Es war ein wichtiger Schritt, aber noch nicht die Lösung der aktuellen Krise. Und schon gar nicht der sozialen Probleme, die in Honduras eng mit dem politischen System verknüpft sind. Wochen-, ja monatelang hat die Putschregierung auf Zeit gespielt, denn die Zeit läuft gegen den gestürzten Manuel Zelaya. Am 27. Januar endet seine Amtsperiode, eine erneute Kandidatur bei der Wahl am 29. November verbietet die Verfassung. Das jetzt geschlossene Abkommen bestätigt den turnusmäßigen Wahltermin, eine "Regierung der nationalen Aussöhnung" soll bis zum Amtswechsel das Land regieren.
Ob unter Manuel Zelaya, dazu soll jetzt zunächst das Oberste Gericht eine Stellungnahme abgeben, danach entscheidet das Parlament. Allerdings waren es gerade diese Abgeordneten, die nach dem Putsch Roberto Mitcheletti zum Präsidenten kürten und damit versuchten, den Vorgängen einen demokratischen Anstrich zu geben. Sie müssten also ihre damalige Entscheidung widerrufen. Micheletti lobte gefundenen Kompromiss.
"Es ist ein erhebliches Zugeständnis meiner Regierung, dass wir dieses Abkommen akzeptieren. Wir haben immer daran festgehalten, dass das Oberste Gericht über eine mögliche Wiedereinsetzung des Herrn Zelaya entscheiden muss. Wir haben aber auch verstanden, dass das Volk will, dass die nächste Seite unserer Geschichte aufgeschlagen wird in dieser schwierigen Zeit."
Diese Seite dürfte in erster Line ein Mann aus Washington umgeblättert haben: der Lateinamerika-Beauftragte des Außenministeriums, Thomas Shannon, der in dieser Woche nach Tegucigalpa gekommen war. Die USA hatten offenbar genug von diesem Spiel auf Zeit, immer wieder waren Vermittlungsversuche daran gescheitert, dass die Putschisten der einhelligen internationalen Forderung nach Wiedereinsetzung des gestürzten Zelaya nicht nachkommen wollten. Welchen Druck Shannon jetzt ausübte, wissen wir nicht, aber er hat gereicht, um zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen.
Manuel Zelaya sagte in seinem Zufluchtsort, der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa, er sei vorsichtig optimistisch, aber noch sei er nicht wieder im Amt.
"Das ist heute ein wichtiger Tag. Deshalb sind wir hier zusammen, um Gott zu danken und um dem honduranischen Volk und der internationalen Gemeinschaft zu danken für ihre Unterstützung: Meine baldige Wiedereinsetzung bedeutet nationale Aussöhnung und Demokratie."
Aussöhnung – davon ist das Land weit entfernt. Das Abkommen sieht eine Wahrheitskommission aus zwei honduranischen und zwei ausländischen Beauftragten vor, die die Vorgänge rund um den Putsch aufarbeiten soll. Eine Amnestie ist ausdrücklich ausgeschlossen worden.
Nur in einem sind sich die Honduraner einig egal auf welcher Seite sie stehen: Sie haben die Nase voll von dem Machtkampf, der vordergründig zwischen zwei Caudillos ausgetragen wird. Auf dem zentralen Platz von Tegucigalpa rumort es.
"Wir haben doch Rechte: mit Menschenwürde behandelt zu werden, ein besseres Leben zu bekommen. Unsere Kinder brauchen eine gute Bildung und wir wollen in Krankenhäuser gehen können, in denen es alle nötigen Medikamente gibt. Das ist hier nicht der Fall."
"Die beiden Streithähne sollen zurücktreten und Platz für eine neue Regierung machen. Fast 30 Jahre hat das Volk Regierungen gewählt, die uns dann keinen Fortschritt brachten. Keine wollte den armen Leuten wirklich helfen. Und 75 bis 80 Prozent sind arm. Auf dem Land gibt es Leute, die nichts essen, weil sie nichts zu essen haben."
Das ist die bittere Erfahrung, die die meisten Honduraner in den knapp 30 Jahren einer formalen Demokratie machen mussten: Der Hunger blieb, die Unterentwicklung blieb, nur eine kleine Oberschicht profitierte. Und das sagt nicht nur das Volk, sondern auch Präsidentschafts-Kandidat Porfirio Lobo, der mit großen Chancen für die rechte National-Partei antritt.
"In den Jahren der Demokratie ist die Armut gleich geblieben, wenn nicht sogar schlimmer geworden. Zwei von drei Familien in Honduras leben in Armut. Auf dem Land leben sogar vier von fünf Familien in Armut. Unter solchen Umständen müssen wir verstehen, dass das Volk so nicht weiter leben kann, dass es Veränderungen geben muss."
Um diese Veränderungen geht es im Kern im aktuellen Konflikt. In den knapp 30 Jahren Demokratie hat eine wohlhabende Oberschicht über eine auf sie zugeschnittene Verfassung und über die beiden mehr oder weniger rechten Volksparteien das Land beherrscht. Diesen Status quo wolle sie erhalten, deshalb dränge sie so vehement darauf, die vorgesehene Wahl Ende November zu zelebrieren und danach weiterzumachen wie bisher, analysiert der Journalist Manuel Torres.
"Diese Unternehmer-Gruppe wusste schon immer, dass sie Präsidenten einsetzen konnte alle vier Jahre. Jetzt wollte sie beweisen, dass sie Präsidenten auch absetzen kann. Mittel- und langfristig verlangt diese tief greifende Krise einen neuen, einen sozialen Gesellschaftsvertrag. International wird viel über gescheiterte Staaten diskutiert, im Falle Honduras muss man von einer gescheiterten Demokratie sprechen."
"Wir wollen Mel", dieser Kampfruf der Widerstandsbewegung, mit dem sie die Wiedereinsetzung des gestürzten Manuel Zelaya forderte, ist mittlerweile einem anderen Slogan gewichen: "Wahlen nein – Verfassungsgebende Versammlung ja". Selbst für den Gewerkschaftsführer Carlos H. Reyes ist die Wahl nicht das Entscheidende, obwohl er parteiunabhängig für die Präsidentschaft kandidiert.
"Für uns geht eine Rückkehr zur Verfassungsmäßigkeit weit über Manuel Zelaya hinaus. Unsere Verfassung ist 1982 entstanden, unter den Bedingungen des Krieges, der niederen Intensität. Mit drei Prämissen. Erstens: Die Unternehmer sagten: Wir müssen Honduras an internationale Konzerne verkaufen, um es zu retten. Zweitens: Der Einfluss des Staates muss auf ein Minimum reduziert werden. Drittens: Die Armee sichert die Verfassung.
Und das erleben wir heute: Die Unternehmer sahen ihre Interessen gefährdet, behaupteten, Zelaya habe die Verfassung verletzt, und riefen das Militär. Hier ist eben nicht das Volk Garant der Verfassung, sondern die Armee. Wir wollen eine neue Verfassung, die quasi ein Sozialpakt ist, ein Pakt zwischen den verschiedenen Klassen, den verschiedenen Kräften des Landes. Damit wir sagen können: Das ist unser gemeinsamer Weg."
Ob Honduras diesen gemeinsamen Weg findet oder nicht, das hat Auswirkungen weit über das Land hinaus. Guatemalas sozialdemokratischer Präsident Colom könnte das nächste Putschopfer werden, oder Mauricio Funes in El Salvador, der für die ehemalige Guerilla das höchste Amt demokratisch eroberte. Deshalb ist die Rückkehr Manuel Zelayas ins Amt von so großer symbolischer Bedeutung, deshalb wird er international nahezu einhellig unterstützt: Die Putschisten dürfen mit dem gewaltsamen Sturz nicht durchkommen.
Ob unter Manuel Zelaya, dazu soll jetzt zunächst das Oberste Gericht eine Stellungnahme abgeben, danach entscheidet das Parlament. Allerdings waren es gerade diese Abgeordneten, die nach dem Putsch Roberto Mitcheletti zum Präsidenten kürten und damit versuchten, den Vorgängen einen demokratischen Anstrich zu geben. Sie müssten also ihre damalige Entscheidung widerrufen. Micheletti lobte gefundenen Kompromiss.
"Es ist ein erhebliches Zugeständnis meiner Regierung, dass wir dieses Abkommen akzeptieren. Wir haben immer daran festgehalten, dass das Oberste Gericht über eine mögliche Wiedereinsetzung des Herrn Zelaya entscheiden muss. Wir haben aber auch verstanden, dass das Volk will, dass die nächste Seite unserer Geschichte aufgeschlagen wird in dieser schwierigen Zeit."
Diese Seite dürfte in erster Line ein Mann aus Washington umgeblättert haben: der Lateinamerika-Beauftragte des Außenministeriums, Thomas Shannon, der in dieser Woche nach Tegucigalpa gekommen war. Die USA hatten offenbar genug von diesem Spiel auf Zeit, immer wieder waren Vermittlungsversuche daran gescheitert, dass die Putschisten der einhelligen internationalen Forderung nach Wiedereinsetzung des gestürzten Zelaya nicht nachkommen wollten. Welchen Druck Shannon jetzt ausübte, wissen wir nicht, aber er hat gereicht, um zu einem Verhandlungsergebnis zu kommen.
Manuel Zelaya sagte in seinem Zufluchtsort, der brasilianischen Botschaft in Tegucigalpa, er sei vorsichtig optimistisch, aber noch sei er nicht wieder im Amt.
"Das ist heute ein wichtiger Tag. Deshalb sind wir hier zusammen, um Gott zu danken und um dem honduranischen Volk und der internationalen Gemeinschaft zu danken für ihre Unterstützung: Meine baldige Wiedereinsetzung bedeutet nationale Aussöhnung und Demokratie."
Aussöhnung – davon ist das Land weit entfernt. Das Abkommen sieht eine Wahrheitskommission aus zwei honduranischen und zwei ausländischen Beauftragten vor, die die Vorgänge rund um den Putsch aufarbeiten soll. Eine Amnestie ist ausdrücklich ausgeschlossen worden.
Nur in einem sind sich die Honduraner einig egal auf welcher Seite sie stehen: Sie haben die Nase voll von dem Machtkampf, der vordergründig zwischen zwei Caudillos ausgetragen wird. Auf dem zentralen Platz von Tegucigalpa rumort es.
"Wir haben doch Rechte: mit Menschenwürde behandelt zu werden, ein besseres Leben zu bekommen. Unsere Kinder brauchen eine gute Bildung und wir wollen in Krankenhäuser gehen können, in denen es alle nötigen Medikamente gibt. Das ist hier nicht der Fall."
"Die beiden Streithähne sollen zurücktreten und Platz für eine neue Regierung machen. Fast 30 Jahre hat das Volk Regierungen gewählt, die uns dann keinen Fortschritt brachten. Keine wollte den armen Leuten wirklich helfen. Und 75 bis 80 Prozent sind arm. Auf dem Land gibt es Leute, die nichts essen, weil sie nichts zu essen haben."
Das ist die bittere Erfahrung, die die meisten Honduraner in den knapp 30 Jahren einer formalen Demokratie machen mussten: Der Hunger blieb, die Unterentwicklung blieb, nur eine kleine Oberschicht profitierte. Und das sagt nicht nur das Volk, sondern auch Präsidentschafts-Kandidat Porfirio Lobo, der mit großen Chancen für die rechte National-Partei antritt.
"In den Jahren der Demokratie ist die Armut gleich geblieben, wenn nicht sogar schlimmer geworden. Zwei von drei Familien in Honduras leben in Armut. Auf dem Land leben sogar vier von fünf Familien in Armut. Unter solchen Umständen müssen wir verstehen, dass das Volk so nicht weiter leben kann, dass es Veränderungen geben muss."
Um diese Veränderungen geht es im Kern im aktuellen Konflikt. In den knapp 30 Jahren Demokratie hat eine wohlhabende Oberschicht über eine auf sie zugeschnittene Verfassung und über die beiden mehr oder weniger rechten Volksparteien das Land beherrscht. Diesen Status quo wolle sie erhalten, deshalb dränge sie so vehement darauf, die vorgesehene Wahl Ende November zu zelebrieren und danach weiterzumachen wie bisher, analysiert der Journalist Manuel Torres.
"Diese Unternehmer-Gruppe wusste schon immer, dass sie Präsidenten einsetzen konnte alle vier Jahre. Jetzt wollte sie beweisen, dass sie Präsidenten auch absetzen kann. Mittel- und langfristig verlangt diese tief greifende Krise einen neuen, einen sozialen Gesellschaftsvertrag. International wird viel über gescheiterte Staaten diskutiert, im Falle Honduras muss man von einer gescheiterten Demokratie sprechen."
"Wir wollen Mel", dieser Kampfruf der Widerstandsbewegung, mit dem sie die Wiedereinsetzung des gestürzten Manuel Zelaya forderte, ist mittlerweile einem anderen Slogan gewichen: "Wahlen nein – Verfassungsgebende Versammlung ja". Selbst für den Gewerkschaftsführer Carlos H. Reyes ist die Wahl nicht das Entscheidende, obwohl er parteiunabhängig für die Präsidentschaft kandidiert.
"Für uns geht eine Rückkehr zur Verfassungsmäßigkeit weit über Manuel Zelaya hinaus. Unsere Verfassung ist 1982 entstanden, unter den Bedingungen des Krieges, der niederen Intensität. Mit drei Prämissen. Erstens: Die Unternehmer sagten: Wir müssen Honduras an internationale Konzerne verkaufen, um es zu retten. Zweitens: Der Einfluss des Staates muss auf ein Minimum reduziert werden. Drittens: Die Armee sichert die Verfassung.
Und das erleben wir heute: Die Unternehmer sahen ihre Interessen gefährdet, behaupteten, Zelaya habe die Verfassung verletzt, und riefen das Militär. Hier ist eben nicht das Volk Garant der Verfassung, sondern die Armee. Wir wollen eine neue Verfassung, die quasi ein Sozialpakt ist, ein Pakt zwischen den verschiedenen Klassen, den verschiedenen Kräften des Landes. Damit wir sagen können: Das ist unser gemeinsamer Weg."
Ob Honduras diesen gemeinsamen Weg findet oder nicht, das hat Auswirkungen weit über das Land hinaus. Guatemalas sozialdemokratischer Präsident Colom könnte das nächste Putschopfer werden, oder Mauricio Funes in El Salvador, der für die ehemalige Guerilla das höchste Amt demokratisch eroberte. Deshalb ist die Rückkehr Manuel Zelayas ins Amt von so großer symbolischer Bedeutung, deshalb wird er international nahezu einhellig unterstützt: Die Putschisten dürfen mit dem gewaltsamen Sturz nicht durchkommen.