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Ein Herz für Stinker

Die für 2011 beschlossene LKW-Mauterhöhung für Euro-3-Fahrzeuge soll ausgesetzt werden, bestätigt das Verkehrsministerium. Nicht nur die deutschen Spediteure dürften sich darüber freuen. Der Anreiz für ausländische Speditionen, ihre LKW umweltfreundlich umzurüsten, wird kleiner.

Von Dieter Nürnberger |
    Das Bundesverkehrsministerium bestätigte bislang lediglich, dass die noch von der Großen Koalition beschlossene Erhöhung der Maut für Lkw der Abgasnorm Euro 3, die zum 1. Januar 2011 geplant war, nun ausgesetzt werden soll. Über die Gründe für diesen Schritt, der auch noch vom Parlament bestätigt werden muss, wurde wenig gesagt. Es darf davon ausgegangen werden, dass das Transportgewerbe mit diesem Schritt finanziell geschont werden soll – denn schaut man zurück, dann liefen die Fachverbände stets Sturm gegen Erhöhungen der Lkw-Maut in der Vergangenheit. Deshalb wurde wohl im Koalitionsvertrag eine Art "Mautmoratorium" versprochen. Und auf diese Versprechen bezieht sich beispielsweise auch die Stellungnahme von Adolf Zobel, er ist stellvertretender Geschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung.

    "Ja, wir sind damit inhaltlich zufrieden. Das wäre ansonsten ein Bruch des Versprechens gewesen, keine Mauterhöhung in dieser Legislaturperiode durchzuführen. Für uns war das sehr wichtig, weil in der Tat auch noch in Deutschland viele Euro-3-Lkw auf den Straßen unterwegs sind. Über 50 Prozent der Fahrzeuge sind inzwischen Euro-5-Lkw, das sind somit emissionsarme Fahrzeuge. Aber noch über 20 Prozent der LKW fahren mit Euro-3. Insofern ist die Entscheidung wichtig für uns."

    Das Spediteursgewerbe in Deutschland freut sich somit über die geplante Aussetzung der Erhöhung. Hier gibt es auch Argumente, dass viele Spediteure derzeit noch mit den Folgen der Wirtschaftskrise zu kämpfen hätten, eine höhere Maut wäre somit für viele nicht verkraftbar gewesen. Andere - beispielsweise Umweltverbände - kritisieren hingegen die Entscheidung. Heidi Tischmann ist Expertin des Verkehrsclubs Deutschland.

    "Herr Ramsauer verzichtet auf 83 Millionen Euro Mehreinnahmen. Er verzichtet aber auch darauf, die Lkw-Maut als umweltpolitisches Lenkungsinstrument zu benutzen. Denn seitdem 2008 beschlossen wurde, die emissionsstärkeren Lkw höher zu "bemauten" als emissionsärmere, ist sie dies ja auch. Das führt der Minister jetzt nicht fort. Das kann niemand verstehen."

    Schaut man sich die Statistiken des zuständigen Bundesamtes für Güterverkehr an, wird deutlich, dass sich durch eine bereits vorhandene sogenannte Mautspreizung der Anteil der emissionsärmeren Fahrzeuge in Deutschland erhöht hat – auf 56 Prozent. Ob nun die Aussetzung der Maut überwiegend osteuropäischen Spediteuren zugute kommt, die Fahrzeuge mit weniger umweltfreundlicher Technologie betrieben, lässt sich schwer sagen. So beziffert das zuständige Bundesamt den Anteil von russischen LKW auf deutschen Straßen auf rund 3 Prozent. Und diese seien tatsächlich oft noch mit veralteter Abgastechnik unterwegs. Bei den Spediteuren der Beitrittsländer zur EU – also beispielsweise den Polen – sei der der Fuhrpark schon deutlich moderner. Allerdings steigt derzeit auch der Anteil der Osteuropäer bei den mautpflichtigen Fahrleistungen generell an. Heide Tischmann vom VCD argumentiert, dass die Erhöhung der Maut für die Abgasnorm Euro 3 auf jeden Fall zu weiteren Verbesserungen in der Ökobilanz geführt hätte.

    "In 2009 waren 46 Prozent emissionsärmere Lkw, im ersten Halbjahr 2010 steigerte sich dies auf 56 Prozent. Herr Ramsauer verzichtet auf dieses umweltpolitische Lenkungsinstrument. Er muss aber auch dafür sorgen, dass die Belastungen für Mensch und Umwelt geringer gehalten werden. Er darf nicht nur auf die wirtschaftlichen Vorteile für Deutschland den Schwerpunkt legen."

    Das Transportgewerbe hingegen sieht die Steigerungen bei den emissionsärmeren Lkw als Bestätigung dafür, dass die bereits vorhandene Mautspreizung funktioniere, also auch zu besseren umweltpolitischen Ergebnissen führe. Adolf Zobel vom Bundesverband für Güterkraftverkehr nennt Zahlen.

    "Beispielsweise bezahlt man für ein Euro-5-Fahrzeug 0,15 Euro pro Kilometer. Und für ein Euro-3-Fahrzeug 0,20 Euro. Das heißt, es ist auf deutschen Autobahnen mit Euro-3-Lkw viel teurer als mit Euro-5. Diese Spreizung gibt es ja bereits, insofern ist diese Entscheidung in keiner Weise ein Rückschritt."