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Ein Hoch für 299 Euro

Hoch Giesbert oder Tief Tiffany - wer tauft eigentlich Luftdruckgebiete? Seit den 50er Jahren vergibt die FU Berlin die Namen, und seit sechs Jahren kann man die Entscheidungen durch finanzielle Zuwendungen beeinflussen. Der Erlös aus dem Verkauf von Hochs und Tiefs kommt einem guten Zweck zugute und fließt in die studentische Wetterbeobachtung an der Station Berlin-Dahlem.

Von Philip Banse |
    " Wir sind hier in der sechsten Etage des Wetterturms der Freien Universität Berlin. Hier wird das Wetter beobachtet und zwar rund um die Uhr. Da wird geguckt, ob es wie gerade jetzt regnet, wie der Bewölkungszustand ist, die Sichtweite, die Temperatur. "

    Meteorologie-Studentin Gera Rohlfing blickt aus dem alten Wasserturm über das graue, verregnete Berlin. Die Wetterstation ist eine von etwa 150 deutschen Messstationen, die den Deutschen Wetterdienst mit aktuellen Wetterdaten versorgen. Viele dieser Stationen messen längst vollautomatisch. Einige Informationen sind jedoch nur von Menschen zu erfassen, etwa die genaue Art niedriger Bewölkung oder die Sichtweite in alle Richtungen, sagt Studentin Gera Rohlfing.

    " Und für uns ist das einfach Praxis, die wir so im Studium ansonsten nicht haben in der Wetterbeobachtung. Das kann man ansonsten an keinem anderen Institut in Europa sammeln. Wir sind das einzige Institut mit eigener Wetterstation. "

    Und so beobachten drei Festangestellte und 20 Stundenten das Berliner Wetter, rund um die Uhr im Schichtdienst. Die Studenten sollen eine kleine Aufwandentschädigung bekommen, doch das Geld ist knapp. Da trifft es sich gut, dass die Freie Universität Berlin seit den 50er Jahren das Gewohnheitsrecht hat, den Hoch- und Tiefdruckgebieten über Mitteleuropa einen Namen zu geben. Diese Namen werden seit sechs Jahren verkauft. Die Einnahmen von knapp 50.000 Euro werden ausschließlich für die studentische Wetterbeobachtung ausgegeben, heißt es. Wer einem Tief seinen Namen geben möchte, muss 199 Euro zahlen, ein Hoch schlägt mit 299 Euro zu Buche. Tiefdruckgebiete sind billiger, weil unattraktiver, sagt Meteorologiestudentin Katrin Krüger:

    " Wir haben zum einen mehr Tiefdruckgebiete als Hochdruckgebiete und zum anderen sind Tiefdruckgebiete einfach kurzlebiger als Hochdruckgebiete. "

    " Der eigene Name ist also kürzer in den Medien und auf den Wetterkarten, wenn er ein Tief kennzeichnet. "

    Seit heute Nacht Null Uhr gehen im Wasserturm laufend Faxe ein:

    " Das sind die ausgefüllten Formulare, die man sich im Internet ausdrucken kann, und die werden dann hierher gesendet mit den Wunschnamen für die Hoch- Tiefdruckgebiete. "

    " Hier haben wir jetzt einen Antragszettel für ein Hochdruckgebiet. In diesem Fall "Lienchen", was wahrscheinlich etwas problematisch werden könnte, da es eine Verniedlichung ist und kein standesamtlich anerkannter Vorname - wahrscheinlich, wir checken das aber noch mal ab und rufen gegebenenfalls noch mal beim Standesamt an. "

    " Zu vergeben sind etwa 150 Tiefdruckgebiete und etwa 60 Hochdruckgebiete. Gut 200 Bewerber kommen also zum Zug. Es werden aber erfahrungsgemäß 600 Faxe eingehen. Dabei gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Danach entscheidet das los. Wichtig: Hochs und Tiefs werden dem Alphabet folgend benannt: Ob das populäre "A" oder das sperrige "Q" - alle Buchstaben werden gleich oft vergeben. Deswegen macht es durchaus noch eine Weile Sinn, Anträge zu stellen, sagt Studentin Katrin Krüger: "

    " Das macht auf jeden Fall noch eine Weile Sinn, weil immer wieder noch Buchstaben frei sind. Wir werden in der kommenden Woche auch eine Liste ins Netz stellen, welche Buchstaben weg sind, welche noch frei sind. Und dann kann man da auch sehen, ob man diesen Buchstaben bekommen kann oder nicht. "

    In den letzten Jahren haben 1200 Menschen aus der ganzen Welt Patenschaften für europäische Hochs und Tiefs übernommen. Einige sind Meteorologin Katrin Krüger in besonderer Erinnerung geblieben. Etwa das Orkantief Namens "Kyrill", das im vergangenen Jahr 47 Menschenleben forderte und Sachschäden in Millionenhöhe anrichtete.

    " Und da war hier oben schon so einiges los. Wir sind in der sechsten Etage und auch noch auf einer Anhöhe, stehen hier ziemlich einsam und daher hat man den Wind hier richtig abbekommen, er kam dann auch noch direkt auf das Zimmer, in dem wir saßen und beobachtet haben und das ist dann schon beeindruckend, wenn man mitten Im Sturm sozusagen ist. "

    Alle Informationen und Antragsformulare gibt es unter www.wetterpate.de