Burkhard Müller-Ullrich: Beziehungsstress ist auch das zentrale Thema des Films von Jan Schütte, der nächstens in die Kinos kommt. "Bis später, Max!" handelt allerdings von einem alten Mann und seinen deutlichen jüngeren Geliebten, von denen es ebenso glücklicher- wie fatalerweise gleich einen ganzen Schwarm gibt. Rüdiger Suchsland, Greisenerotik ist ja eine heikle Sache im Film. Wollte der Grimme-Preisträger und Deutscher-Filmpreis-Träger Jan Schütte jetzt auch als Tabubrecher Aufmerksamkeit erregen?
Rüdiger Suchsland: Ja, er spielt auch damit, denn es ist zwar nicht wie bei "Wolke 9" von Andreas Dresen, wo man Menschen über 80 beim Sex im Bett gesehen hat, nackt natürlich, wie es sich gehört, aber man sieht schon ziemlich viel. Man sieht einen alten Herrn, der Hauptdarsteller ist 87 und er sieht ein bisschen jünger aus, aber man sieht schon, er ist älter. Und er hat aber dann so Don-Juan-Allüren. Er kann eigentlich keiner Frau übern Weg laufen, auch nicht jungen Mädchen, ohne ein bisschen zu flirten, und er hat natürlich alle möglichen alten und älteren Freundinnen, er hat eine Lebensgefährtin. Das hindert ihn aber nicht daran – er ist oft auf Reisen –, dann dort Verflossenen von früher zu begegnen und auch mit denen vielleicht noch mal wieder was anzufangen. Was er genau damit anfängt, das sieht man dann nicht so genau, aber was man sieht, dass eigentlich Liebe, Sex und alles, was dazugehört, auch die Gefühlswallungen, ihn aufregen und seinen Geist bestimmen. Er ist ein Schwerenöter, und das konzentriert sich vielleicht eher noch stärker als früher auf das Thema bei ihm.
Müller-Ullrich: Ist ja eigentlich auch ein sehr humorvoller Stoff, aber der Humor – mit Verlaub – ist so ein bisschen – die ewig eifersüchtige Ehefrau beispielsweise – klischeehaft, oder?
Suchsland: Ja, ja, ich würde sagen, das ist ein Spiel mit Klischees. Klischees kommen schon vor, aber das könnte man dann auch über die Geschichten von Woody Allen oder von Philip Roth sagen. Es geht da schon um Männer und ihre Probleme, manchmal auch um Männerfantasien. Es geht um Personen, die primär sexuell getrieben sind und die oft auch Künstler sind und dieser Sextrieb und der Kunsttrieb, die verschwimmen dann manchmal ein bisschen miteinander. Das eine scheint nicht ohne das andere zu gehen.
Ich habe tatsächlich öfters an Woody Allen gedacht, weil das ja auch eine jüdisch-amerikanische, in New York lebende Hauptfigur ist, weil die Geschichte dieses Films von Jan Schütte zurückgeht auf drei Kurzgeschichten von Isaac Bashevis Singer, der Nobelpreisträger ist, der aus dem polnischen Judentum stammte, aber amerikanischer Autor natürlich ist, auf Englisch auch geschrieben hat, und der da auch ein bisschen von sich selber erzählt und so von Geschichten, die er erlebt hat oder die zumindest durch sein Leben angeregt wurden. Und das ist ja bei Woody Allen dann auch ein bisschen ähnlich.
Müller-Ullrich: Jetzt haben Sie schon gerade am Anfang mal den Hauptdarsteller erwähnt, den sollten wir noch ein bisschen näher kennenlernen.
Suchsland: Ja, der Hauptdarsteller ist Otto Tausig, und Otto Tausig ist in Österreich sehr bekannt, er ist Österreicher, Wiener, er ist sehr bekannt als Volksschauspieler. Er ist aber auch eine ganz große Figur des österreichischen Theaters, der am Burgtheater lange gespielt hat und bis heute oft abends auf der Bühne steht. Und es ist eine One-Man-Show auch von Otto Tausig. Er steht ganz im Zentrum, er hat einen unglaublichen Charme, auch einen sehr skurrilen Humor, der dann noch dadurch verstärkt wird, dass der Film von Jan Schütte, der eben diese drei Geschichten erzählt, die sind so ineinander verschachtelt. Das heißt, eine dieser Geschichten ist auch eine, die der Schriftsteller sich ausdenkt. Man sieht also quasi, wie die Fantasie des Künstlers wirklich wird und Gestalt bekommt. Dann sieht man einen Traum auch, es fängt schon an mit einem Traum, einem Alptraum eigentlich, wo diese Schriftstellerfigur, die man da noch gar nicht so gut kennt, im Zug vom Schaffner angesprochen wird, und der Schaffner, der normalerweise immer nach der Fahrkarte fragt, der verhört ihn aber fast wie ein Gestapo-Offizier, darüber wird auch ein Witz gemacht. Also auch diese Holocaust-Erfahrung, auf die wird da noch ein bisschen angespielt. Der verhört ihn dann und verhört ihn eigentlich: Haben Sie noch regelmäßig Geschlechtsverkehr? Also es ist so eine Mischung aus Gestapo-Offizier, aus Psychoanalytiker und aus einem Polizisten. Und dann wacht der schweißgebadet auf, diese Hauptfigur – so beginnt eigentlich der Film.
Und solche Traumpassagen gibt es öfters in dem Film von Jan Schütte. Und immer wieder bekommt man da wirklich sehr viel zu lachen. Und das ist etwas, was mir sehr gut gefallen hat an dem Film, weil das erlebt man gar nicht so oft ja leider heute im Kino: gute Komödien für Erwachsene.
Zur Regie erst mal, ist die Regiearbeit eine ganz klar auf Schauspieler konzentrierte. Neben Otto Tausig muss man sicher auch Rhea Perlman nennen, Barbara Hershey, Tovah Feldshuh – das sind alles Gesichter, die man auch kennt in Deutschland, und die Namen kennen die, die öfters sich amerikanische Film auch angucken oder auch mal Fernseh-Serien sehen. Die spielen alle ganz wunderbar. Es ist auch ein Film, der ganz viele tolle Rollen hat für etwas ältere Darstellerinnen, die oft es gar nicht so leicht haben im amerikanischen Kino. Und ich würde sagen, es ist eine solide Regie, eine Regie, die jetzt verzichtet auf irgendwelche Mätzchen, die jetzt nicht versucht, alles ganz stark auf Bilder zu konzentrieren. Es ist ein bisschen wie ein verfilmtes Theaterstück oder in dem Fall eben auch ein verfilmter Literaturstoff, das merkt man dann schon.
Also es gibt viele Dialoge, noch mal kann man auch hier an Woody Allen denken. Es gibt eine Kamera, die sich zurückhält, ein Schnitt, der sich auch zurückhält, und es ist ein guter Film, aber es ist kein Film, der irgendwie stilistisch jetzt das Kino voranbringt oder neu erfindet.
Müller-Ullrich: Rüdiger Suchsland, vielen Dank! Wir sprachen über den Film "Bis später, Max!" des in Berlin lebenden Regisseurs Jan Schütte.
Rüdiger Suchsland: Ja, er spielt auch damit, denn es ist zwar nicht wie bei "Wolke 9" von Andreas Dresen, wo man Menschen über 80 beim Sex im Bett gesehen hat, nackt natürlich, wie es sich gehört, aber man sieht schon ziemlich viel. Man sieht einen alten Herrn, der Hauptdarsteller ist 87 und er sieht ein bisschen jünger aus, aber man sieht schon, er ist älter. Und er hat aber dann so Don-Juan-Allüren. Er kann eigentlich keiner Frau übern Weg laufen, auch nicht jungen Mädchen, ohne ein bisschen zu flirten, und er hat natürlich alle möglichen alten und älteren Freundinnen, er hat eine Lebensgefährtin. Das hindert ihn aber nicht daran – er ist oft auf Reisen –, dann dort Verflossenen von früher zu begegnen und auch mit denen vielleicht noch mal wieder was anzufangen. Was er genau damit anfängt, das sieht man dann nicht so genau, aber was man sieht, dass eigentlich Liebe, Sex und alles, was dazugehört, auch die Gefühlswallungen, ihn aufregen und seinen Geist bestimmen. Er ist ein Schwerenöter, und das konzentriert sich vielleicht eher noch stärker als früher auf das Thema bei ihm.
Müller-Ullrich: Ist ja eigentlich auch ein sehr humorvoller Stoff, aber der Humor – mit Verlaub – ist so ein bisschen – die ewig eifersüchtige Ehefrau beispielsweise – klischeehaft, oder?
Suchsland: Ja, ja, ich würde sagen, das ist ein Spiel mit Klischees. Klischees kommen schon vor, aber das könnte man dann auch über die Geschichten von Woody Allen oder von Philip Roth sagen. Es geht da schon um Männer und ihre Probleme, manchmal auch um Männerfantasien. Es geht um Personen, die primär sexuell getrieben sind und die oft auch Künstler sind und dieser Sextrieb und der Kunsttrieb, die verschwimmen dann manchmal ein bisschen miteinander. Das eine scheint nicht ohne das andere zu gehen.
Ich habe tatsächlich öfters an Woody Allen gedacht, weil das ja auch eine jüdisch-amerikanische, in New York lebende Hauptfigur ist, weil die Geschichte dieses Films von Jan Schütte zurückgeht auf drei Kurzgeschichten von Isaac Bashevis Singer, der Nobelpreisträger ist, der aus dem polnischen Judentum stammte, aber amerikanischer Autor natürlich ist, auf Englisch auch geschrieben hat, und der da auch ein bisschen von sich selber erzählt und so von Geschichten, die er erlebt hat oder die zumindest durch sein Leben angeregt wurden. Und das ist ja bei Woody Allen dann auch ein bisschen ähnlich.
Müller-Ullrich: Jetzt haben Sie schon gerade am Anfang mal den Hauptdarsteller erwähnt, den sollten wir noch ein bisschen näher kennenlernen.
Suchsland: Ja, der Hauptdarsteller ist Otto Tausig, und Otto Tausig ist in Österreich sehr bekannt, er ist Österreicher, Wiener, er ist sehr bekannt als Volksschauspieler. Er ist aber auch eine ganz große Figur des österreichischen Theaters, der am Burgtheater lange gespielt hat und bis heute oft abends auf der Bühne steht. Und es ist eine One-Man-Show auch von Otto Tausig. Er steht ganz im Zentrum, er hat einen unglaublichen Charme, auch einen sehr skurrilen Humor, der dann noch dadurch verstärkt wird, dass der Film von Jan Schütte, der eben diese drei Geschichten erzählt, die sind so ineinander verschachtelt. Das heißt, eine dieser Geschichten ist auch eine, die der Schriftsteller sich ausdenkt. Man sieht also quasi, wie die Fantasie des Künstlers wirklich wird und Gestalt bekommt. Dann sieht man einen Traum auch, es fängt schon an mit einem Traum, einem Alptraum eigentlich, wo diese Schriftstellerfigur, die man da noch gar nicht so gut kennt, im Zug vom Schaffner angesprochen wird, und der Schaffner, der normalerweise immer nach der Fahrkarte fragt, der verhört ihn aber fast wie ein Gestapo-Offizier, darüber wird auch ein Witz gemacht. Also auch diese Holocaust-Erfahrung, auf die wird da noch ein bisschen angespielt. Der verhört ihn dann und verhört ihn eigentlich: Haben Sie noch regelmäßig Geschlechtsverkehr? Also es ist so eine Mischung aus Gestapo-Offizier, aus Psychoanalytiker und aus einem Polizisten. Und dann wacht der schweißgebadet auf, diese Hauptfigur – so beginnt eigentlich der Film.
Und solche Traumpassagen gibt es öfters in dem Film von Jan Schütte. Und immer wieder bekommt man da wirklich sehr viel zu lachen. Und das ist etwas, was mir sehr gut gefallen hat an dem Film, weil das erlebt man gar nicht so oft ja leider heute im Kino: gute Komödien für Erwachsene.
Zur Regie erst mal, ist die Regiearbeit eine ganz klar auf Schauspieler konzentrierte. Neben Otto Tausig muss man sicher auch Rhea Perlman nennen, Barbara Hershey, Tovah Feldshuh – das sind alles Gesichter, die man auch kennt in Deutschland, und die Namen kennen die, die öfters sich amerikanische Film auch angucken oder auch mal Fernseh-Serien sehen. Die spielen alle ganz wunderbar. Es ist auch ein Film, der ganz viele tolle Rollen hat für etwas ältere Darstellerinnen, die oft es gar nicht so leicht haben im amerikanischen Kino. Und ich würde sagen, es ist eine solide Regie, eine Regie, die jetzt verzichtet auf irgendwelche Mätzchen, die jetzt nicht versucht, alles ganz stark auf Bilder zu konzentrieren. Es ist ein bisschen wie ein verfilmtes Theaterstück oder in dem Fall eben auch ein verfilmter Literaturstoff, das merkt man dann schon.
Also es gibt viele Dialoge, noch mal kann man auch hier an Woody Allen denken. Es gibt eine Kamera, die sich zurückhält, ein Schnitt, der sich auch zurückhält, und es ist ein guter Film, aber es ist kein Film, der irgendwie stilistisch jetzt das Kino voranbringt oder neu erfindet.
Müller-Ullrich: Rüdiger Suchsland, vielen Dank! Wir sprachen über den Film "Bis später, Max!" des in Berlin lebenden Regisseurs Jan Schütte.