische Partei Sloweniens, die technische Zentralbibliothek der Universität und schließlich auch, seit 1995 der deutsche Lesesaal untergebracht.

    Der Leiter des deutschen Lesesaals in der zweiten Etage ist Brane Chop. Als ich ihn dort treffe, bin ich zunächst mal verwundert darüber, dass der deutsche Lesesaal nicht größer als ein durchschnittliches Klassenzimmer ist. Das Angebot und der Bestand im deutschen Lesesaal tatsächlich einzigartig in Ljubljana, man will sich so auch von anderen Bibliotheken in der Stadt unterscheiden. In den Regalen findet man auch deutsche Literatur in den Fächern Mathe, Chemie , Physik und Medizin, aber das Hauptaugenmerk liegt eindeutig auf dem vorigen Jahrhundert und der neueren deutschsprachigen Literatur, erklärt Brane Chop.

    Wenn man weiter an den Regalreihen vorbeigeht geht, fällt einem irgendwann ein mickriges Stapelchen mit deutschen Videos auf, wie zum Beispiel die Filme "Lola rennt" oder "Der Krieger und die Kaiserin". Sparsam ist man mit dem Ankauf von CDs. Der Bestand an Hörbüchern, deutschem Rock, Jazz und Pop liegt bei knapp 200 Stück.

    Und trotzdem: der deutsche Lesesaal wird gerne und gut besucht, zu 80 Prozent von Studenten - das liege unter anderem an der guten Zusammenarbeit mit der Uni, erklärt Brane Chop, so gebe es ganz bewusst die Bücher nicht in der Universitätsbibliothek, die man im deutschen Lesesaal finden könne. Einmal im Monat gibt es Leseabende, und zweimal im Jahr werden Autoren eingeladen. Julie Zeh war als letzte da und hat aus ihrem Roman "Adler und Engel" vorgelesen - zuvor war Wladimir Werthlieb zu Gast mit "Dem besonderen Gedächtnis der Rosa Masur". Der deutsche Lesesaal soll in ein Haus umziehen, in dem dann auch das neue Goethe-Institut sein wird. Noch weiß aber niemand, wohin und wann genau Umzug stattfindet.

    [Autorin: Antje Kühlmorgen]