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Ein fragwürdiges Instrument

Not macht erfinderisch, heißt es. Immer mehr Städte nutzen ein kurios scheinendes Finanzinstrument, um ihre maroden Haushalte vor dem Kollaps zu bewahren. Cross Border Leasing heißt das Zauberwort: Städtische Anlagen werden einem US-amerikanischen Investor verkauft und sofort zurückgemietet. Der ferne Investor nutzt mit diesem seinem Eigentum eine Möglichkeit der Steuerabschreibung in den Vereinigten Staaten von Amerika. Von der Steuerersparnis gibt er einen kleinen Teil an die Stadt in Deutschland ab, den sogenannten Barwertvorteil.

Werner Rügemer |
    Für solche Cross Border Leasing-Verträge sind alle langlebigen städtischen Anlagen geeignet. Sie müssen allerdings einen Mindestwert von 150 Millionen Euro haben. Das können Messehallen, Heizkraft- und Klärwerke sein, aber auch Schienennetze und Straßenbahnwagen oder auch ganze Trinkwasser- und Kanalsysteme. Je höher der Wert, desto höher der Steuervorteil für den Investor in den USA und je höher der Barwertvorteil für die Stadt.

    So hat etwa die Stadt Dortmund die Westfalenhalle mit allen Nebengebäuden in ein solches Cross Border Leasing eingebracht. Der Barwertvorteil für die Stadt betrug etwa 15 Millionen Euro. Der Steuervorteil des Investors ist natürlich geheim, dürfte aber schätzungsweise um die 90 Millionen Euro liegen. Der Vertrag läuft 100 Jahre, mit einer Kündigungsmöglichkeit nach frühestens 30 Jahren. Obwohl der US-Investor das Eigentum erwirbt, wird den Städten gesagt, dass sie ebenfalls Eigentümer mit allen Rechten und Pflichten bleiben. Der Dortmunder Kämmerer Guntram Peelke sieht die verdoppelte Eigentümerschaft als unproblematisch:

    Nach amerikanischem Recht erwirbt der amerikanische Investor das wirtschaftliche Eigentum an dem Gut, wo nach deutscher Rechtsauffassung, da wir auch die Verfügungsgewalt noch haben, wir weiterhin das Eigentum an dem Objekt haben und wir ja auch vertraglich gebunden sind, dieses Objekt die nächsten 30 Jahre vorzuhalten.

    Die Westfalenhalle hat also durch das Cross Border Leasing zwei Eigentümer, einen in Dortmund und einen in den USA. Beide Eigentümer nutzen die Anlage wirtschaftlich. Der US-Investor stellt die Westfalenhalle mit mehreren hundert Millionen Dollar in seine Bilanz ein und spart durch diese Auslandsinvestition Steuern. Außerdem erhöht er sein Rating und seine Kreditfähigkeit und kann an der Börse glänzen. Gleichzeitig steht die Westfalenhalle aber auch in der Bilanz der Stadt Dortmund beziehungsweise ihrer Betreibergesellschaft; die vermietet die Halle und verbucht ebenfalls Erträge aus der wirtschaftlichen Nutzung.

    Zwei Eigentümer, die dasselbe Wirtschaftsgut bilanzieren – das gibt es eigentlich nicht. Solche fragwürdigen Rechtskonstruktionen sind das Ergebnis der Deregulierung in den USA während der 90er Jahre. Derartige Bilanztricksereien stehen übrigens auch mit den jüngsten Mega-Konkursen wie bei Enron und Worldcom in Zusammenhang.

    Unproblematisch ist die doppelte Eigentümerschaft deshalb keineswegs. Der US-Investor muss seinem Finanzamt jährlich nachweisen, dass die Westfalenhalle und ihre Nebengebäude in Dortmund gut in Schuss sind, genutzt und ausgelastet werden. Dazu hat sich die Stadt Dortmund vertraglich verpflichtet. Für 100 Jahre, mindestens aber für 30 Jahre, wenn sie ihre Rückkaufoption wahrnimmt. Wenn die Stadt aber die Hallen verkleinert, weil der Bedarf etwa im Jahre 2012 sinkt, wäre das für den Investor ein Kündigungsgrund, mit der Folge einer Schadensersatzforderung.

    Zur Absicherung solcher möglicher Forderungen werden dingliche Sicherheiten vereinbart. Sie müssten eigentlich im Grundbuch in Deutschland eingetragen werden. Das wird aber umgangen, weil man von der Fiktion ausgeht, dass sich für den Eigentümer, wie in diesem Fall die Stadt Dortmund, nichts ändert, so Rechtsanwalt Jürgen Schacht, der Einblick in solche Verträge hat.

    Um das zu umgehen, werden regelmäßig Grundschuldbestellungserklärungen abgegeben, unwiderruflich. Die werden in einen Tresor eines Treuhänders gelegt. Sie tauchen im Moment im Grundbuch nicht auf, sind aus der Sicht der Steuerbehörden oder jedenfalls wird das den Steuerbehörden in den USA so vorerzählt, als dingliche Sicherheiten vorhanden.

    Der Investor verlangt solche dinglichen Sicherheiten, weil er sich für den Konfliktfall wappnen will. Der Konfliktfall tritt ein, wenn die Anlage nicht im vereinbarten Umfang funktioniert. Dann ist der Steuervorteil für den Investor gefährdet. Dann kann er den Vertrag kündigen.

    Die amerikanischen Juristen haben sehr präzise beschrieben, umfangreich auf vielen Seiten in diesen Leasingverträgen, was zum Scheitern führen kann. Ein einfaches Beispiel: Ein Kanal ist undicht und wird im Altlastenkataster geführt, das ist ja insbesondere in Nordrhein-Westfalen häufig, dass undichte Kanäle im Altlastenkataster auftauchen. Und dieses wird dem US-Partner nicht mitgeteilt. Dann reicht das schon aus, um diese Verträge zu zerstören.

    Oder wenn eine durch Überschwemmung zerstörte Kläranlage nicht in der bisherigen Größe wiedererrichtet wird. Oder wenn Messehallen im Jahre 2015 nicht mehr benötigt und abgerissen werden. Oder wenn eine Müllverbrennungsanlage sich nach einem Jahrzehnt endgültig als überdimensioniert erweist und stillgelegt wird. Dann wäre nach der Kündigung durch den Investor Schadensersatz fällig, und zwar in der Höhe des dann dem Investor entgehenden Steuervorteils. Diese Schadensersatzforderung kann ein Mehrfaches des anfänglich ausgezahlten Barwertvorteils betragen. Das Risiko wird dadurch verstärkt, dass in allen solchen Cross Border Leasing-Verträgen das Recht der USA gilt und der Gerichtsstandort ausschließlich New York ist. Übrigens wird es nicht einmal für nötig gehalten, die Verträge ins Deutsche zu übersetzen.

    Ein Cross Border Leasing kann sich auch als eine Innovationsblockade erweisen. Sie kann der Stadt zudem wesentlich mehr Folgekosten aufbürden als der Barwertvorteil eingebracht hat. Die Stadt verpflichtet sich ja, den vereinbarten Wert und Umfang der Anlage für die ganze Laufzeit aufrechtzuerhalten. Das muss aber nicht dem tatsächlichen Bedarf der Stadt in der Zukunft entsprechen.

    Beispiel Kanalnetz und Kläranlage: Unternehmen und Privathaushalte brauchen immer weniger Trinkwasser, die Abwassermenge geht deshalb stetig zurück. Dann könnten Kanalrohre, Pumpen und Klärwerke bei der Erneuerung kleiner und billiger gebaut werden. Und wenn in Zukunft zur Regenerierung des Grund- und Trinkwassers der Regen nicht mehr in die Kanalisation geleitet werden, sondern vor Ort versickern soll, dann wären die teuren, unterirdischen Regenrückhaltebecken nicht mehr nötig. Spätestens dann gerät die Stadt in eine teure Innovationsblockade. Jürgen Öhrlein, Bausachverständiger, hat aus diesem Grund ein erfolgreiches Bürgerbegehren gegen einen Cross Border Leasing-Vertrag in seiner Stadt Kulmbach mitinitiiert.

    Wir haben die Angst, dass durch dieses Verfahren das Bestehende so festgeschrieben wird, dass ökologisch sinnvolle Dinge, die dann vielleicht auch durch die Staatsregierung auch in Bayern eines Tages auf den Weg gebracht werden, durch einen solchen Vertrag behindert oder unmöglich gemacht werden.

    Der kurzfristige Vorteil jetzt kann sich auf diese Weise in der Zukunft als teurer Nachteil und als ökologisch kontraproduktiv erweisen.

    Das ist auch in finanzieller Hinsicht so, wenn man die staatlichen Finanzen insgesamt betrachtet. Wegen ihres kurzfristigen und punktuellen Vorteilsdenkens ist das vielen Kämmerern und Ratspolitikern nicht bewusst. Der Kulmbacher Bürgermeister Henry Schramm, CSU, hat das Cross Border Leasing mit dem städtischen Kanalsystem befürwortet. Er ist überzeugt, dass Städte die Vorteile von Steuersparmodellen nutzen sollten, so wie die Bürger und die Unternehmen es auch tun.

    Sie wissen, eine Mark oder einen Euro kann ich nur einmal ausgeben. Wenn ihn mir der Staat nimmt, dann kann ich ihn nicht anderweitig verwenden, und unsere Wirtschaft genauso wie die amerikanische ist bestimmt über jeden Euro oder jeden Dollar, der in sie investiert werden kann und der nicht erst mal im Endeffekt beim Staat verbleibt.

    Dabei wird allerdings nur der kurzfristige, individuelle Vorteil für den jeweiligen Steuersparer bedacht. Dass gleichzeitig der Staat weniger Einnahmen hat und auch und gerade die Städte deshalb in die finanzielle Misere gestürzt werden, bleibt unbeachtet.

    Dieser kurzsichtige Blick der Kämmerer und Kommunalpolitiker gerät seit einiger Zeit in die Kritik. Aus Sicht der Bürger sieht die Angelegenheit anders aus. Manche sehen es keineswegs als tröstlich an, dass ja nur der US-amerikanische Steuerzahler den Nachteil haben soll. Ludwig Lindner hat das Bürgerbegehren in Kulmbach mitgetragen.

    Ich halte das für eine ausgesprochene Trickserei, denn in Amerika kann ein Unternehmen daraus Gewinne machen, das heißt Steuern verkürzen, und wir verwenden dieses Geld. Ich sehe das als eine Sache, die zu Lasten des amerikanischen kleinen Bürgers geht. Zum anderen bin ich grundsätzlich gegen solche Dinge und zwar ob in Amerika oder in Deutschland, das spielt im Zuge der Globalisierung aus meiner Sicht keine Rolle mehr.

    Wenn die Städte von der globalen Steuerflucht profitieren, wenn sie mit Cross Border Leasing dabei nun sogar als aktive Vertragspartner auftreten und dabei ohne Skrupel die Steuerzahler anderer Staaten belasten, dann wird dies kaum ohne Folgen in Deutschland selbst bleiben.

    Und wenn sich die Kommunen an solchen Geschäften beteiligen, dann brauchen wir uns nicht zu wundern, denn die Steuerdecke wird ja für alle kürzer. Und insoweit ist es zwangsläufig, und wir brauchen uns dann nicht darüber wundern, wenn die Steuerlast für den kleinen Mann – oder die Abgabenlast schlechthin – immer höher wird.

    Auch hier besteht also die Gefahr, dass der kurzfristige Vorteil für den einzelnen Stadthaushalt aus dem Cross Border Leasing sich langfristig zu einem systematischen Nachteil für die Gemeinschaft auswächst: Die Steuermoral der Bürger sinkt noch tiefer als sie ohnehin schon gesunken ist. Und die Städte tragen selbst dazu bei, dass auf Dauer die gesamtstaatlichen Zuschüsse für die Kommunen zurückgehen. Cross Border Leasing ist zudem ja nur der Anfang und nur einer der zahlreichen Steuertricks, mit denen Investoren im In- und Ausland die Städte zunehmend umwerben.

    Doch es geht nicht nur um die finanziellen Risiken, die sich beim Mitspielen in der Oberliga der globalen Steuerflucht ergeben. Es geht auch um die Qualität der kommunalen Demokratie. Cross Border Leasing von Städten mit US-Investoren wird in Deutschland seit 1995 praktiziert. In Dresden und Leipzig, München und Stuttgart, in Hamburg, Düsseldorf und Köln, aber auch in vielen kleineren Städten wie Wittenberg und Konstanz wurden kommunale Anlagen im Wert vieler Milliarden Dollar in solche langfristigen Verträge eingebracht. Übrigens nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen westeuropäischen Ländern wie in den Niederlanden, der Schweiz, Belgien und Österreich.

    Viele hundert Verträge wurden abgeschlossen. Dennoch weiß die Öffentlichkeit bis heute kaum Bescheid. Bisher haben die meisten Stadträte die Verträge unbesehen abgenickt, immer im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzungen. Die Beratungsunterlagen sind geheim und dürfen nicht weitergegeben werden. Heidi Rest-Hinterseer von den Grünen in Salzburg gibt den Eindruck wider, den so manche Stadtväter und -mütter mittlerweile haben.

    Da hat man so den Eindruck, dass jemand mit der Tarnkappe unterwegs ist. Da werden Verträge abgeschlossen, es werden große Verbindlichkeiten eingegangen, und dann ist das wieder verschwunden, als ob es nie gewesen wäre, und die Menschen nehmen das eigentlich kaum wahr.

    Auch wenn es sich wie hier in Salzburg oder in Gelsenkirchen mittlerweile um die soundsovielte Wiederholung handelt, so stehen die Ratsmitglieder dieser Städte jedes Mal wie Neugeborene vor dem Projekt Cross Border Leasing. Als wäre ihre Stadt die erste, die sich auf so etwas einlässt. Die Ratsmitglieder erhalten keine Möglichkeit, sich ein fundiertes Urteil für ihre Entscheidung zu bilden. Die Vertragswerke sind zwischen 800 und 1.600 Seiten dick. Sie werden den Ratsmitgliedern nicht im Original vorgelegt. Nicht einmal der Name und die Adresse des vom Investor eigens für jedes einzelne Cross Border Leasing in den USA gegründeten Trusts wird den Ratsmitgliedern mitgeteilt, obwohl dieser Trust der eigentliche Vertragspartner der Stadt ist.

    Die Ratsmitglieder bekommen kurze Zusammenfassungen von 15 oder 25 Seiten. Diese Beschlussunterlagen werden allerdings nicht von den Stadtverwaltungen, sondern von den sogenannten Arrangeuren verfasst. Arrangeure sind große Banken wie die Deutsche Bank oder große Finanzagenturen wie Daimler Chrysler Services Structured Finance. Sie verdienen an der Vermittlung zwischen Stadt, Investoren und den Banken, die an jedem Cross Border Leasing ebenfalls beteiligt sind. Übersetzt werden die englischsprachigen Verträge ja ohnehin nicht. Auch nicht für die Unterzeichnung, zu der die Kämmerer oder die Oberbürgermeister eigens nach New York fliegen.

    Ich halte das für ein demokratiepolitisches Problem. Wer ist überhaupt noch in der Lage, diese Verträge in den Kommunen, in den Städten und Länderparlamenten zu überprüfen? Wo bleibt die demokratische Kontrolle? Welche gewählten Funktionsträger können hier noch einschreiten und sagen: das ist der Kommune zuträglich und das nicht mehr?

    Von den Arrangeuren und Stadtkämmerern wird argumentiert, die Ratsmitglieder würden die Verträge sowieso nicht verstehen, selbst wenn man sie ihnen vorlegt und selbst wenn man sie übersetzt. Das mag schon zutreffen. Aber auch die Anträge einzelner Ratsmitglieder und kleiner Fraktionen, die Verträge zu bekommen, um sie von Experten begutachten zu lassen, wurden bisher ausnahmslos abgeschmettert. Dabei wird auf die Vertraulichkeit verwiesen, die sich der Investor ausbedungen habe, ansonsten werde er das Geschäft platzen lassen.

    Inzwischen sind auch Stadträte der großen Parteien so weit, dass sie sich diese Geheimniskrämerei nicht mehr gefallen lassen. Sie wollen auf der Grundlage der unzureichenden Entscheidungsgrundlagen keine Verantwortung übernehmen. Johannes Beisenherz, Chef der SPD-Fraktion in Castrop-Rauxel, hat deshalb das Cross Border Leasing für das Kanalnetz der Ruhrgebietsstadt abgelehnt.

    Aufgabe der Politik ist es, die Verwaltung zu kontrollieren. Ich habe kein grundsätzliches Misstrauen gegen die Verwaltung, aber ich könnte hier meine Kontrollfunktion nicht in letzter Konsequenz ausüben.

    Wie die SPD in Castrop-Rauxel haben inzwischen weitere Ratsfraktionen ihre Zweifel angemeldet oder sich zur Ablehnung der Verträge entschlossen. Im vergangenen November wurde in Kulmbach der erste Bürgerentscheid gegen Cross Border Leasing durchgeführt. Er hatte einen für alle Beteiligten überraschenden Erfolg. Die Kulmbacher Ratsmehrheit und die Verwaltungsspitze gaben das Projekt auf. Eine Woche später beschloss der Stadtrat in der Nachbarstadt Fürth einstimmig, eine zuvor gefasste Entscheidung zurückzunehmen: Das geplante Cross Border Leasing in Fürth wird ebenfalls nicht verwirklicht. Bei der Kulmbacher Bürgerinitiative liegen inzwischen mehr als ein Dutzend Anfragen aus der ganzen Bundesrepublik vor: Wie organisierte man einen erfolgreichen Bürgerentscheid gegen Cross Border Leasing?

    Der Bürgerentscheid von Kulmbach hat auch die bayerische Staatsregierung aufgeschreckt. In der Kabinettssitzung vom 3. Dezember 2002 wurde über Cross Border Leasing und andere Steuertricks von Kommunen beraten. Nach der Sitzung veröffentlichten die beiden zuständigen Minister eine gemeinsame Stellungnahme. Finanzminister Kurt Faltlhauser erklärte (Zitat):

    Die Bürgerinnen und Bürger in Bayern wollen nicht, dass ausländischen Investoren kommunale Einrichtungen wie etwa die Wasserversorgung oder die Kanalisation in die Hand fallen. Einen Ausverkauf der Städte und Gemeinden wegen kurzfristig lukrativer Steuertricksereien und riskanter Finanzierungsmodelle wollen wir verhindern.

    Innenminister Günther Beckstein, zuständig für die Kommunalaufsicht, erklärte (Zitat):

    Solche Modelle führen zu unkalkulierbaren Risiken, die im Interesse der Bürgerinnen und Bürger nicht hingenommen werden dürfen. Außerdem entsteht in der Öffentlichkeit ein verheerendes Bild, wenn Kommunen auf Steuertricks hart an der Grenze der Legalität zurückgreifen und gleichzeitig von den Bürgern, die ohnehin viel Steuern zahlen müssen, Ehrlichkeit und hundertprozentige Gesetzestreue verlangt wird.

    Faltlhauser und Beckstein kündigten an, den Finanz- und Innenministern der anderen Bundesländer demnächst kommunalrechtliche und steuerrechtliche Maßnahmen vorzuschlagen. Cross Border Leasing von Städten und Gemeinden sollen in Zukunft unterbunden werden. Wie weit diese Vorschläge gehen, ist offen.

    Die Bundesregierung hält sich bislang heraus. Das Finanzministerium in Berlin erklärt, dass die Cross Border Leasing-Geschäfte und vergleichbare Steuerkonstruktionen im Prinzip bekannt sind. Über den Umfang und über die Konsequenzen für die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden hat die Bundesregierung aber keine Kenntnisse. Solche will sie sich, weil nicht zuständig, auch gar nicht verschaffen. Das betont die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks:

    Das geht uns im Prinzip nichts an, weil das privatrechtliche Verträge sind, die im einzelnen nicht gezählt werden. Der Normalfall ist, dass man uns vorwirft, wir würden zuviel Statistiken erheben. Diese Frage sagt: wollen Sie nicht eine neue Statistik anlegen, und das haben wir nicht vor.

    Es kommt also im wesentlichen darauf an, dass Bürger und Ratsmitglieder selbst aktiv werden. Die Grünen im Salzburger Stadtrat haben einen Forderungskatalog aufgestellt. Sie werden über einen Cross Border Leasing-Vertrag über das städtische Kanalnetz nur abstimmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden: Es muss eine Ermittlung über den langfristigen Bedarf von Art und Umfang des Abwasserbeseitigung erstellt werden. Name, Standort und Gesellschafter des US-Trusts sind offen zu legen ebenso wie der rechtsverbindliche Vertragstext. Die Vertragspartner müssen rechtsverbindlich erklären, dass für den Staat an anderer Stelle kein steuerlicher Verlust entsteht.

    Das sind eigentlich ganz banale, selbstverständliche Forderungen. Sie werden bisher aber nicht erfüllt. Die Salzburger Stadträtin Heidi Reiter will mit diesen Forderungen, die sie als Minimalforderungen versteht, die bisherige Intransparenz aufbrechen:

    Wichtig ist, denke ich, dass das endlich thematisiert wird, dass es nicht so weitergehen kann, dass das unter dem Mantel der Vertraulichkeit behandelt wird. Sondern die Bürger, denke ich, haben hier ein Recht, dass sie entsprechend informiert werden, aufgeklärt werden und dass diese Dinge transparent dargestellt werden. Sie haben ein Recht darauf, denn im Endeffekt gehören ihnen diese Anlagen und wurden diese Anlagen mit ihren Steuergeldern auch errichtet.