Er musste es geahnt, ja, irgendwie gespürt haben, dass es mit diesem Ort etwas Besonderes auf sich hat. Schon bei seinem ersten Besuch 1818 war Kronprinz Ludwig von Bayern so angetan von der Rhönlandschaft, von den barocken Bauten im Staatsbad und von der später nach ihm benannten Heilquelle, dass es ihn immer wieder nach Bad Brückenau zog. Insgesamt 26 Mal hat er das Staatsbad besucht heißt es auf einer Inschrift unter dem Denkmal von König Ludwig I. von Bayern, im Kurpark. Der gebildete und kunstinteressierte Monarch thront hier mit einer Papierrolle in der Hand auf einem Sockel und blickt sinnend in die hügelige Landschaft. Vielleicht hat sie ihn inspiriert, als er bei seinen Besuchen seine Regierungsgeschäfte von hier aus führte und das Staatsbad durch seine Bautätigkeit und durch verschiedene Maßnahmen zum Schutz der Natur entscheidend prägte.
Am 5.September 1897 enthüllte Prinzregent Luitpold feierlich das Denkmal von König Ludwig I. von Bayern:
Tief gerührt durch diesen Beweis der Liebe und Treue der Brückenauer, mit welcher sie das Andenken unseres nun in Gott ruhenden Königs Ludwig, meinem unvergesslichen Vater, bewahren. Es ist ein schöner Gedanke, den seligen König, der soviel für das Aufblühen von Brückenau bewirkt hat, hier verewigt zu sehen.
Wer heute durch den blühenden Kurpark schlendert, unternimmt eine Reise in die Vergangenheit. Die russische Zarin und die griechische Königin Amalie, Ludwigs Schwiegertochter, verweilten hier und auch Sissy hat ihre Spuren hinterlassen. 1894 wurde der Elisabethenhof im klassizistischen Stil erbaut und nach der österreichischen Kaiserin benannt. Sie wohnte 1898 während ihres vierwöchigen Aufenthalts in Bad Brückenau in dem Gebäude. Der damalige Badearzt Felix von Schlaginweit führte hier seine urologische Praxis und Kaiserin Elisabeth gehörte zu seinen berühmtesten Patienten. Heute residieren hier Badeärzte und die Kurverwaltung und in der modernen Gäste-Lounge können die Besucher im Internet surfen.
Das Faszinierende am Staatsbad ist, das der Anschluss an die Neuzeit so stilvoll und dezent wie möglich gestaltet ist. Ein Friseur ist in einem kleinen Kuppelbau untergebracht und vor der Wandelhalle mit dem überdachten Wandelgang über der plätschernden Sinn führt man seine Heilquellenkarte in den Schlitz und nach 5 Sekunden fließen 3 Liter Heilwasser aus dem Hahn. Eine köstliche. kalorienfreie Erfrischung.
In der Wandelhalle selbst steht unter Glas König Ludwigs Personenwaage aus dem Jahr 1840. Er musste sich zum Wiegen auf einen Holzstuhl niederlassen mit integriertem kleinem Tisch an der Seite, auf dem 1, 2 und 5 kg- Gewichte zu sehen sind. Wie viele davon nötig waren, um das Gewicht des Königs anzuzeigen ist leider nicht überliefert.
Es ist schon ein kleiner Spaziergang von hier aus, bis man den Fürstenhof auf der Anhöhe erklommen hat. 1775 erbaut und heute ein Schlosshotel hat man von dort einen fantastischen Blick auf die hügelige, waldreiche Rhönlandschaft, auf den Kurpark und das historische Bauensemble bis zum Bellevue auf der gegenüberliegenden Anhöhe,
"Wir stehen jetzt hier gerade in Bad Brückenau im Staatsbad vor dem Fürstenhof. Und ganz kennzeichnend für eine gute harmonische Baugestaltung ist, dass dieser Brunnen vor dem Haus ist. Heute machen viele Menschen ihren Brunnen hinter dem Haus und das greift einfach die Energie an. Vor dem Haus ist ein schönes Ankommen, es sprudelt und fließt und das haben sich früher die Fürsten und Könige einfach zu Nutze gemacht."
Erzählt Maria Kalb, die ein Buch über Kraftplätze in der Rhön geschrieben hat. Sie bietet meditative Naturwanderungen zu Kraftorten in der Umgebung an und wundert sich nicht, dass die Fürsten und Könige ausgerechnet von Bad Brückenau magisch angezogen waren.
"Die Menschen früher haben ganz nah mit der Natur gelebt und haben eben auch diese Plätze gekannt und wussten, die haben einfach die Bäume sich angeschaut, hier gibt es noch Heilquellen, also immer wo gutes Wasser ist, wo es Quellen gibt, die haben ja auch geheilt, die Menschen sind hierher gekommen und sind auch gesund geworden."
Seit mehr als 250 Jahren wird die heilende Kraft des Wassers hier genutzt. Als "flüssiges Gold" werden die 5 Heilquellen bezeichnet, die den Ruf Bad Brückenaus als Kurort begründet haben. Ihr extrem niedriger Kochsalzgehalt und die hoch wirksame Mineralisation machen zum Beispiel die Wernarzer Quelle oder die Sinnberger Quelle zu einem wahren Gesundbrunnen - besonders für Nierenkranke.
Das feinperlige Wasser der Sinnberger Quelle ist auch für Gesunde ein
ungewohntes Geschmackserlebnis, das ganz unbescheiden als "Bad Brückenauer Champagner" vermarktet wird. Viele Kurkliniken, Ärzte und Wellness-Hotels haben sich hier niedergelassen und bieten traditionelle und daneben immer mehr fernöstliche Naturheilverfahren an. Auch wenn König Ludwig I. von Bayern von Traditioneller Chinesischer Medizin noch nichts ahnte und ihm gesundheitsfördernde Konzentrations- und Bewegungstechniken wie Tai Chi und Qi Gong fremd waren, die heute in vielen Bad Brückenauer Wellness-Hotels angeboten werden: Ludwigs Sinn für Ästhetik folgte damals schon den Prinzipien des Feng Shui:
"Hier stehen wir jetzt vor dem Brunnen, das ist das Wasserrauschen,
der Blick schweift nach unten, wir stehen jetzt etwas auf der Anhöhe, es ist einfach für das Auge und die Atmung, es ist erhebend, es ist beruhigend, es sind keine Störfaktoren hier, wenn Sie sich selbst mal einlassen, auch diese Symmetrie, das beruhigt einfach. Das ist ja das Interessante hier an diesem Platz. Früher haben die eben das deutsche Feng Shui: die Menschen die wussten um so mit natürlichen Baumaterialien, und eben auch, dass man sich nicht so zubaut, dass man hohe Räume hat, man hat Platz, große Fenster und viel Platz auch um die Häuser herum. Man hat sich hinten einen Schutz gesucht und immer da, wo einfach die Blumen gut wuchsen, die Kräuter gut wuchsen, wo gutes Wasser war, das wussten die Menschen früher. "
Der Duft von Lavendel, Thymian und Zitronenmelisse steigt einem schon auf dem Weg zum großen Fürstenhof in die Nase. 1989 wurde der Kräutergarten angelegt, der 60 verschiedene Heil-Duft und Gewürzkräuter enthält. Der Mensch hat Würzmittel als Medizin oder als Zaubermittel genutzt. Vor allem Mönche waren es, die im Mittelalter Kräuter in den Klostergärten anbauten und überliefertes Wissen bewahrten und vermehrten. Dass zum Beispiel Basilikum, Kamille und Schafgarbe die Funktion von Niere und Blase unterstützen, das wussten die Einheimischen schon früh und haben es auch für den Kurbetrieb in Bad Brückenau genutzt.
"Sissi war hier, und man weiß, dass sie hier auch aufgetankt hat, hier gewandelt ist. Dabei hat man eben das Wasser getrunken und hat sich da erholt, das war deren Elixier. Und mit den Dingen, die es gab, haben sie sich hier umgeben, die Natur hat sich hier nicht verändert, Und so haben wir das eben heute auch noch: dass die Menschen im modernen Wellness sich auch erholen. Und die sagen, hier fühlen sie sich unglaublich wohl."
Petra Livingstone kann das bestätigen, hat sie doch gerade die bayerische Rhön für sich als Wellness-Oase entdeckt. Unweit des Staatsbades regeneriert sie sich in einem Gesundheits-Ressort. Es ist gerade diese Kombination aus majestätischem Flair neben nahezu unberührter Natur die diese Landschaft für sie zu einem Kraftort macht:
"Man hat sehr viel Ruhe, man hat sehr viel Natur, die Luft ist wunderbar, sie können gut abschalten, und wenn man gerne Wellness macht, dann ist man hier bestens aufgehoben. Der Zauber vom König Ludwig ist nach wie vor noch da, wenn Sie sich das Staatsbad anschauen, die wunderschönen Gebäude, das ist doch ein Traum."
Am 25. August 1827, dem 41. Geburtstag von König Ludwig dem I. von Bayern, wird der Grundstein gelegt für das Kursaalgebäude. Es ist eine große Zeremonie im Rahmen einer glanzvollen Feier mit Fackelzug und 700 geladenen Gästen.
Der klassizistische Saalbau mit Arkadenumgang wurde im Auftrag von Ludwig nach Plänen von Johann Gottfried Guttensohn errichtet und 1833 eingeweiht.
Der König Ludwig und Lola-Montez Saal sind mit prächtigen Deckenmalereien im Stil der italienischen Renaissance geschmückt.
Die schweren dunkelroten Samtvorhänge sind nicht ganz zugezogen, so dass auch der Spaziergänger im Vorbeigehen die großen Kronleuchter sieht, das Blinken von Kristall und Gold, während das Personal des 21. Jahrhunderts die Tafel eindeckt, um eine königliche Atmosphäre zu verbreiten. Heute finden hier Tanzgalas, Bälle, Konzerte, Theateraufführungen statt und im königlichen Kurpark lockt Klassik Open-Air oder demnächst im Juli "Tango in Blue."
Die Leidenschaft fürs Tanzen hat nicht zuletzt Lola Montez in Bad Brückenau kultiviert. 1846 lernte Ludwig die spanische Tänzerin kennen, die seine Mätresse wurde. Er erhob die "bayerische Pompadour" zur Gräfin von Landsfeld. Ihr großer politischer Einfluss und ihr unkonventionelles Verhalten lösten schließlich einen Volksaufstand In München aus, der den König 1848 zur Abdankung zugunsten seines ältesten Sohnes veranlasste.
Vielleicht suchte Ludwig gerade in dieser für ihn schweren Zeit häufiger als sonst ein besonderes Naturdenkmal in Bad Brückenau auf, nur wenige Schritte vom Fürstenhof entfernt.
"Hier haben wir die 1000jährige Eiche, da können wir gleich mal hingehen, das war König Ludwigs Lieblingseiche. Und die stehen ja wirklich nur an Plätzen, wo es ganz gesund ist. Sie hat ja nun sehr viel Kraft, dadurch dass sie 1000 Jahre alt geworden ist, hat sie starke Wurzeln in die Erde gegeben. Sie ist schon gestützt, hat auch schon einige starke Stürme überlebt, aber sie ist 1000 Jahre alt und das heißt schon was."
Wie ein bizarres Kunstwerk mit riesigen ausladenden Ästen ragt ein gigantischer Baum in die Landschaft. 25 Meter ist diese deutsche Eiche hoch, ihr Stamm ist komplett ausgehöhlt und hat einen Umfang von 7,70 Metern. Sie wurde zunächst Stolze Eiche genannt und später König Ludwig-Eiche, wie eine Inschrift verrät:
Der Baum wurde nach König Ludwig I. von Bayern benannt, weil dieser in seinem Schatten viele schöne Stunden verbrachte. Im Juli 1840 schrieb er hier das Gedicht: Unter der großen Eiche im Bade Brückenau. Ludwig I. war es auch, der seinerzeit in vorausschauender Weise sämtliche Bäume unter besonderem Schutz stellte. Heute wird der Baum regelmäßig von Baumingenieuren untersucht und gepflegt.
Die Altersschwäche ist dem Baum anzusehen: Stahlträger stützen die unteren Äste, damit dieses imposante Naturdenkmal erhalten bleibt. Gleichzeitig strahlt die 1000-jährige Eiche eine enorme Kraft und Ruhe aus. Auf der Sitzbank unter ihrem Schatten lässt sich die Zeit vergessen. Früher war die Eiche auch für Kurgäste ein Fest-, Spiel-, Tanz- und Ruheplatz. Bei einem Kronendurchmesser von 45 Metern und einer Fläche von 1500 Quadratmetern konnten über 100 Sitzplätze unter dem Baum eingerichtet werden. Inzwischen wurden einige Äste gekappt und um die Eiche nicht mehr zu belasten, werden darunter heute keine Feste mehr abgehalten. Dafür ist sie heute ein Kraftort, der auch bei den meditativen Naturwanderungen von Maria Kalb angesteuert wird.
"Wenn ich jetzt mit den Menschen so Naturführungen mache, gebe ich immer so, dass man erst einmal die Rinde spürt, den Baum an sich, seine Kraft, seine Stärke, seien Größe sich mal überhaupt anschaut, denn meistens geht man ja an den Dingen vorbei. Es wird wenig verweilt, sondern man hat immer ein Ziel, und bei meinen Naturführungen, das nenne ich meditatives Wandern. Das heißt wir gehen auch schon still und lassen uns schon ein für den Moment, können schon abgeben, indem wir bei jedem Schritt was in die Erde fließen lassen und dann wirklich auch über die Sinne erst einmal spüren und dann uns tiefer einlassen. Manche umarmen auch den Baum oder stellen sich mit dem Rücken an den Baum dran und stellen sich einfach vor, dass sie sich den Rücken stärken lassen. So ein Baum ist ja auch ein Vorbild. Manchmal kommen einem da auch Gedanken oder ein Geistesblitz oder einfach Einlassen, es ist jeder Mensch anders und jeder spürt auch was anderes."
In der Tat lässt einen dieser Baum nicht unberührt, ist seine Kraft spürbar. Genau dafür möchte Maria Kalb die Menschen bei ihren Naturwanderungen sensibilisieren, ohne dass sie vorgibt, was ein Kraftort auslösen kann: körperliches Kribbeln, Farbphantasien, geistige Inspiration oder einfach seelische Wohltat - die Wirkung der Kraftorte ist so vielfältig wie die menschliche Persönlichkeit.
"Am Wasser zum Beispiel können wir uns immer aufladen, jetzt nicht nur eine Entspannung vom Physischen, sondern wir haben ja auch einen feinstofflichen Körper über die Aura, die Schwingungen nehmen wir auch auf, die Energie des Wassers, oder die Energie des Baumes, das kann sich also durchaus, wenn wir uns dem öffnen, übertragen. Das wir dann einfach wirklich gestärkt gehen. Wenn ich die Naturführungen mache, gucke ich immer, dass ich einen Baum, Wasser und dass wir eben auch einen Stein, dass wir diese Elemente haben. Was kann ich an einem Stein spüren? Der speichert auch Energie. Und so haben auch die Steine, das sind die langen und die dicken Steine, das ist bei Römershag, der eine ist 16 m lang, und wenn man sich da mal daran lehnt oder den einfach mal anfasst und auch wieder reinspürt und sich mal einlässt ohne Absicht ohne Ziel, dann erzählt uns vielleicht auch der Stein etwas, wer weiß ."
Wer die Spur der Steine aufnehmen will braucht nur wenige Kilometer von Bad Brückenau Richtung Römershag zu wandern, vorbei an einer alten kraftvollen Rotbuche, dann geht es links hoch zu einem Aussiedlerhof und da in der Nähe finden sich die dicken und die langen Steine.
"Das sind also wirklich Kraftsteine. Das ist für manche etwas mystisch, aber es gibt auch so Heilsteine. Also es gibt in den Hassbergen, da ist es bekannt, da gehen die Menschen schon hin, die legen sich auf die Steine, die haben dann verschiedene Qualitäten. Und da gibt es auch welche, die machen da Führungen, und es ist wirklich bei manchen Menschen wunderbar geworden. Und ich habe da auch bei den großen Steinen welche entdeckt, das sind richtige Wannen, wo man sich so reinlegen kann. Und da gibt es auch einen Stein, da ist eine Spirale drin, das ist dann eben auch schon gemacht worden von unseren Vorfahren, die wussten um so Dinge und haben so Wannen reingemacht, das ist eben auch schön zu sehen."
Vor 20 Millionen Jahren entstand das bizarre Vulkangebirge der Rhön als heißes Magma aus dem Erdinneren die Erdkruste durchstieß und eine teils geschlossene Basaltdecke bildete. Heute erheben sich hier markante Kegel, das sind die besonders harten Basaltschlote, die Wind und Wetter getrotzt haben. Diese Kuppenlandschaft gibt der Rhön ihr charakteristisches Bild.
1991 erkannte die UNESCO die Rhön als Biosphärenreservat an, um Schutz, Pflege und Entwicklung dieser außergewöhnlichen Mittelgebirgslandschaft zu sichern. In der Kernzone, die den größten Schutz genießt bleiben die Lebensräume sich selbst überlassen, sind zum Beispiel Moore, Basaltblockhalden und Laubwälder von Menschen weitgehend unbeeinflusst geblieben.
Jenseits der Stille bewegen sich Wanderer, die gezielt die Wasserfälle der Region als Kraftort aufsuchen oder sie ganz nebenbei entdecken. Wie ein Brautschleier stürzt sich eine schmale weiße Wasserstraße an manchen Stellen in die Tiefe oder aber das Wasser fließt kaskadenartig über bemooste Steintreppen - eine fast mystische Atmosphäre in der bayerischen Rhön, die ein wenig an die Landschaft beim " Herrn der Ringe" erinnert.
"Hier in der Nähe haben wir jetzt auch noch einen kleinen Wasserfall, der gibt sehr viel Kraft auch rüber. Einmal von den Ionen und einmal kommt ja auch, da wir ein Teil von der Natur auch sind und zu 90 Prozent aus Wasser bestehen, können wir auch ins Fließen kommen. Wenn wir uns wirklich einlassen, die Augen schließen, dann kann sein, dass wir wirklich gestärkt werden und dass auch so unsere Körperenergie oder Lebensenergie ins Fließen kommt. Wenn wir uns einfach mal eine halbe Stunde Zeit nehmen und nicht nur schauen: ah, ein schöner Wasserfall und in Gedanken bleiben, sondern uns wirklich mal ein halbes Stündchen meditativ einlassen, ohne Absicht ohne Ziel, sag ich immer, ohne Vorstellung, was geschehen müsste. Das ist meistens das Unspektakulärste, das heißt einfach das, was es ist. Und da fängt es ja schon an, dass schon die einfachsten Dinge Wunder bewirken können."
Am 5.September 1897 enthüllte Prinzregent Luitpold feierlich das Denkmal von König Ludwig I. von Bayern:
Tief gerührt durch diesen Beweis der Liebe und Treue der Brückenauer, mit welcher sie das Andenken unseres nun in Gott ruhenden Königs Ludwig, meinem unvergesslichen Vater, bewahren. Es ist ein schöner Gedanke, den seligen König, der soviel für das Aufblühen von Brückenau bewirkt hat, hier verewigt zu sehen.
Wer heute durch den blühenden Kurpark schlendert, unternimmt eine Reise in die Vergangenheit. Die russische Zarin und die griechische Königin Amalie, Ludwigs Schwiegertochter, verweilten hier und auch Sissy hat ihre Spuren hinterlassen. 1894 wurde der Elisabethenhof im klassizistischen Stil erbaut und nach der österreichischen Kaiserin benannt. Sie wohnte 1898 während ihres vierwöchigen Aufenthalts in Bad Brückenau in dem Gebäude. Der damalige Badearzt Felix von Schlaginweit führte hier seine urologische Praxis und Kaiserin Elisabeth gehörte zu seinen berühmtesten Patienten. Heute residieren hier Badeärzte und die Kurverwaltung und in der modernen Gäste-Lounge können die Besucher im Internet surfen.
Das Faszinierende am Staatsbad ist, das der Anschluss an die Neuzeit so stilvoll und dezent wie möglich gestaltet ist. Ein Friseur ist in einem kleinen Kuppelbau untergebracht und vor der Wandelhalle mit dem überdachten Wandelgang über der plätschernden Sinn führt man seine Heilquellenkarte in den Schlitz und nach 5 Sekunden fließen 3 Liter Heilwasser aus dem Hahn. Eine köstliche. kalorienfreie Erfrischung.
In der Wandelhalle selbst steht unter Glas König Ludwigs Personenwaage aus dem Jahr 1840. Er musste sich zum Wiegen auf einen Holzstuhl niederlassen mit integriertem kleinem Tisch an der Seite, auf dem 1, 2 und 5 kg- Gewichte zu sehen sind. Wie viele davon nötig waren, um das Gewicht des Königs anzuzeigen ist leider nicht überliefert.
Es ist schon ein kleiner Spaziergang von hier aus, bis man den Fürstenhof auf der Anhöhe erklommen hat. 1775 erbaut und heute ein Schlosshotel hat man von dort einen fantastischen Blick auf die hügelige, waldreiche Rhönlandschaft, auf den Kurpark und das historische Bauensemble bis zum Bellevue auf der gegenüberliegenden Anhöhe,
"Wir stehen jetzt hier gerade in Bad Brückenau im Staatsbad vor dem Fürstenhof. Und ganz kennzeichnend für eine gute harmonische Baugestaltung ist, dass dieser Brunnen vor dem Haus ist. Heute machen viele Menschen ihren Brunnen hinter dem Haus und das greift einfach die Energie an. Vor dem Haus ist ein schönes Ankommen, es sprudelt und fließt und das haben sich früher die Fürsten und Könige einfach zu Nutze gemacht."
Erzählt Maria Kalb, die ein Buch über Kraftplätze in der Rhön geschrieben hat. Sie bietet meditative Naturwanderungen zu Kraftorten in der Umgebung an und wundert sich nicht, dass die Fürsten und Könige ausgerechnet von Bad Brückenau magisch angezogen waren.
"Die Menschen früher haben ganz nah mit der Natur gelebt und haben eben auch diese Plätze gekannt und wussten, die haben einfach die Bäume sich angeschaut, hier gibt es noch Heilquellen, also immer wo gutes Wasser ist, wo es Quellen gibt, die haben ja auch geheilt, die Menschen sind hierher gekommen und sind auch gesund geworden."
Seit mehr als 250 Jahren wird die heilende Kraft des Wassers hier genutzt. Als "flüssiges Gold" werden die 5 Heilquellen bezeichnet, die den Ruf Bad Brückenaus als Kurort begründet haben. Ihr extrem niedriger Kochsalzgehalt und die hoch wirksame Mineralisation machen zum Beispiel die Wernarzer Quelle oder die Sinnberger Quelle zu einem wahren Gesundbrunnen - besonders für Nierenkranke.
Das feinperlige Wasser der Sinnberger Quelle ist auch für Gesunde ein
ungewohntes Geschmackserlebnis, das ganz unbescheiden als "Bad Brückenauer Champagner" vermarktet wird. Viele Kurkliniken, Ärzte und Wellness-Hotels haben sich hier niedergelassen und bieten traditionelle und daneben immer mehr fernöstliche Naturheilverfahren an. Auch wenn König Ludwig I. von Bayern von Traditioneller Chinesischer Medizin noch nichts ahnte und ihm gesundheitsfördernde Konzentrations- und Bewegungstechniken wie Tai Chi und Qi Gong fremd waren, die heute in vielen Bad Brückenauer Wellness-Hotels angeboten werden: Ludwigs Sinn für Ästhetik folgte damals schon den Prinzipien des Feng Shui:
"Hier stehen wir jetzt vor dem Brunnen, das ist das Wasserrauschen,
der Blick schweift nach unten, wir stehen jetzt etwas auf der Anhöhe, es ist einfach für das Auge und die Atmung, es ist erhebend, es ist beruhigend, es sind keine Störfaktoren hier, wenn Sie sich selbst mal einlassen, auch diese Symmetrie, das beruhigt einfach. Das ist ja das Interessante hier an diesem Platz. Früher haben die eben das deutsche Feng Shui: die Menschen die wussten um so mit natürlichen Baumaterialien, und eben auch, dass man sich nicht so zubaut, dass man hohe Räume hat, man hat Platz, große Fenster und viel Platz auch um die Häuser herum. Man hat sich hinten einen Schutz gesucht und immer da, wo einfach die Blumen gut wuchsen, die Kräuter gut wuchsen, wo gutes Wasser war, das wussten die Menschen früher. "
Der Duft von Lavendel, Thymian und Zitronenmelisse steigt einem schon auf dem Weg zum großen Fürstenhof in die Nase. 1989 wurde der Kräutergarten angelegt, der 60 verschiedene Heil-Duft und Gewürzkräuter enthält. Der Mensch hat Würzmittel als Medizin oder als Zaubermittel genutzt. Vor allem Mönche waren es, die im Mittelalter Kräuter in den Klostergärten anbauten und überliefertes Wissen bewahrten und vermehrten. Dass zum Beispiel Basilikum, Kamille und Schafgarbe die Funktion von Niere und Blase unterstützen, das wussten die Einheimischen schon früh und haben es auch für den Kurbetrieb in Bad Brückenau genutzt.
"Sissi war hier, und man weiß, dass sie hier auch aufgetankt hat, hier gewandelt ist. Dabei hat man eben das Wasser getrunken und hat sich da erholt, das war deren Elixier. Und mit den Dingen, die es gab, haben sie sich hier umgeben, die Natur hat sich hier nicht verändert, Und so haben wir das eben heute auch noch: dass die Menschen im modernen Wellness sich auch erholen. Und die sagen, hier fühlen sie sich unglaublich wohl."
Petra Livingstone kann das bestätigen, hat sie doch gerade die bayerische Rhön für sich als Wellness-Oase entdeckt. Unweit des Staatsbades regeneriert sie sich in einem Gesundheits-Ressort. Es ist gerade diese Kombination aus majestätischem Flair neben nahezu unberührter Natur die diese Landschaft für sie zu einem Kraftort macht:
"Man hat sehr viel Ruhe, man hat sehr viel Natur, die Luft ist wunderbar, sie können gut abschalten, und wenn man gerne Wellness macht, dann ist man hier bestens aufgehoben. Der Zauber vom König Ludwig ist nach wie vor noch da, wenn Sie sich das Staatsbad anschauen, die wunderschönen Gebäude, das ist doch ein Traum."
Am 25. August 1827, dem 41. Geburtstag von König Ludwig dem I. von Bayern, wird der Grundstein gelegt für das Kursaalgebäude. Es ist eine große Zeremonie im Rahmen einer glanzvollen Feier mit Fackelzug und 700 geladenen Gästen.
Der klassizistische Saalbau mit Arkadenumgang wurde im Auftrag von Ludwig nach Plänen von Johann Gottfried Guttensohn errichtet und 1833 eingeweiht.
Der König Ludwig und Lola-Montez Saal sind mit prächtigen Deckenmalereien im Stil der italienischen Renaissance geschmückt.
Die schweren dunkelroten Samtvorhänge sind nicht ganz zugezogen, so dass auch der Spaziergänger im Vorbeigehen die großen Kronleuchter sieht, das Blinken von Kristall und Gold, während das Personal des 21. Jahrhunderts die Tafel eindeckt, um eine königliche Atmosphäre zu verbreiten. Heute finden hier Tanzgalas, Bälle, Konzerte, Theateraufführungen statt und im königlichen Kurpark lockt Klassik Open-Air oder demnächst im Juli "Tango in Blue."
Die Leidenschaft fürs Tanzen hat nicht zuletzt Lola Montez in Bad Brückenau kultiviert. 1846 lernte Ludwig die spanische Tänzerin kennen, die seine Mätresse wurde. Er erhob die "bayerische Pompadour" zur Gräfin von Landsfeld. Ihr großer politischer Einfluss und ihr unkonventionelles Verhalten lösten schließlich einen Volksaufstand In München aus, der den König 1848 zur Abdankung zugunsten seines ältesten Sohnes veranlasste.
Vielleicht suchte Ludwig gerade in dieser für ihn schweren Zeit häufiger als sonst ein besonderes Naturdenkmal in Bad Brückenau auf, nur wenige Schritte vom Fürstenhof entfernt.
"Hier haben wir die 1000jährige Eiche, da können wir gleich mal hingehen, das war König Ludwigs Lieblingseiche. Und die stehen ja wirklich nur an Plätzen, wo es ganz gesund ist. Sie hat ja nun sehr viel Kraft, dadurch dass sie 1000 Jahre alt geworden ist, hat sie starke Wurzeln in die Erde gegeben. Sie ist schon gestützt, hat auch schon einige starke Stürme überlebt, aber sie ist 1000 Jahre alt und das heißt schon was."
Wie ein bizarres Kunstwerk mit riesigen ausladenden Ästen ragt ein gigantischer Baum in die Landschaft. 25 Meter ist diese deutsche Eiche hoch, ihr Stamm ist komplett ausgehöhlt und hat einen Umfang von 7,70 Metern. Sie wurde zunächst Stolze Eiche genannt und später König Ludwig-Eiche, wie eine Inschrift verrät:
Der Baum wurde nach König Ludwig I. von Bayern benannt, weil dieser in seinem Schatten viele schöne Stunden verbrachte. Im Juli 1840 schrieb er hier das Gedicht: Unter der großen Eiche im Bade Brückenau. Ludwig I. war es auch, der seinerzeit in vorausschauender Weise sämtliche Bäume unter besonderem Schutz stellte. Heute wird der Baum regelmäßig von Baumingenieuren untersucht und gepflegt.
Die Altersschwäche ist dem Baum anzusehen: Stahlträger stützen die unteren Äste, damit dieses imposante Naturdenkmal erhalten bleibt. Gleichzeitig strahlt die 1000-jährige Eiche eine enorme Kraft und Ruhe aus. Auf der Sitzbank unter ihrem Schatten lässt sich die Zeit vergessen. Früher war die Eiche auch für Kurgäste ein Fest-, Spiel-, Tanz- und Ruheplatz. Bei einem Kronendurchmesser von 45 Metern und einer Fläche von 1500 Quadratmetern konnten über 100 Sitzplätze unter dem Baum eingerichtet werden. Inzwischen wurden einige Äste gekappt und um die Eiche nicht mehr zu belasten, werden darunter heute keine Feste mehr abgehalten. Dafür ist sie heute ein Kraftort, der auch bei den meditativen Naturwanderungen von Maria Kalb angesteuert wird.
"Wenn ich jetzt mit den Menschen so Naturführungen mache, gebe ich immer so, dass man erst einmal die Rinde spürt, den Baum an sich, seine Kraft, seine Stärke, seien Größe sich mal überhaupt anschaut, denn meistens geht man ja an den Dingen vorbei. Es wird wenig verweilt, sondern man hat immer ein Ziel, und bei meinen Naturführungen, das nenne ich meditatives Wandern. Das heißt wir gehen auch schon still und lassen uns schon ein für den Moment, können schon abgeben, indem wir bei jedem Schritt was in die Erde fließen lassen und dann wirklich auch über die Sinne erst einmal spüren und dann uns tiefer einlassen. Manche umarmen auch den Baum oder stellen sich mit dem Rücken an den Baum dran und stellen sich einfach vor, dass sie sich den Rücken stärken lassen. So ein Baum ist ja auch ein Vorbild. Manchmal kommen einem da auch Gedanken oder ein Geistesblitz oder einfach Einlassen, es ist jeder Mensch anders und jeder spürt auch was anderes."
In der Tat lässt einen dieser Baum nicht unberührt, ist seine Kraft spürbar. Genau dafür möchte Maria Kalb die Menschen bei ihren Naturwanderungen sensibilisieren, ohne dass sie vorgibt, was ein Kraftort auslösen kann: körperliches Kribbeln, Farbphantasien, geistige Inspiration oder einfach seelische Wohltat - die Wirkung der Kraftorte ist so vielfältig wie die menschliche Persönlichkeit.
"Am Wasser zum Beispiel können wir uns immer aufladen, jetzt nicht nur eine Entspannung vom Physischen, sondern wir haben ja auch einen feinstofflichen Körper über die Aura, die Schwingungen nehmen wir auch auf, die Energie des Wassers, oder die Energie des Baumes, das kann sich also durchaus, wenn wir uns dem öffnen, übertragen. Das wir dann einfach wirklich gestärkt gehen. Wenn ich die Naturführungen mache, gucke ich immer, dass ich einen Baum, Wasser und dass wir eben auch einen Stein, dass wir diese Elemente haben. Was kann ich an einem Stein spüren? Der speichert auch Energie. Und so haben auch die Steine, das sind die langen und die dicken Steine, das ist bei Römershag, der eine ist 16 m lang, und wenn man sich da mal daran lehnt oder den einfach mal anfasst und auch wieder reinspürt und sich mal einlässt ohne Absicht ohne Ziel, dann erzählt uns vielleicht auch der Stein etwas, wer weiß ."
Wer die Spur der Steine aufnehmen will braucht nur wenige Kilometer von Bad Brückenau Richtung Römershag zu wandern, vorbei an einer alten kraftvollen Rotbuche, dann geht es links hoch zu einem Aussiedlerhof und da in der Nähe finden sich die dicken und die langen Steine.
"Das sind also wirklich Kraftsteine. Das ist für manche etwas mystisch, aber es gibt auch so Heilsteine. Also es gibt in den Hassbergen, da ist es bekannt, da gehen die Menschen schon hin, die legen sich auf die Steine, die haben dann verschiedene Qualitäten. Und da gibt es auch welche, die machen da Führungen, und es ist wirklich bei manchen Menschen wunderbar geworden. Und ich habe da auch bei den großen Steinen welche entdeckt, das sind richtige Wannen, wo man sich so reinlegen kann. Und da gibt es auch einen Stein, da ist eine Spirale drin, das ist dann eben auch schon gemacht worden von unseren Vorfahren, die wussten um so Dinge und haben so Wannen reingemacht, das ist eben auch schön zu sehen."
Vor 20 Millionen Jahren entstand das bizarre Vulkangebirge der Rhön als heißes Magma aus dem Erdinneren die Erdkruste durchstieß und eine teils geschlossene Basaltdecke bildete. Heute erheben sich hier markante Kegel, das sind die besonders harten Basaltschlote, die Wind und Wetter getrotzt haben. Diese Kuppenlandschaft gibt der Rhön ihr charakteristisches Bild.
1991 erkannte die UNESCO die Rhön als Biosphärenreservat an, um Schutz, Pflege und Entwicklung dieser außergewöhnlichen Mittelgebirgslandschaft zu sichern. In der Kernzone, die den größten Schutz genießt bleiben die Lebensräume sich selbst überlassen, sind zum Beispiel Moore, Basaltblockhalden und Laubwälder von Menschen weitgehend unbeeinflusst geblieben.
Jenseits der Stille bewegen sich Wanderer, die gezielt die Wasserfälle der Region als Kraftort aufsuchen oder sie ganz nebenbei entdecken. Wie ein Brautschleier stürzt sich eine schmale weiße Wasserstraße an manchen Stellen in die Tiefe oder aber das Wasser fließt kaskadenartig über bemooste Steintreppen - eine fast mystische Atmosphäre in der bayerischen Rhön, die ein wenig an die Landschaft beim " Herrn der Ringe" erinnert.
"Hier in der Nähe haben wir jetzt auch noch einen kleinen Wasserfall, der gibt sehr viel Kraft auch rüber. Einmal von den Ionen und einmal kommt ja auch, da wir ein Teil von der Natur auch sind und zu 90 Prozent aus Wasser bestehen, können wir auch ins Fließen kommen. Wenn wir uns wirklich einlassen, die Augen schließen, dann kann sein, dass wir wirklich gestärkt werden und dass auch so unsere Körperenergie oder Lebensenergie ins Fließen kommt. Wenn wir uns einfach mal eine halbe Stunde Zeit nehmen und nicht nur schauen: ah, ein schöner Wasserfall und in Gedanken bleiben, sondern uns wirklich mal ein halbes Stündchen meditativ einlassen, ohne Absicht ohne Ziel, sag ich immer, ohne Vorstellung, was geschehen müsste. Das ist meistens das Unspektakulärste, das heißt einfach das, was es ist. Und da fängt es ja schon an, dass schon die einfachsten Dinge Wunder bewirken können."