Von Jo Schilling
Das so genannte Bakterium Clostridium ist der Lieferant zweier der giftigsten Substanzen überhaupt: Botulinum- und Tetanustoxin. Der Keim existiert prinzipiell überall, doch meist, ohne Schaden anzurichten. Gefährlich wird es erst, wenn die Bakterien auf ein eiweißreiches Nährmedium treffen und unter Luftabschluss gehalten werden. Dann bestehen beste Lebensbedingungen für die Mikroorganismen, die so ihre Giftproduktion stark ausweiten können. Bohnen- oder Fleischkonserven waren früher beispielsweise sehr gefährlich, erkennbar an der Ausbeulung der Dosen unter der Gasbildung der Keime. Sowohl das Botulinum-, als auch das Tetanus-Toxin sind Nervengifte. Die großen Eiweißmoleküle unterbinden in Nervenzellen die Herstellung von Botenstoffen: So wirkt das Tetanus-Toxin im Rückenmark und blockiert die Zellen, die für das Entspannen der Muskeln zuständig sind, während Botulinum-Toxin im gesamten Körper an jeder Nervenzellen wirkt.
Die hohe Spezialisierung der Substanzen macht sie potenziell interessant für einen therapeutischen Einsatz. Allerdings können sie nur in sehr geringen Dosen und lokal verabreicht werden. Dabei werden wenige Nanogramm der Gifte gezielt in Muskeln oder Drüsen eingebracht. Professor Hans Bigalke vom Institut für Toxikologie an der Medizinischen Hochschule Hannover erklärt, warum die Gifte so nutzbar werden:
"Entscheidend ist nicht die absolute Toxizität einer Substanz, sondern der Abstand der Dosis, die für die Giftwirkung verantwortlich ist, von jener, die für die therapeutische Wirkung verantwortlich ist. Wenn dieser Abstand sehr groß ist, dann hat eine Substanz eine sehr große, so genannte therapeutische Breite. Botulinum-Toxin wird im Nanogrammbereich therapeutisch angewandt, wirkt aber im Mikrogrammbereich tödlich. Die therapeutische Breite liegt ungefähr bei einem Faktor Hundert."
Damit müsste Botulinum-Toxin einhundertfach überdosiert werden, um einem Patienten gefährlich zu werden. Vergleicht man dies mit einem weit verbreiteten Medikament wie dem Schmerzmittel Paracetamol, dann scheint dieses gefährlicher: Bereits eine zehnfacher Überdosierung wird dann lebensbedrohlich.
Botulinum-Toxin wird überall dort therapeutisch eingesetzt, wo Nerven blockiert werden sollen. So können damit Muskeln gezielt gelähmt werden, wie etwa zur Behandlung eines Schiefhalses, bei Lidkrämpfen oder auch bei Schreibkrämpfen. Ein anderer großer Anwendungsbereich ist eine Fehlfunktion von Drüsen, die ebenfalls über Nerven gesteuert werden. Bei übermäßiger Schweißproduktion etwa an Händen oder unter den Schulterachseln kann das Gift die Drüsen zeitweise lahm legen. Allerdings ist die Giftarznei hierzulande noch nicht zugelassen, doch dies soll noch in diesem Jahr geschehen. Ein weiterer Vorteil ist die zeitlich begrenzte Wirkung des Botulins: Eine Behandlung hält sechs, maximal zwölf Monate vor. Eine nachfolgende Behandlung ist unproblematisch, denn das Gift ist dann bereits im Körper vollständig abgebaut worden.
Auch in der Schmerzbehandlung, etwa bei Migräne oder Rückenschmerzen, könnte Botulinum-Toxin bald eingesetzt werden. Allerdings stehen Studien über Behandlungserfolge dazu noch aus. Auch bei Allergien versprechen sich Experten von dem Gift eine Linderung. Der Ansatzpunkt dabei: Das Gift wirkt, indem es Nervenzellen blockiert. Der Transporter fokussiert zwar auf die Nervenzellen, aber der eigentliche Wirkstoff blockiert jede Zelle. Geschieht dies in jenen Zellen, in denen ein Überangebot an Histamin als Folge einer allergischen Reaktion hergestellt wird, dann könnte die Allergie so quasi ausgebremst werden
Das so genannte Bakterium Clostridium ist der Lieferant zweier der giftigsten Substanzen überhaupt: Botulinum- und Tetanustoxin. Der Keim existiert prinzipiell überall, doch meist, ohne Schaden anzurichten. Gefährlich wird es erst, wenn die Bakterien auf ein eiweißreiches Nährmedium treffen und unter Luftabschluss gehalten werden. Dann bestehen beste Lebensbedingungen für die Mikroorganismen, die so ihre Giftproduktion stark ausweiten können. Bohnen- oder Fleischkonserven waren früher beispielsweise sehr gefährlich, erkennbar an der Ausbeulung der Dosen unter der Gasbildung der Keime. Sowohl das Botulinum-, als auch das Tetanus-Toxin sind Nervengifte. Die großen Eiweißmoleküle unterbinden in Nervenzellen die Herstellung von Botenstoffen: So wirkt das Tetanus-Toxin im Rückenmark und blockiert die Zellen, die für das Entspannen der Muskeln zuständig sind, während Botulinum-Toxin im gesamten Körper an jeder Nervenzellen wirkt.
Die hohe Spezialisierung der Substanzen macht sie potenziell interessant für einen therapeutischen Einsatz. Allerdings können sie nur in sehr geringen Dosen und lokal verabreicht werden. Dabei werden wenige Nanogramm der Gifte gezielt in Muskeln oder Drüsen eingebracht. Professor Hans Bigalke vom Institut für Toxikologie an der Medizinischen Hochschule Hannover erklärt, warum die Gifte so nutzbar werden:
"Entscheidend ist nicht die absolute Toxizität einer Substanz, sondern der Abstand der Dosis, die für die Giftwirkung verantwortlich ist, von jener, die für die therapeutische Wirkung verantwortlich ist. Wenn dieser Abstand sehr groß ist, dann hat eine Substanz eine sehr große, so genannte therapeutische Breite. Botulinum-Toxin wird im Nanogrammbereich therapeutisch angewandt, wirkt aber im Mikrogrammbereich tödlich. Die therapeutische Breite liegt ungefähr bei einem Faktor Hundert."
Damit müsste Botulinum-Toxin einhundertfach überdosiert werden, um einem Patienten gefährlich zu werden. Vergleicht man dies mit einem weit verbreiteten Medikament wie dem Schmerzmittel Paracetamol, dann scheint dieses gefährlicher: Bereits eine zehnfacher Überdosierung wird dann lebensbedrohlich.
Botulinum-Toxin wird überall dort therapeutisch eingesetzt, wo Nerven blockiert werden sollen. So können damit Muskeln gezielt gelähmt werden, wie etwa zur Behandlung eines Schiefhalses, bei Lidkrämpfen oder auch bei Schreibkrämpfen. Ein anderer großer Anwendungsbereich ist eine Fehlfunktion von Drüsen, die ebenfalls über Nerven gesteuert werden. Bei übermäßiger Schweißproduktion etwa an Händen oder unter den Schulterachseln kann das Gift die Drüsen zeitweise lahm legen. Allerdings ist die Giftarznei hierzulande noch nicht zugelassen, doch dies soll noch in diesem Jahr geschehen. Ein weiterer Vorteil ist die zeitlich begrenzte Wirkung des Botulins: Eine Behandlung hält sechs, maximal zwölf Monate vor. Eine nachfolgende Behandlung ist unproblematisch, denn das Gift ist dann bereits im Körper vollständig abgebaut worden.
Auch in der Schmerzbehandlung, etwa bei Migräne oder Rückenschmerzen, könnte Botulinum-Toxin bald eingesetzt werden. Allerdings stehen Studien über Behandlungserfolge dazu noch aus. Auch bei Allergien versprechen sich Experten von dem Gift eine Linderung. Der Ansatzpunkt dabei: Das Gift wirkt, indem es Nervenzellen blockiert. Der Transporter fokussiert zwar auf die Nervenzellen, aber der eigentliche Wirkstoff blockiert jede Zelle. Geschieht dies in jenen Zellen, in denen ein Überangebot an Histamin als Folge einer allergischen Reaktion hergestellt wird, dann könnte die Allergie so quasi ausgebremst werden