Michael Köhler: Das stalinistische Nordkorea öffnet seine Tore für westliche Kultur aus dem kapitalistischen Feindesland. Der Klassenfeind rückt indes mit etwas Harmlosem an, mit Kultur, genauer gesagt mit klassischer Musik, so geschehen in Pjöngjang. Die New Yorker Philharmoniker spielten dort auf und gastierten mit Dvořák, Wagner und mit Gershwin. Lorin Maazel dirigierte die New Yorker Philharmoniker. Und die Frage ging an den Korrespondenten Peter Kujath. Wie stellte sich Ihnen dieses kulturpolitische Ereignis dar?
Peter Kujath: Interessant war, das Konzert begann mit den zwei Nationalhymnen. Denn das ist so Tradition bei den New Yorker Philharmonikern, dass man sowohl die Nationalhymne des Gastlandes, in diesem Fall die nordkoreanische gespielt hat, als auch die amerikanische. Und dabei zeigten dann die Bilder sehr wohl die US-Flagge, die auf dem Konzertsaal selber angebracht gewesen ist, als auch die nordkoreanische Flagge. Und das sind schon Zeichen, die wären eigentlich so früher nicht denkbar gewesen. Denn Nordkorea hat ja nun doch sehr harte Töne gegenüber den USA angeschlagen.
Dann ging es weiter mit Dvořáks Neunter aus der "Neuen Welt", die dort sehr gut aufgenommen worden ist. Gershwin hingegen, das eher jazzige Stück "Ein Amerikaner in Paris", das fand, glaube ich, nicht so den ganz großen Zuspruch bei den Nordkoreanern, weil Jazz ein Stück weit auch verpönt ist. Gleich nach den beiden Nationalhymnen allerdings ging es zuerst los mit "Lohengrin". Dort wurde nur eine kurze Passage angespielt von Lorin Maazel, ehe es dann eben wie gesagt weiterging mit Dvořáks "Neunter Sinfonie".
Den Abschluss bildeten drei Zugaben. Und das Besondere an diesen drei Zugaben war, dass die New Yorker Philharmoniker auch Arirang, das nordkoreanische, das eigentlich gesamtkoreanische Volkslied eingespielt hatten und es dann dem Publikum präsentierten. Und das kam natürlich besonders gut an, sodass zum Schluss Standing Ovations für die New Yorker Philharmoniker programmiert waren.
Köhler: Herr Kujath, wie schätzen Sie dieses Ereignis ein? Ist es eine Art kulturpolitischer Wandel durch Annäherung? Ist die Abschottung zu Ende? Wie sind die Reaktionen auf dieses Ereignis, denn das Ganze erfolgt ja auf Einladung von Pjöngjang, nicht wahr?
Kujath: Ja, das ist richtig. Pjöngjang hat explizit die New Yorker Philharmoniker eingeladen, allerdings zu einer Zeit, wo man dabei war, sich dann doch anzunähern, wo es ein Abkommen gab, wo Nordkorea seine Atompolitik ändern sollte bzw. seine Atompolitik offenlegen sollte und auch die Atomanlagen stilllegen sollte. Letzteres hat es getan, bei der Atompolitik tut es sich noch etwas schwer. Aber das Zeichen stand damals klar auf Annäherung. Dieses Zeichen ist mittlerweile ein wenig verpufft. Man hatte die Hoffnung, dass die US-Außenministerin Condoleezza Rice von Seoul, wo sie gewesen ist, und dann nach Pejing weitergeflogen ist, vielleicht einen Zwischenstopp in Pjöngjang einlegen könnte, das hat sich zerschlagen. Und sie hat auch relativ deutlich gemacht, dass man dieses Konzert nicht überschätzen sollte. Und so, glaube ich, sehen es auch die Nordkoreaner. Denn der große Führer Kim Jong Il war nicht anwesend bei diesem Konzert und hat damit ein Stück weit die politische Bedeutung des Konzertes entwertet.
Köhler: Das heißt, man soll das nicht überschätzen, eine Art kultureller Friedensvertrag ist das noch nicht. Aber es ist doch eine Besonderheit, wenn man an die frostige Vergangenheit denkt.
Kujath: Ganz, ganz sicher. Und es ist schon erstaunlich, dass so viele Amerikaner auf einmal in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang unterwegs sein können, sich natürlich nicht frei bewegen. Sie haben Aufpasser mit dabei, das ist auch ganz klar. Aber auch die antiamerikanische Propaganda, die man in der Hauptstadt früher gefunden hat mit Slogans gegen Amerika, die war wirklich ausgeblendet. Das konnte man zumindest von den Aussagen entnehmen der Mitgereisten, sodass hier ein bisschen Annäherungen wirklich zu verzeichnen waren. Wie es dann weitergeht, ob das nur ein kurzes Aufflammen gewesen ist oder ob daraus wirklich mehr geschöpft werden kann, wie Lorin Maazel auch gesagt hat, das ist vielleicht nur der erste Schritt, aber es mögen doch weitere folgen, das bleibt abzuwarten und liegt dann wohl wieder ganz bei der Politik.
Köhler: Denn der Versuch, auch von deutscher Seite durch die kulturellen Mittlerorganisationen Verbindungsbüros aufzubauen und so weiter, ist ja sehr schwierig und ist immer noch eine Sache mehr von Hinterzimmern, als dass es offiziell erlaubt ist, geduldet oder gar gefördert würde?
Kujath: Das lässt sich so nicht sagen. Das Goethe-Institut ist gerade in Pjöngjang sehr aktiv, hat dort eine deutsche Bibliothek, die es betreibt. Natürlich gibt es immer wieder Schwierigkeiten, gerade wenn es darum geht, Zeitungen zum Beispiel auszulegen, da sind die Nordkoreaner sehr strikt, weil sie einfach versuchen wollen, jegliche Information von außen über ihr Land, über ihre Situation an die Bevölkerung rauszuhalten, abzuschotten, sich weiter abzuschotten. Aber gerade das Goethe-Institut ist sehr, sehr aktiv und hat auch gute Erfahrungen gemacht mit Pjöngjang. Und wenn man wohl lang genug mit den Leuten geredet hat, eine Vertrauensbasis aufbauen konnte, dann kann man auch in schwierigen Zeiten bestehen. Das hat sich gerade im Fall der deutschen Bibliothek immer wieder gezeigt.
Köhler: Peter Kujath zum Konzert der New Yorker Philharmoniker in Pjöngjang war das.
Peter Kujath: Interessant war, das Konzert begann mit den zwei Nationalhymnen. Denn das ist so Tradition bei den New Yorker Philharmonikern, dass man sowohl die Nationalhymne des Gastlandes, in diesem Fall die nordkoreanische gespielt hat, als auch die amerikanische. Und dabei zeigten dann die Bilder sehr wohl die US-Flagge, die auf dem Konzertsaal selber angebracht gewesen ist, als auch die nordkoreanische Flagge. Und das sind schon Zeichen, die wären eigentlich so früher nicht denkbar gewesen. Denn Nordkorea hat ja nun doch sehr harte Töne gegenüber den USA angeschlagen.
Dann ging es weiter mit Dvořáks Neunter aus der "Neuen Welt", die dort sehr gut aufgenommen worden ist. Gershwin hingegen, das eher jazzige Stück "Ein Amerikaner in Paris", das fand, glaube ich, nicht so den ganz großen Zuspruch bei den Nordkoreanern, weil Jazz ein Stück weit auch verpönt ist. Gleich nach den beiden Nationalhymnen allerdings ging es zuerst los mit "Lohengrin". Dort wurde nur eine kurze Passage angespielt von Lorin Maazel, ehe es dann eben wie gesagt weiterging mit Dvořáks "Neunter Sinfonie".
Den Abschluss bildeten drei Zugaben. Und das Besondere an diesen drei Zugaben war, dass die New Yorker Philharmoniker auch Arirang, das nordkoreanische, das eigentlich gesamtkoreanische Volkslied eingespielt hatten und es dann dem Publikum präsentierten. Und das kam natürlich besonders gut an, sodass zum Schluss Standing Ovations für die New Yorker Philharmoniker programmiert waren.
Köhler: Herr Kujath, wie schätzen Sie dieses Ereignis ein? Ist es eine Art kulturpolitischer Wandel durch Annäherung? Ist die Abschottung zu Ende? Wie sind die Reaktionen auf dieses Ereignis, denn das Ganze erfolgt ja auf Einladung von Pjöngjang, nicht wahr?
Kujath: Ja, das ist richtig. Pjöngjang hat explizit die New Yorker Philharmoniker eingeladen, allerdings zu einer Zeit, wo man dabei war, sich dann doch anzunähern, wo es ein Abkommen gab, wo Nordkorea seine Atompolitik ändern sollte bzw. seine Atompolitik offenlegen sollte und auch die Atomanlagen stilllegen sollte. Letzteres hat es getan, bei der Atompolitik tut es sich noch etwas schwer. Aber das Zeichen stand damals klar auf Annäherung. Dieses Zeichen ist mittlerweile ein wenig verpufft. Man hatte die Hoffnung, dass die US-Außenministerin Condoleezza Rice von Seoul, wo sie gewesen ist, und dann nach Pejing weitergeflogen ist, vielleicht einen Zwischenstopp in Pjöngjang einlegen könnte, das hat sich zerschlagen. Und sie hat auch relativ deutlich gemacht, dass man dieses Konzert nicht überschätzen sollte. Und so, glaube ich, sehen es auch die Nordkoreaner. Denn der große Führer Kim Jong Il war nicht anwesend bei diesem Konzert und hat damit ein Stück weit die politische Bedeutung des Konzertes entwertet.
Köhler: Das heißt, man soll das nicht überschätzen, eine Art kultureller Friedensvertrag ist das noch nicht. Aber es ist doch eine Besonderheit, wenn man an die frostige Vergangenheit denkt.
Kujath: Ganz, ganz sicher. Und es ist schon erstaunlich, dass so viele Amerikaner auf einmal in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang unterwegs sein können, sich natürlich nicht frei bewegen. Sie haben Aufpasser mit dabei, das ist auch ganz klar. Aber auch die antiamerikanische Propaganda, die man in der Hauptstadt früher gefunden hat mit Slogans gegen Amerika, die war wirklich ausgeblendet. Das konnte man zumindest von den Aussagen entnehmen der Mitgereisten, sodass hier ein bisschen Annäherungen wirklich zu verzeichnen waren. Wie es dann weitergeht, ob das nur ein kurzes Aufflammen gewesen ist oder ob daraus wirklich mehr geschöpft werden kann, wie Lorin Maazel auch gesagt hat, das ist vielleicht nur der erste Schritt, aber es mögen doch weitere folgen, das bleibt abzuwarten und liegt dann wohl wieder ganz bei der Politik.
Köhler: Denn der Versuch, auch von deutscher Seite durch die kulturellen Mittlerorganisationen Verbindungsbüros aufzubauen und so weiter, ist ja sehr schwierig und ist immer noch eine Sache mehr von Hinterzimmern, als dass es offiziell erlaubt ist, geduldet oder gar gefördert würde?
Kujath: Das lässt sich so nicht sagen. Das Goethe-Institut ist gerade in Pjöngjang sehr aktiv, hat dort eine deutsche Bibliothek, die es betreibt. Natürlich gibt es immer wieder Schwierigkeiten, gerade wenn es darum geht, Zeitungen zum Beispiel auszulegen, da sind die Nordkoreaner sehr strikt, weil sie einfach versuchen wollen, jegliche Information von außen über ihr Land, über ihre Situation an die Bevölkerung rauszuhalten, abzuschotten, sich weiter abzuschotten. Aber gerade das Goethe-Institut ist sehr, sehr aktiv und hat auch gute Erfahrungen gemacht mit Pjöngjang. Und wenn man wohl lang genug mit den Leuten geredet hat, eine Vertrauensbasis aufbauen konnte, dann kann man auch in schwierigen Zeiten bestehen. Das hat sich gerade im Fall der deutschen Bibliothek immer wieder gezeigt.
Köhler: Peter Kujath zum Konzert der New Yorker Philharmoniker in Pjöngjang war das.