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Ein Leben für den Versandhandel

Wie heute bekannt wurde, starb bereits am vergangenen Mittwoch Werner Otto, der Gründer der Hamburger Otto-Gruppe, inzwischen - nach eigenen Angaben - der weltgrößte Versandhauskonzern.

Von Axel Schröder | 27.12.2011
    Die steile Karriere des Werner Otto beginnt 1949. Im Gründungsjahr der Bundesrepublik ist der gelernte Einzelhändler schon vierzig Jahre alt und hinter ihm liegen schwere Zeiten. Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten verteilt er Flugblätter für den Linksnationalen Otto Strasser und sitzt dafür zwei Jahre im Strafgefängnis Plötzensee bei Berlin.

    Danach eröffnet Otto erst einen Zigarrenladen am Alexanderplatz. Wenige Jahre später sattelt er um und handelt im westpreußischen Kulm mit Schuhen. - Den Zweiten Weltkrieg überlebt er schwer verletzt und wagt nach dessen Ende einen Neustart in Hamburg: Der mittellose Flüchtling, Ehemann und Vater von zwei Kindern eröffnet eine Schuhfabrik in der Hansestadt. Und muss wenige Jahre später Konkurs anmelden.

    Dann, 1949, legt er den Grundstein seines Erfolgs: Mit 6000 Mark Startkapital gründet er seinen Versandhandel: Wieder einmal bietet er Schuhe an. 28 verschiedene Modelle stehen zur Auswahl, zum Unternehmensstart werden nur 300 sehr dünne Kataloge gedruckt und verteilt. Damals beschäftigt Werner Otto vier Angestellte. 1953 sind es bereits 150 Mitarbeiter, die zusammen fünf Millionen D-Mark Umsatz erwirtschaften. Zwei Jahre später sind es 28 Millionen D-Mark. Sein jüngster Sohn, Alexander Otto, erinnert sich an die Unternehmerqualitäten seines Vaters:

    ""Was ich gelernt habe, ist sicherlich seine Konsequenz. Dass er klare Entscheidungen getroffen hat. Und diese dann auch nicht so schnell revidiert hat. Allerdings ist auch kein Mensch unfehlbar und auch mein Vater hat falsche Entscheidungen getroffen. Was ich da bewundere, ist, dass er das auch zugegeben hat."

    Den schleppenden Aufbau einer ganzen Kette von Autowaschanlagen gibt Otto deshalb nach wenigen Jahren wieder auf. Er konzentriert sich auf den Versandhandel und baut dessen Potenzial aus: Mitte der Sechzigerjahre entstehen beim Otto-Versand die ersten Call-Center der Republik. 1972 baut der Konzern mit Hermes einen eigenen Paketdienst auf. Dabei begnügt sich der Unternehmer mit den großen strategischen Entscheidungen und überlässt das operative Geschäft anderen. 1981, Otto ist damals immerhin schon 72 Jahre alt, zieht er sich aus der Firma zurück. Der Firmengründer steckt danach seine Kraft und sein Kapital vor allem in soziale Projekte und in sein Mäzenatentum:

    ""Spontan einfach zu helfen war ihm wichtig. Ob das zum Beispiel bei der großen Hamburger Flutkatastrophe der Fall war, als damals die Otto-Auslieferungswägen von Hermes spontan geholfen haben. Oder ob s beim Aufbau des Werner-Otto-Instituts für behinderte Kinder war - ganz klare Ausrichtung, auch den Schwachen der Gesellschaft zu helfen. "

    Werner Otto starb am vergangenen Mittwoch in Berlin. Er wurde 102 Jahre alt.