Ulrike Burgwinkel: "Antike für Anfänger", das war das Thema gestern des Festvortrages, gestern Abend im Audimax der Uni Göttingen. Eröffnet wurde damit eine Tagung nicht der Anfänger, sondern der Experten für die Antike und die Kulturen der Welt. Der Deutsche Altphilologenverband (DAV) lädt zum Bundeskongress, und der Vorsitzende ist Professor Stefan Kipf. Guten Tag nach Göttingen!
Stefan Kipf: Schönen guten Tag aus Göttingen!
Burgwinkel: Herr Kipf, Ihr Fach erfährt in jüngster Zeit erheblich mehr Wertschätzung, als das noch in früheren Jahren der Fall war. Wie lautet Ihre Erklärung dafür?
Kipf: Ja, das hängt sicherlich mit vielen Gründen zusammen, das betrifft ja Universität und Schule. In der Schule hängt es sicherlich damit zusammen, dass sich das Selbstverständnis der Fachvertreter gewandelt hat. Früher war es ja so, Latein war ja ein auch selbsterklärtes Auslesefach des Gymnasiums, und davon ist man mittlerweile abgekommen. Wir sind ja der Meinung, dass Latein eben ein Fach für alle Schüler ist, die an das Gymnasium oder auch an die Gesamtschule gehen und dort die Leistungen bringen, die man von ihnen erwartet. Latein ist also ein stark allgemeinbildendes Fach, das Schülern eine sprachliche und kulturelle Grundbildung liefern soll und liefern kann, und das ist eben ein ganz wichtiger Punkt.
Und der andere Punkt hängt sicherlich damit zusammen, dass sich natürlich auch die Inhalte des Faches einigermaßen gewandelt, modernisiert haben, dass die Vermittlung der Stoffe auch entsprechend versucht hat, mit der Zeit zu gehen, noch neue Einflüsse aufzunehmen. Und dann natürlich ein ganz wichtiger Punkt, den wir jetzt sehr stark merken, ist die veränderte Struktur im Fremdsprachenunterricht, ist die Tatsache, dass die Kinder von der Grundschule eine Fremdsprache mitbringen, also Englisch oder Französisch ab Klasse eins oder drei, macht es gerade für Latein gerade sehr viel leichter, Eltern und Schülern zu erklären, wieso Latein sinnvoll sein könnte, dass man nämlich, wenn man schon eine Kommunikationssprache gelernt hat oder lernt, dann eine Reflektionssprache, nämlich Latein, draufsetzt. Und es fällt so diese leidige Alternative weg, gerade in der fünften Klasse, Englisch oder Latein, Latein oder Französisch, man kann dann beides machen.
Burgwinkel: Aber so ein bisschen spielt doch bestimmt auch die Sehnsucht nach einem Kanon eine Rolle, also wie zu Zeiten des Bildungsbürgertums?
Kipf: Das mag durchaus sein. Sicherlich, der Wunsch nach Orientierung, wir haben ja auch den Anspruch, dass wir auch ein gewisses Orientierungswissen vermitteln, sprachlich und kulturell. Der Vorteil der alten Sprachen ist eben, dass sie doch beständiger sind, dass sie weniger von modernen Moden überlagert werden. Die veralten nicht so schnell, weil sie im Grunde schon alt sind. Und das hat sich in dem Fall doch offensichtlich als Vorteil herausgestellt, dass man eben sagen kann, das, was wir da machen, ist nicht gleich in drei Jahren wieder überholt, sondern hat eine gewisse Beständigkeit.
Burgwinkel: "Klassische Bildung eröffnet Horizonte", so lautet das Untermotto. Eröffnet sie denn auch Karrierewege, Herr Kipf?
Kipf: Das hängt natürlich von jedem Einzelnen ab, wie er seine Karriere gestalten möchte. Uns kommt es an vor allen Dingen sozusagen nicht auf die Spezialbildung an einer Schule, sondern auf die Allgemeinbildung. Wenn man das Abitur erwirbt, dann hat man die allgemeine Hochschulreife, nicht eine spezialisierte, und darum geht es, dass wir bestimmte Dinge vermitteln, die eben eine allgemeine Orientierung ermöglichen. Und dann muss jeder selber sehen, welche Schwerpunkte er dann in einer weiteren Ausbildung oder im weiteren Studium setzen möchte. Aber bestimmte Fähigkeiten, die vermittelt werden, sind also durchaus natürlich auch in anderen Fächern gefragt - die Fähigkeit, über Sprache nachzudenken oder eben auch sich kulturell grundlagenmäßig auszukennen.
Burgwinkel: Ihr Tagungsprogramm in Göttingen umfasst 121 Seiten, habe ich mir vorhin angesehen. Können Sie einen Schwerpunkt nennen von den ganzen Vorträgen und Diskussionen und Workshops, die Sie anbieten?
Kipf: Wir haben im Grunde zwei Schwerpunkte, das eine ist das Tagungsmotto, das Verhältnis der Antike zu den Kulturen der Welt, also europäischen, außereuropäischen, antiken wie modernen. Dieser Schwerpunkt findet sich vor allen Dingen in den Fachvorträgen, die am Vormittag laufen. Ansonsten haben wir, der andere Schwerpunkt betrifft vor allem die Unterrichtspraxis, und da geht es also vor allen Dingen um neuere, innovative Methoden, wie sie für den Unterricht nutzbar gemacht werden können und auch die Frage, wie Latein und auch Griechisch sich anderen Fächern öffnen können. Also gerade die Kooperation mit den modernen Fremdsprachen spielt eine große Rolle und auch die Frage, inwieweit also auch Latein zur Integration von Schülern nicht-deutscher Herkunftssprachen nützlich sein kann und auch in der Tat nützlich ist.
Burgwinkel: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch und dass Sie sich mit dem Handy zurückgezogen haben in eine stille Ecke. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Kipf: Vielen Dank, dankeschön.
Burgwinkel: Professor Stefan Kipf informierte über den Bundeskongress des Deutschen Altphilologenverbandes in Göttingen.
Stefan Kipf: Schönen guten Tag aus Göttingen!
Burgwinkel: Herr Kipf, Ihr Fach erfährt in jüngster Zeit erheblich mehr Wertschätzung, als das noch in früheren Jahren der Fall war. Wie lautet Ihre Erklärung dafür?
Kipf: Ja, das hängt sicherlich mit vielen Gründen zusammen, das betrifft ja Universität und Schule. In der Schule hängt es sicherlich damit zusammen, dass sich das Selbstverständnis der Fachvertreter gewandelt hat. Früher war es ja so, Latein war ja ein auch selbsterklärtes Auslesefach des Gymnasiums, und davon ist man mittlerweile abgekommen. Wir sind ja der Meinung, dass Latein eben ein Fach für alle Schüler ist, die an das Gymnasium oder auch an die Gesamtschule gehen und dort die Leistungen bringen, die man von ihnen erwartet. Latein ist also ein stark allgemeinbildendes Fach, das Schülern eine sprachliche und kulturelle Grundbildung liefern soll und liefern kann, und das ist eben ein ganz wichtiger Punkt.
Und der andere Punkt hängt sicherlich damit zusammen, dass sich natürlich auch die Inhalte des Faches einigermaßen gewandelt, modernisiert haben, dass die Vermittlung der Stoffe auch entsprechend versucht hat, mit der Zeit zu gehen, noch neue Einflüsse aufzunehmen. Und dann natürlich ein ganz wichtiger Punkt, den wir jetzt sehr stark merken, ist die veränderte Struktur im Fremdsprachenunterricht, ist die Tatsache, dass die Kinder von der Grundschule eine Fremdsprache mitbringen, also Englisch oder Französisch ab Klasse eins oder drei, macht es gerade für Latein gerade sehr viel leichter, Eltern und Schülern zu erklären, wieso Latein sinnvoll sein könnte, dass man nämlich, wenn man schon eine Kommunikationssprache gelernt hat oder lernt, dann eine Reflektionssprache, nämlich Latein, draufsetzt. Und es fällt so diese leidige Alternative weg, gerade in der fünften Klasse, Englisch oder Latein, Latein oder Französisch, man kann dann beides machen.
Burgwinkel: Aber so ein bisschen spielt doch bestimmt auch die Sehnsucht nach einem Kanon eine Rolle, also wie zu Zeiten des Bildungsbürgertums?
Kipf: Das mag durchaus sein. Sicherlich, der Wunsch nach Orientierung, wir haben ja auch den Anspruch, dass wir auch ein gewisses Orientierungswissen vermitteln, sprachlich und kulturell. Der Vorteil der alten Sprachen ist eben, dass sie doch beständiger sind, dass sie weniger von modernen Moden überlagert werden. Die veralten nicht so schnell, weil sie im Grunde schon alt sind. Und das hat sich in dem Fall doch offensichtlich als Vorteil herausgestellt, dass man eben sagen kann, das, was wir da machen, ist nicht gleich in drei Jahren wieder überholt, sondern hat eine gewisse Beständigkeit.
Burgwinkel: "Klassische Bildung eröffnet Horizonte", so lautet das Untermotto. Eröffnet sie denn auch Karrierewege, Herr Kipf?
Kipf: Das hängt natürlich von jedem Einzelnen ab, wie er seine Karriere gestalten möchte. Uns kommt es an vor allen Dingen sozusagen nicht auf die Spezialbildung an einer Schule, sondern auf die Allgemeinbildung. Wenn man das Abitur erwirbt, dann hat man die allgemeine Hochschulreife, nicht eine spezialisierte, und darum geht es, dass wir bestimmte Dinge vermitteln, die eben eine allgemeine Orientierung ermöglichen. Und dann muss jeder selber sehen, welche Schwerpunkte er dann in einer weiteren Ausbildung oder im weiteren Studium setzen möchte. Aber bestimmte Fähigkeiten, die vermittelt werden, sind also durchaus natürlich auch in anderen Fächern gefragt - die Fähigkeit, über Sprache nachzudenken oder eben auch sich kulturell grundlagenmäßig auszukennen.
Burgwinkel: Ihr Tagungsprogramm in Göttingen umfasst 121 Seiten, habe ich mir vorhin angesehen. Können Sie einen Schwerpunkt nennen von den ganzen Vorträgen und Diskussionen und Workshops, die Sie anbieten?
Kipf: Wir haben im Grunde zwei Schwerpunkte, das eine ist das Tagungsmotto, das Verhältnis der Antike zu den Kulturen der Welt, also europäischen, außereuropäischen, antiken wie modernen. Dieser Schwerpunkt findet sich vor allen Dingen in den Fachvorträgen, die am Vormittag laufen. Ansonsten haben wir, der andere Schwerpunkt betrifft vor allem die Unterrichtspraxis, und da geht es also vor allen Dingen um neuere, innovative Methoden, wie sie für den Unterricht nutzbar gemacht werden können und auch die Frage, wie Latein und auch Griechisch sich anderen Fächern öffnen können. Also gerade die Kooperation mit den modernen Fremdsprachen spielt eine große Rolle und auch die Frage, inwieweit also auch Latein zur Integration von Schülern nicht-deutscher Herkunftssprachen nützlich sein kann und auch in der Tat nützlich ist.
Burgwinkel: Ganz herzlichen Dank für das Gespräch und dass Sie sich mit dem Handy zurückgezogen haben in eine stille Ecke. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg.
Kipf: Vielen Dank, dankeschön.
Burgwinkel: Professor Stefan Kipf informierte über den Bundeskongress des Deutschen Altphilologenverbandes in Göttingen.