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Ein Filmhund verdient oft mehr

Über den roten Teppich stolzieren, ein fürstliches Gehalt verdienen - das ist die gängige Vorstellung von dem Beruf des Schauspielers. Die Universität Münster hat nun die Lebensverhältnisse von Film- und Fernsehdarstellern unter die Lupe genommen. Ergebnis: Glamour sieht anders aus.

Von Thomas Matsche | 30.01.2012
    Der Schauspieler Jörg Schüttauf ist bekannt. Er spielte im Tatort mit oder in Kinofilmen wie "So glücklich war ich noch nie". Doch alle Bekanntheit schützt vor Berufssorgen nicht:

    "Ich bin seit ungefähr 25 Jahren Schauspieler. Kann sagen, dass es von Zeit zu Zeit erfolgreich zur Sache geht für mich, aber eben auch nicht immer. Und vor allen Dingen im Winter gibt es immer wieder eine Phase - wie jetzt auch - dass ich nicht weiß, was ich im nächsten Monat oder in den nächsten zwei Monaten zu tun haben werde."

    Nein, schlecht geht es Jörg Schüttauf nicht. Das Geld, das er mit Fernseh- und Kinorollen verdient hat, ermögliche ihm auch während einer Durststrecke ein gutes Leben. Viele andere Schauspieler müssen den Gürtel wesentlich enger schnallen. Rund 70 Prozent von ihnen verdienen, laut einer Studie der Uni Münster, im Jahr nur 30.000 Euro brutto. Glamour sieht anders aus, findet Jörg Schüttauf, weshalb er sich in der Schauspielergewerkschaft engagiert, die für soziale Absicherung und faire Gagen kämpft:

    "Wir sind gerade dabei, einen Maßstab festzumachen, wo fängt denn eigentlich eine Schauspielergage pro Drehtag an. Dieser Drehtag - muss man wissen - die Hälfte geht wieder versteuert weg, und die fängt bei 700 oder 800 Euro an. Mittlerweile kann aber jeder Produzent bestimmen, wann seine Drehtagsgage anfängt und für wen auch immer. Natürlich, wenn ich keinen Bock habe, für dieses Geld zu arbeiten, muss ich da nicht hin. Aber wenn ich das Geld brauche, dann gehe ich auch für 300 Euro arbeiten und davon gibt es eine ganze Menge."

    Dem eigentlichen Drehtag gehe zudem einiges an Arbeit voraus. Dazu zählt das Lesen des Drehbuchs sowie Lernen des eigenen Textes. Hinzu kommen Masken- und Kostümproben oder Vorbesprechungen mit dem Regisseur. Wenn nötig, müssen die Schauspieler, manchmal Monate nach Drehschluss, noch einmal zur Nachsynchronisierung. So würden mit der Gage für einen Drehtag in der Regel fünf Arbeitstage abgegolten.

    Deshalb fordert die Schauspielergewerkschaft vor allem feste Einstiegsgagen, sodass beschäftigte Schauspieler von ihrer Arbeit leben können. Auch Schauspielerin Antje Widdra muss kämpfen. Bei der Berlinerin standen im vergangenen Jahr lediglich neun Drehtage und eine Werbung zu Buche. Damit sei sie zwar einigermaßen über die Runden gekommen. Doch derzeit habe sie keine konkreten Dreh-Angebote. Sie wolle sich nicht beschweren aber dieses unstete Leben sei nur mit ganz viel Leidenschaft für den Beruf zu ertragen, sagt Antje Widdra:

    "Ich glaube, dass das ganz oft zermürbend ist. Also es gibt auch einen großen Unterschied, ob man eine Familie zu ernähren hat oder in meinem Fall nur für sich selbst verantwortlich ist und ich habe nicht einmal ein Auto. Ich habe eine geringe Miete, ich habe ein Fahrrad, mit dem ich alles erledige, aber wenn ich mir vorstelle, ich wäre Familienmutter dann ist da ein ganz anderer Druck und es ist absolut zermürbend."

    Viele, auch prominente, Schauspieler müssen sich regelmäßig arbeitslos melden. Einige wenige Schauspieler erhalten dann Arbeitslosengeld 1, andere müssen sich mit Hartz 4 oder Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Kein Wunder, dass auch gestandene Schauspieler Rollen spielen, die einfach nur gutes Geld bringen. Und die Sender produzieren diese Stoffe, weil sie Quote machen. Eine Entwicklung, die sich immer öfter im Programmangebot niederschlägt, kritisiert Schauspielerin Monika Schubert:

    "Wenn man sich anguckt, wer gestaltet das Programm, wer bestimmt welche Stoffe genommen werden, wer bestimmt welche Regisseure oder Schauspieler besetzt werden, dann liegt das in der Hand der Redakteure und da sind manchmal aber nicht unbedingt künstlerische Köpfe am denken, sondern Leute, die unter Profitkriterien nachdenken und darin liegt auch ein bisschen die Krux wie sich das Fernsehen entwickelt hat."