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Ein Indikator für jeden Anlas

Wunden müssen regelmäßig kontrolliert werden. Nur so lassen sich Komplikationen beim Heilungsprozess frühzeitig erkennen. Ein neuer Farbstoff, in den Verband eingebettet, könnte künftig eine Wundkontrolle ohne häufigen Verbandswechsel ermöglichen: Wird er violett, zeigt er eine Entzündung an.

Von Martina Preiner | 15.12.2010
    "Wir denken ja auch gerade an Leute mit großflächigen Wunden - Brandopfer oder so in die Richtung - für die das einfach unangenehm und schmerzhaft ist den Verband zu wechseln, außerhalb der üblichen Intervalle, nur um nachzuschauen, ob die Wunde noch in Ordnung ist. Dafür ist das einfach gedacht", "

    erklärt Dr. Sabine Trupp, Forscherin der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologie. Wenn eine Wundheilung gut verläuft, liegt ihr pH-Wert unter 5, das heißt im leicht sauren Bereich. Eine Entzündung lässt den pH-Wert ansteigen. Und das kann ein Indikator im Pflaster der bayerischen Wissenschaftler nachweisen. Ein Indikator ist nichts weiter als eine Substanz, die die Anwesenheit eines Moleküls oder Elements anzeigt, das für das bloße Auge sonst nicht erkennbar wäre. Meist geschieht das per Farbänderung. Manche Indikatoren sind spezifischer als andere. Der Indikator im Pflaster zum Beispiel ist relativ unspezifisch, da eine pH-Wert-Änderung durch ganz unterschiedliche Moleküle verursacht werden kann. Sabine Trupp arbeitet neben der Entwicklung des Indikatorpflasters auch an anderen Indikatoren. Der prinzipielle Aufbau ist bei allen gleich. Zunächst muss das Indikatormolekül das Zielmolekül erkennen und an sich binden.

    " "Wenn wir jetzt zum Beispiel sagen, wir wollen von mir aus zum Beispiel ein Amin erkennen, dann wählen wir dafür eine geeignete Rezeptorfunktion aus. Da ist erst einmal wichtig, je nach Anwendung, soll reversibel oder irreversibel reagiert werden, also soll der Indikator mehrfach einsetzbar sein."

    Reversibel heißt, Indikator und Nachweismolekül können sich wieder voneinander lösen. Das hieße im Falle des Pflasters, dass es sich wieder entfärbt, wenn die Entzündung in der Wunde nachlässt. Ein eher überflüssiger Prozess, da die Wunde sofort kontrolliert werden sollte, wenn der Verband sich violett färbt. Bei anderen Anwendungen hingegen, wie zum Beispiel bei Giftstoffkonzentration in Abwässern, braucht man reversible Indikatoren um den Verlauf zu beobachten. Neben der Erkennungs- oder Rezeptorgruppe brauchen Indikatoren aber noch andere Bausteine.

    "Dann wird je nach Anwendung ganz gezielt das Chromophore - der größte Teil des Moleküls der die Farbe oder die optischen Eigenschaften bestimmt - ausgesucht."

    Ein Chromophor ist das Farbzentrum des Indikators. Wenn das Zielmolekül an den Rezeptor bindet, verformt sich das Indikatormolekül inklusive Farbzentrum. So ergibt sich eine Farbänderung beim Pflaster von Hellgelb nach Violett. Zu guter Letzt muss ein Indikator aber noch eine dritte Anforderung erfüllen.

    "Ganz klar ist wirklich, der Indikator darf nicht raus aus dem Pflaster, der darf nicht in die Wunde. Dann gibt es diverse Gruppen und Möglichkeiten zur Anbindung an die Oberflächen."

    Diese kleinen Anker am Indikator müssen der Oberfläche, an der sie halten sollen, angepasst werden.

    "Und aus diesen ganzen Konzepten wird dann das Molekül erst einmal auf dem Papier und dann auch tatsächlich im Labor zusammengebaut."

    Aus den drei Bausteinen besteht der Großteil aller künstlich hergestellten Indikatoren: ein Rezeptor, damit das richtige Molekül nachgewiesen wird; ein Farbzentrum, damit man den Nachweis sieht und ein Anker, damit der Nachweis nur dort stattfindet, wo er stattfinden soll. Ausgehend davon kann man theoretisch Indikatoren für alles machen. Das gilt auch für das Pflaster. Hier ist ein Indikator auf pH-Wert-Basis erst der Anfang.

    "Das ist jetzt der erste Schritt. Und da muss man jetzt einfach in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachleuten herausfinden, welche Analysen von Interesse sind. Beim pH-Wert gibt es die Beobachtung, dass eine Veränderung stattfindet. Wenn jetzt jemand kommt und sagt, uns würde aber ein völlig anderes Molekül in der Wunde interessieren, dann sehe ich uns schon in der Lage das auch zu erkennen."

    So könnten vielleicht auch Pflaster entwickelt werden, die auf einen bestimmten Bakterien- oder Virenstamm reagieren. Bis dahin wird aber zunächst einmal das pH-Pflaster klinisch getestet.